Lady meines Herzens
selbst hatte keine Ahnung, was sie tun sollte.
Es war dumm, sich darüber Gedanken zu machen. Schließlich würde sie ihn heiraten, egal was passierte. Es musste dieses ständige Gerede über Liebe sein, das ihr zu Kopf stieg. Ihre Mutter hatte sie vorher gewarnt. Man verliebte sich erst nach der Hochzeit. Es war also absolut in Ordnung, wenn sie ihn jetzt noch nicht liebte. Es störte niemanden, dass sie in seiner Gegenwart so still und verschlossen war. Schließlich würden sie einander in Zukunft noch sehr nahe kommen. Zumindest hoffte sie das.
Clarissa konnte schließlich nicht einfach verkünden, dass sie den Duke und Sophie für ein wunderbares Paar hielt, und verlangen, dass ihr Verlobter sie freigeben solle, damit sie … ja, was?
Es gäbe wohl kaum jemanden, der sie noch heiraten wollte, wenn sie von einem anderen sitzen gelassen worden war. Clarissa vermutete zudem, dass ihre Familie verzweifelt auf die Geldmittel angewiesen war, die sie nur bekommen konnten, wenn sie ihre Tochter an einen reichen Mann verheirateten.
Alle anderen brachen in Gelächter aus, und Clarissa beeilte sich einzustimmen, damit niemandem auffiel, dass sie mit ihren Gedanken woanders war. Das war ihr in letzter Zeit häufiger passiert. Seit Lord Brandon sie kürzlich gefragt hatte, was sie über die Liebe dachte, hatte Clarissa sich vorgestellt, wie es wäre, sich zu verlieben.
Konnte ihr das passieren? Konnte ihre Liebe, anders als das tragische Schicksal ihrer armen, toten Tante Eleanor, ein glückliches Ende nehmen? Oder war es schon zu spät für sie?
»Was denken Sie, Lady Clarissa?«, fragte Lady Hamilton. Es war Clarissa schrecklich peinlich, weil sie keine Ahnung hatte, worüber gerade gesprochen wurde.
»Rosen mit kleinen orangefarbenen Blüten und Tulpen«, warf Sophie ein, die ihr Unbehagen gespürt hatte. Erneut wurde Clarissa daran erinnert, warum sie Sophie mochte.
»Das würde mir gefallen«, antwortete sie.
»Ich habe gehofft, du würdest dich für die andere Kombination entscheiden.« Ihre Mutter klang verschnupft.
»Die wäre genauso hübsch«, stimmte Clarissa hastig zu. Weil sie ihrer Mutter immer zustimmte.
Als sie ihre Sachen zusammensuchten, um sich langsam auf den Heimweg zu machen, bemerkte Clarissa erneut die intensiven Blicke zwischen Lord Brandon und Sophie. Und sie wusste, dass auch Lady Hamilton die Blicke nicht verborgen blieben, da sie Clarissa aufmunternd anlächelte und mitfühlend ihre Hand drückte. Wenn sie die geschürzten Lippen und die zusammengekniffenen Augen ihrer Mutter richtig deutete, hatte sie es auch bemerkt. Das war ein schlechtes Zeichen.
Kapitel 16
White’s Club für Gentlemen
Später an diesem Nachmittag
»Du trinkst schon am helllichten Tag? Geht’s dir nicht gut?«, fragte Simon, Lord Roxbury, seinen langjährigen Freund Brandon, als er ihn im Club in einem der vorderen Empfangszimmer antraf, die auf die St. James Street hinausgingen.
Lord Borwick, Lord Biddulph und ein Freund, der mit dem unglückseligen Namen Mitchell Twitchell geschlagen war, versuchten sich an einer Partie Whist. Da ihnen der vierte Mann fehlte, gestaltete sich das Unterfangen schwieriger als gedacht. Ansonsten war der Raum leer.
»Ich habe gerade den ganzen Morgen damit zugebracht, über die Blumenarrangements für meine Hochzeit zu diskutieren«, antwortete Brandon. Sein Freund sank ihm gegenüber in einen Ledersessel. Es war vielleicht das erste Mal, dass er meine Hochzeit sagte. Die Worte klangen bitter.
»Du lieber Himmel, Junge! Was zum Teufel ist mit dir los? Warum überlässt du diesen Blödsinn nicht dem Frauenvolk?« Roxbury genehmigte sich einen Schluck Brandy und lümmelte sich in seinen Sessel.
Warum? Weil er gewusst hatte, dass Sophie dort sein würde. Er hatte der Gelegenheit nicht widerstehen können. Außerdem hatte er gedacht, es wäre durchaus angebracht, seiner Verlobten die Aufwartung zu machen. Es war seine stille Hoffnung gewesen, von Clarissa wieder daran erinnert zu werden, was er wollte: eine kühle, gefasste Frau wie sie.
Aber dann hatte er sich in ein unterhaltsames Geplänkel mit Sophie verstrickt, das er wider besseres Wissen sehr genossen hatte. Sie lenkte ihn ab.
Er wollte Clarissa heiraten! Er wollte sich nicht ständig ablenken lassen, aber …
»Ich bin gegen meinen Willen der unpassenden und intensiven Anziehungskraft von Miss Harlow erlegen«, erklärte Brandon.
»Wer ist Miss Harlow?«
»Sie schreibt in der London Weekly über Hochzeiten«, sagte
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