Lady meines Herzens
wird, nicht wahr?« Er schmunzelte.
»Absolut, dafür habe ich das Schlupfloch ja gelassen«, sagte Julianna lächelnd.
»Ich werde Ihnen auf ewig zu tiefster Dankbarkeit verpflichtet sein«, antwortete Brandon. Ganz Gentleman.
»Sie sollten besser aufpassen, Lord Brandon. Sonst steht Ihr Name schon bald ein zweites Mal in den Klatschspalten«, warnte Sophie ihn. Für ihre Freundin war alles Futter für ihre Kolumne. Niemand wusste, dass sie die Autorin von »Geheimnisse der Gesellschaft« war – auch wenn es viele gab, die es vermuteten.
»Sieht aus, als sollten wir allmählich unsere Plätze einnehmen. Gleich beginnt der musikalische Teil des Abends«, sagte Julianna. Sie bahnten sich einen Weg in den großen, luftigen Ballsaal, in dem zahlreiche Stühle und Sofas aufgestellt worden waren.
Zwei riesige Kandelaber, auf denen Hunderte Kerzen brannten, hingen von der Decke, die so kunstvoll bemalt war, dass man glaubte, in einen mit flauschigen Wolken, pausbäckigen Cherubim und blonden Engeln übersäten Himmel zu blicken, über den sich goldene Sonnenstrahlen ergossen.
Die vier sicherten sich Plätze auf einem Sofa. Als offensichtlich wurde, dass es bis Vorstellungsbeginn noch eine Weile dauern würde, machte Brandon sich auf den Weg, um auch für Sophie und Julianna Limonade zu holen. Die beiden Frauen plauderten angeregt, während Clarissa mit ihren Gedanken ganz woanders war. Sie konnte den Blick nicht von dem bayerischen Prinzen lassen.
Nur wenige Sekunden nach Lord Brandons Verschwinden setzte sich jemand neben Clarissa. Höflich wandte sie sich dem Neuankömmling zu, um ihn zu begrüßen, und sah sich fassungslos dem geheimnisvollen, unhöflich starrenden Fremden von der Winchester-Hochzeit gegenüber. Wie sie jetzt wusste, war er zudem ein bayerischer Prinz.
Aufregung und Nervosität erfassten sie. Dies war eine Situation, in der sie sich selbst niemals hätte vorstellen können: Sie war mit einem Mann zusammen, der ihr Interesse geweckt hatte. Und ihre Mutter war am anderen Ende der Stadt.
Clarissa lächelte. Es war ein ehrliches Lächeln.
»Werden Sie heute Abend für uns singen?«, fragte er, ohne zuvor seinen Namen zu nennen, wie es die Höflichkeit geboten hätte. Ihr Lächeln schwand, mit dieser Frage hatte sie nicht gerechnet.
Außerdem war sie abgelenkt. Aus der Nähe entdeckte sie zwei zarte Narben, die quer über seine hohen Wangenknochen verliefen. Sie fragte sich insgeheim, woher die Narben stammten, wie er so plötzlich an ihrer Seite aufgetaucht sein konnte, warum ihr so heiß war und sie gleichzeitig zitterte.
»Singen Sie?«, hakte er nach. Wie peinlich! Er hatte wirklich merkwürdige Manieren.
»Oh nein«, antwortete sie rasch. Ihr Vergnügen wurde von Panik überlagert. Himmel, wieso musste es bei ihrem ersten Gespräch ausgerechnet um ihre größte Schwäche gehen?
Sie drehte ihren Verlobungsring nervös um den Finger.
»Warum nicht?«
»Lady Westbrooke hat die Musiker und Sänger für diesen Abend bereits ausgesucht«, antwortete sie.
»Ach, Ausnahmen werden ständig gemacht. Ich biete an, Sie am Pianoforte zu begleiten«, schlug er vor und lächelte. Sie war zu nervös, um darauf eine höfliche Antwort zu geben.
»Ich habe heute Abend Halsweh«, erklärte sie.
»In meinen Ohren hört sich Ihre Stimme gut an«, konterte er. Sie hasste es, von ihm als Lügnerin bezeichnet zu werden.
»Ich bin sicher, es ist nicht nötig, dass ich singe. Und die Gäste möchten es bestimmt auch nicht«, antwortete sie. Mit jeder Sekunde wuchs ihre Demütigung. Das lief überhaupt nicht so, wie es sollte!
»Ich möchte es aber«, sagte er schlicht. Das ist typisch für einen Prinzen, dachte sie. Er wünscht sich etwas und erwartet, dass man ihm diesen Wunsch augenblicklich erfüllt.
» Sir, wir wurden einander noch nicht einmal vorgestellt! Ich sehe mich daher weder in der Lage, Ihnen Wünsche zu erfüllen, noch habe ich es vo r«, gab sie selbstbewusst zurück. Also wirklich! Er war aufdringlich, unhöflich und sah mit dem langen Haar, den Narben und den irritierend schönen blauen Augen merkwürdig aus.
Sie hatte keine Ahnung, wie sie vorhin hatte glauben können, sich zu ihm hingezogen zu fühlen.
»Mein Name ist Frederick von Vennigan, Prinz von Bayern.«
»Lady Clarissa Richmond.« Gutes Benehmen war so tief in ihr verwurzelt, dass ihr die Antwort ohne Nachdenken herausrutschte.
»Wollen Sie nicht singen, weil Publikum Sie nervös macht?«
»Nein«, antwortete sie, überlegte
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