Lady meines Herzens
allgemein großes Interesse hervorrief und sie das zu ihrem Vorteil nutzen konnten, hatten sich die Beziehungen zwischen den Geschlechtern bei der London Weekly spürbar verbessert.
»Ich habe eine exklusive Story«, begann Sophie. Sie wusste, dass »exklusive Story« zwei der Lieblingswörter von Mr Knightly waren. Wie erwartet blitzten seine hellblauen Augen interessiert. »Die Duchess of Richmond hat mich eingeladen, nicht nur über die Hochzeit ihrer Tochter mit dem Duke of Hamilton and Brandon zu berichten, sondern auch über sämtliche Vorbereitungen.«
Es war ein ungewöhnliches Angebot. Trotzdem ergab es irgendwie Sinn, denn die Gastgeberinnen der besseren Gesellschaft strebten immer danach, dass ihre Partys und Dinners in den Zeitungen erwähnt wurden. Die London Weekly war in der Hinsicht besonders beliebt. Sie bekamen oft handschriftliche Berichte, verbunden mit der Hoffnung, diese könnten in den Klatschkolumnen verwendet werden. Selbst wenn die Planung eines so großen gesellschaftlichen Ereignisses, wie die Hochzeit es zu werden versprach, schrecklich öde war, gierten die Leute doch danach, jedes noch so kleine Detail über die Dukes und Duchessen und andere erhabene Persönlichkeiten zu erfahren.
»Einige reden schon von der Hochzeit des Jahres«, fügte Julianna hinzu.
»Ausgezeichnet«, sagte Mr Knightly zufrieden. Man konnte förmlich sehen, wie er im Kopf ausrechnete, wie viele zusätzliche Leser – und wie viel Profit – ihm diese Story bringen konnte.
»Ich könnte mich in den kommenden Wochen bis zur Trauung auf Ratschläge rund um Hochzeiten konzentrieren«, bot Annabelle hoffnungsvoll an. Jeder außer Mr Knightly wusste, wie heillos verliebt sie in ihn war.
»Großartig. Miss Fielding, was haben Sie sich überlegt?«
»Ich könnte über die Billighochzeiten der Arbeiterklasse schreiben, das wäre ein interessanter Kontrast zu den Exzessen der Aristokratie«, bot sie an. Elizas anonyme Artikel bildeten einen Kontrapunkt zum Prunk der adeligen Gesellschaft . Obwohl ihre Storys nicht immer beliebt waren, mochte Mr Knightly die provokante Komponente, und er wurde nicht müde, jeden daran zu erinnern, dass Skandale gleich Verkäufe bedeuteten.
Kapitel 5
Noch siebenundzwanzig Tage bis zur Hochzeit …
Die Residenz des Duke of Hamilton and Brandon in London war doppelt so groß, wie man es eigentlich erwarten würde. Das Gebäude als imposant zu beschreiben, wäre schlicht eine Untertreibung; die umliegenden Anwesen wirkten daneben wie Puppenhäuser. Das Gebäude im palladianischen Stil war drei Stockwerke hoch und aus grauem Stein errichtet. Es hatte zur Straße so viele Fenster, dass Sophie sofort dachte, der Duke müsse ein Vermögen für die Fenstersteuer aufbringen. Sie brauchte ein paar Minuten, um den riesigen, mit Kopfsteinen gepflasterten Innenhof zu durchqueren und die Eingangstür zu erreichen.
Bei ihrer Ankunft wurde Sophie vom Butler begrüßt. Wenngleich »begrüßen« ein Mindestmaß an Freundlichkeit erwarten ließ, die er beileibe nicht ausstrahlte; Sophie würde eher davon sprechen, dass er sie »bemerkte«. Auf Befehl des Butlers wurde Sophie von einem Dienstmädchen durch sechs Salons geführt (sie zählte heimlich mit), bevor sie in dem blauen Salon im Südflügel landeten, in dem die Besprechung stattfinden sollte. Bis jetzt war diese Residenz (die sie nur zögerlich als jemandes Zuhause betrachten konnte) mit nichts zu vergleichen, was sie je zuvor gesehen oder sich auch nur hatte vorstellen können.
»Da wären wir, Miss Harlow«, sagte das Mädchen leise. Sophie zupfte ein letztes Mal an einer Locke, die ihr ins Gesicht hing, und schob sie hinters Ohr. Sie strich ihren rosafarbenen Rock glatt. Erst dann öffnete das Dienstmädchen die hohe, holzvertäfelte Tür und ging beiseite, damit Sophie den Raum betreten konnte.
Der Salon war in hellem Blau gehalten, wie die Eier eines Rotkehlchens. An den Wänden hingen Landschaftsbilder in überladenen Goldrahmen. Die hohen Fenster gewährten einen Blick in den Garten, in dem die Bäume in voller Blüte standen.
Drei elegant gekleidete Frauen saßen um ein kleines Tischchen herum, auf dem ein Teeservice aus blitzend poliertem Silber stand. Zwei Duchessen und eine zukünftige Duchess. Und jetzt sollte sie, die kleine Miss Sophie Harlow, Tochter eines unbedeutenden Landadeligen, sich ihnen anschließen.
Es war einer der Augenblicke, in denen die Wendung, die ihr Leben genommen hatte, sie erschreckte. Wenn Fletcher
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