Lady meines Herzens
erkundigt. Und dann fing die Trauung an und …«
»Es ist in Ordnung, Sophie. Ich habe bemerkt, dass Sie zwei recht gut miteinander auskommen«, sagte Clarissa. Sophie wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Clarissas Tonfall verriet ihr nicht allzu viel. Trotzdem fragte Sophie sich, ob Clarissa vielleicht Gefühle für ihren Verlobten hegte, die zu zeigen sie sich bisher nicht getraut hatte.
»Das muss schön sein«, sagte Clarissa in die Stille hinein.
»In der Tat«, sagte Sophie, weil sie nicht wusste, was sie sonst sagen sollte.
»Darf ich Sie etwas fragen, Sophie? Ganz im Vertrauen?«, fragte Clarissa und rückte etwas näher.
»Natürlich«, erwiderte Sophie. Sie war neugierig, was jetzt kam.
»Wer ist dieser Mann?«, wollte Clarissa wissen. Sie nickte nur ganz leicht in die Richtung einer kleinen Menschenansammlung. Sophie zögerte einen Moment, ehe sie rasch einen Blick über die Schulter warf.
Zuerst sah sie den lüsternen Lord Borwick mit einem Glas Brandy in der Hand. Sein Gesicht war vom Alkohol bereits gerötet. Rasch verwarf sie ihn als Objekt von Clarissas Interesse. Erst danach fiel ihr der eindrucksvolle Fremde auf.
Er war ein groß gewachsener Mann mit braunem Haar, das er schrecklich lang trug – es reichte ihm fast bis zu den Schultern! Er wirkte dennoch merkwürdig attraktiv, zumal er einen perfekten, maßgeschneiderten Abendanzug allererster Güte trug. Er wirkte wild und gleichzeitig zivilisiert. Lässig lehnte er am Kamin, umschwärmt von Männern und Frauen, an denen er einfach vorbeischaute. Er schien gleichermaßen amüsiert und gelangweilt zu sein.
»Ich habe keine Ahnung. Aber er ist teuflisch attraktiv«, antwortete sie.
»Das ist er«, bestätigte Clarissa. Ein verträumter Ausdruck lag in ihren Augen.
»Fragen wir Julianna. Sie wird wissen, wer er ist, und uns zudem alles Wissenswerte über ihn sagen können, inklusive ein paar unwichtiger Details.«
Sie bahnten sich einen Weg durch die Schar der Gäste, die noch keine Anstalten machten, ihre Plätze für die zu erwartenden Darbietungen einzunehmen.
»Sein Name ist Frederick von Vennigan. Er ist der Prinz von Bayern«, informierte Julianna die beiden, nachdem Sophie und Clarissa sie gefunden hatten.
»Oh!«, rief Clarissa atemlos. »Ein Prinz …«
»Jetzt erinnere ich mich wieder. Du hast doch kürzlich über ihn gesprochen«, sagte Sophie.
»Über ihn stand etwas in der Zeitung«, sagte Clarissa. Sie strahlte.
»Er ist mit dem Marquess of Winchester befreundet. Sie haben sich kennengelernt, als der Marquess als Botschafter am bayerischen Hof weilte. Der Prinz ist wegen der Hochzeit nach London gekommen. Und wie man hört, hat er es mit der Rückkehr nicht eilig, da er daheim gerade in einen Skandal verstrickt ist.«
»Ein Skandal? Warum?«, fragte Clarissa neugierig.
»Ach, das Übliche. Frauen und Wetten oder so etwas Ähnliches«, sagte Julianna leichthin.
»Guten Abend, meine Damen. Ich hoffe, ich störe nicht.« Lord Brandon trat zu ihnen und begrüßte die drei Frauen mit einem Lächeln, das allein für Sophie bestimmt schien. Ihn zu sehen, seine Stimme zu hören, ihm nah sein zu dürfen … All das ließ die Welt ein bisschen heller strahlen. Sie konnte nicht anders und erwiderte das Lächeln.
Er reichte Clarissa ein Glas Limonade, um das sie ihn vermutlich vorher gebeten hatte. Sie dankte ihm, nahm einen Schluck und starrte wieder zum Prinzen hinüber.
»Meine Freundin Lady Julianna Somerset hat uns gerade erzählt, was sie über den Prinzen von Bayern weiß«, erklärte Sophie.
»Er scheint ein skandalumwitterter Zeitgenosse zu sein«, bemerkte Brandon trocken. Es schien, als redeten alle Anwesenden über ihn. Schließlich begegnete man nicht täglich einem jungen, gut aussehenden und skandalumwitterten Prinzen.
»Und Sie neuerdings anscheinend auch, Euer Gnaden. Gestern sind Sie erstmalig in den Klatschspalten aufgetaucht«, sagte Julianna zum Entsetzen der beiden anderen Frauen. Auch der Duke war peinlich berührt.
»Es gibt Dinge, die jeder Mann wenigstens einmal im Leben tun sollte«, bemerkte Brandon. Clarissa nahm einen Schluck Limonade. Wieder ertappte Sophie sie dabei, wie sie zum Prinzen hinüberschaute.
»Oh, aber ich bin nicht sicher, ob jeder Mann sich auf ein einziges Mal beschränken kann«, antwortete Julianna.
»Das ist der Moment, in dem Sie erklären sollten, dass Sie nicht wie die meisten Männer sind«, sagte Sophie.
»Das ist wohl die Antwort, die von mir erwartet
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