Lady meines Herzens
sowie seinen guten Ruf –, durften sie nicht hier sein.
Aber zugleich war sie fest entschlossen, nicht zu gehen.
»Ich muss mich für die Situation vorhin im Ballsaal entschuldigen«, begann Brandon.
»Wegen Lady Richmond? Ich kann sie absolut verstehen und ihr keinen Vorwurf machen«, erwiderte Sophie. Es hatte sie verletzt, und ja, es machte ihr Angst. Aber sie wollte in den wenigen Augenblicken, die sie mit dem Mann ihrer Träume allein genießen durfte, nicht darüber reden.
»Sie hat Sie brüskiert. Das ist nicht akzeptabel«, sagte er. Sie liebte es, wie er sie verteidigte. Dann fiel ihr auf, dass er es nur bis zu einem gewissen Punkt tat.
Soweit es die Höflichkeit gebot.
»Ich bin offensichtlich eine Rivalin für ihre Tochter. Wir buhlen beide um Ihre Zuneigung. Was Sie da drin erlebt haben, war weibliche Kriegsführung, wenngleich eine recht milde Form«, erklärte Sophie. Es war entsetzlich, wenn man von einer Duchess geschnitten wurde – es sei denn, man war schon einmal am Altar sitzen gelassen worden. Dann war das, was die Duchess getan hatte, kaum mehr als ein Insektenstich.
Es könnte allerdings weitaus schwerwiegendere Konsequenzen nach sich ziehen.
»Ich muss zugeben, dass ich nicht verstehe, warum Frauen ihre Probleme nicht wie Gentlemen beilegen können. Wir pflegen uns nach einem anständigen Faustkampf wieder zu versöhnen.«
Sophie lachte. Ihre Angst und ihr Unbehagen schwanden. »Ich bin nicht sicher, ob ich mich auf einen Faustkampf mit Lady Richmond einlassen möchte.«
»Ich ebenso wenig«, antwortete Brandon.
»Dann sollten wir uns hier draußen verstecken«, schlug Sophie vor, obwohl das eine absurde Idee war. Doch ihr wäre es ein Vergnügen, sich stundenlang mit ihm hier zu verbergen. »Obwohl das ziemlich feige von uns wäre.«
Und viel zu gefährlich … und viel zu reizvoll.
» Ich bevorzuge die Betrachtungsweise, dass es klüger ist, einen Kampf zu meiden, den man nicht kämpfen will«, gab Brandon zurück.
»Das ist nicht immer möglich, nicht wahr?«, sagte sie. Er schüttelte verneinend den Kopf. »Ich finde es hier draußen auf jeden Fall angenehmer als im Ballsaal«, sagte sie. Hier konnte sie sich viel leichter einreden, er gehöre ganz und gar zu ihr.
»Ja«, stimmte er zu und lehnte sich an die Wand. Er blickte zu ihr hinunter. Oh, wie sie es liebte, wenn er sie so anschaute! Als ob sie sein ganz eigener, geheimer Schatz wäre.
»Obwohl es erstaunlich warm ist«, fügte sie hinzu. Es war tatsächlich eine laue Sommernacht. Sophie ließ ihren Schal weiter von ihren Schultern gleiten. Sie hörte, wie er im Dunkeln scharf einatmete.
Kurz erlaubte sie sich die Vorstellung, wie sie sich für ihn vollständig entkleidete. Verrückt! Wenn sie bei dem Gedanken nicht rot wurde, dann wusste sie es auch nicht. Zumindest wurde sie von einigen prickelnden Empfindungen erfasst!
»Vermutlich würde jemand, der mit solchen Angelegenheiten vertrauter ist als ich, behaupten, es sei ein romantischer Abend«, sagte Brandon mit diesem strahlenden Lächeln, bei dem ihre Knie weich wurden und das in ihr den Entschluss reifen ließ, nicht länger anständig zu sein.
»Ja, die Sterne, das Mondlicht …« Sophie verstummte.
»Hm, ja«, murmelte Brandon.
»Und Sie«, flüsterte Sophie.
Ob er sie jetzt küsste?
Gott allein wusste, wie sehr sie ihn wollte. Sie wollte ihn so sehr, dass sie nachts von ihren erhitzten, schamlosen Träumen aufwachte. Sie wollte ihn so sehr, dass sie sich in schwächeren Momenten der Vorstellung hingab, seine Mätresse zu werden, obwohl ihr Herz und ihr Verstand gegen dieses unmoralische Verhalten rebellierten, doch sie sehnte sich so verzweifelt danach, mit ihm zusammen zu sein. Ihr Herz sehnte sich nach ihm, ihr Verstand sagte ihr, er sei ein überaus passender Kandidat (wenn man mal von dieser verflixten Verlobung absah), und ihr Körper quälte sie mit dieser schmerzlichen Sehnsucht.
Und trotzdem wollte sie nicht , dass er sie küsste. Weder Lord Brandon noch der einfache Mr Brandon. Er war ein Ehrenmann, und dieses Ehrgefühl machte einen nicht unwesentlichen Teil seines Reizes aus. Sie liebte ihn, weil er so aufrecht und ehrbar war. Sie wollte nicht erleben, wie ihre Illusion zerschlagen wurde. Darum wollte sie keinen Kuss von ihm, der rechtmäßig einer anderen Frau zustand.
Sie sehnte sich danach, ihn zu küssen, und liebte ihn, weil er sie nicht küssen würde.
»Ich möchte Sie etwas fragen, Sophie«, sagte Brandon nun. Ihr Herz begann zu
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