Lady meines Herzens
Stück nach unten. Die Seide glitt kühl über ihre Haut, und zusammen mit seiner warmen Hand fühlte es sich unwiderstehlich sinnlich an. Sie kapitulierte augenblicklich und schloss die Augen, um diesen Moment voll auszukosten.
»Mein tapferes, schönes und verflucht begehrenswertes Schreibfräulein«, murmelte Brandon. Er lachte leise. »Ich bin nicht gerade ein Poet.«
»Es ist ein wunderbares Kompliment. Und kommt von einem perfekten Gentleman«, sagte Sophie und meinte es auch so. Es war der Traum jeder Frau, schön genannt zu werden. Aber wenn ein Mann wie er sie tapfer nannte …
Brandon kannte sie. Er verstand sie und fand sie begehrenswert.
Gott allein weiß, wie es ihm möglich ist, trotzdem eine andere Frau zu heiraten …
Sophie biss sich auf die Zunge, um die Worte nicht laut auszusprechen. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt für diese Art Gespräch. Vermutlich kam der richtige Zeitpunkt nie. Ein Kuss … Das war alles, was sie wollte. Oder?
»Ich bin im Moment alles andere als ein perfekter Gentleman. Meine Gedanken sind ausgesprochen unkeusch«, flüsterte Brandon. Im Mondlicht konnte sie erkennen, wie ernst seine Miene war, obwohl seine Worte scherzend klangen. Es war ihm sehr ernst.
Ob er sie jetzt küsste?
War dies der Moment, in dem das Verlangen und die berauschende Anziehungskraft zwischen ihnen sie überwältigten und beide wider besseres Wissen etwas taten, was sie später bereuten? Legte er jetzt den Mund auf ihren? Sie sah den Ernst in seinen Augen, die so dunkel wirkten, dass das helle Grün fast schwarz schien. Sie konnte sehen, wie angespannt er war, wie seine Kiefermuskeln zuckten. Sie legte die Hand auf seine Brust. Unter dem Frack, der Weste, dem Hemd und seiner erhitzten Haut schlug sein Herz in einem starken und beständigen Rhythmus.
Sophie spürte, wie ihr Körper sich bewegte. Sie beugte sich zu ihm vor. Eine Macht zog sie zu ihm hin, die sie nicht verstand und der sie nicht widerstehen konnte. Jeder Teil von ihr, jede Nervenfaser, jedes Einatmen, jeder Herzschlag, jedes Ausatmen, jeder Gedanke, jedes Gefühl – alles in ihr flüsterte nur eins: Er ist der Richtige.
Er wollte sie. Aber etwas hielt ihn zurück. Clarissa, sein Ehrgefühl und sein Unwille oder sogar seine Weigerung, sich einfach der Liebe hinzugeben.
»Sophie …« Brandon flüsterte ihren Namen. Sie liebte es, ihren Namen aus seinem Mund zu hören.
»Ja?« Ihr Gesicht hob sich seinem entgegen. Nicht erwartungsvoll, sondern voller Hoffnung. Küsst er mich jetzt?
» Ich kann nicht.« Seine Stimme war ein heiseres Krächzen.
Und dann war er einfach fort.
Kapitel 23
White’s Club für Gentlemen
Später an diesem Abend
Brandon vermutete, dass er in dieser Nacht kaum Schlaf finden würde. Er würde sich nur von einer Seite auf die andere wälzen, sich nach Sophie verzehren, sich seinen Träumen hingeben und leise vor sich hin fluchen – das konnte man kaum Schlaf nennen. Darum ging er in den Club, statt nach Hause. Er brauchte dringend etwas zu trinken.
Er hatte gefährlich kurz davor gestanden, seinen Stolz, seine Ehre und sein Wort einfach wegzuwerfen – und das nur für einen Kuss! Es wäre ein unvergesslicher Kuss gewesen, daran bestand kein Zweifel, und vermutlich wäre dieser Kuss es auch wert gewesen. Aber alte Gewohnheiten ließen sich nicht ohne Weiteres ablegen, und es war für ihn einfach unvorstellbar, sich so ruchlos zu verhalten. Nein, er hatte sich zurückhalten müssen.
Es gab immer einen richtigen Moment, um die Regeln – wenn schon nicht zu brechen – wenigstens zu beugen. Seinem Verlangen nach einem hitzigen, innigen Kuss mit Sophie konnte er nicht nachgeben, doch er konnte sich einen Drink in seinem Club genehmigen. Dabei ging er eigentlich nie nach einem Ball noch zu White’s.
Weil er schon dabei war, die Regeln etwas großzügiger auszulegen, gestattete sich Seine Gnaden, der Duke of Hamilton and Brandon, seine Krawatte zu lockern. Das tat er in der Öffentlichkeit sonst nie. Er nahm einen Schluck Brandy und überlegte, ob er bei der Partie Whist einsteigen sollte, die an einem Tisch in der Ecke des Raums im Gange war. Wenn er es schon so weit trieb, konnte er auch gleich eine exorbitante Summe Geld – oder das eine oder andere seiner Häuser – auf sein Kartenglück setzen.
Er dachte tatsächlich ernsthaft darüber nach, als der verfluchte Bayernprinz den Raum betrat. Brandon beobachtete ihn aus zusammengekniffenen Augen. Huldvoll nahm der Prinz die Aufmerksamkeiten
Weitere Kostenlose Bücher