Lady meines Herzens
grau.
»Verstehen Sie mich nicht falsch, Euer Gnaden. Ich bin froh, einen nüchternen, klugen Mann wie Sie als Arbeitgeber zu haben, der sich zudem um die Regierungsgeschäfte kümmert.«
»Vielen Dank«, sagte Brandon. Sein Kammerdiener redete weiter und half ihm in den Gehrock.
»Und dann müssen Sie auch noch mit der zukünftigen Schwiegerfamilie dinieren. Keine Sorge, Euer Gnaden, dazu werde ich keinen Kommentar machen.«
Brandon wusste, wie sein Diener über die Richmonds dachte. Seine Meinung gründete sich auf eine pinkfarbene Satinweste mit roter Blümchenstickerei. Das war für ihn Grund genug, die Familie nicht zu mögen.
»Was wollen Sie damit sagen, Jennings?«
»Sie sind ein junger, reicher und gesunder Mann. Tun Sie doch auch einmal etwas für sich selbst! Ach, verflixt! Diese Krawatte ist zu kurz, ich werde eine andere holen müssen, um sie richtig zu binden. Bin sofort zurück, Euer Gnaden …«
»Ach was, das passt schon mit der Krawatte.«
»Mein Gott! Sie können unmöglich mit einer so gebundenen Krawatte vor die Tür gehen, Euer Gnaden!«
»Danke, Jennings. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag.«
Draußen auf dem Korridor lief Spencer unruhig auf und ab.
»Auf ein Wort, Euer Gnaden! Es gibt da noch eine Angelegenheit, über die ich mit Ihnen reden muss«, sagte Spencer. »Unter vier Augen.«
Brandon bedeutete dem Mann, ihn zu begleiten. Mit gedämpfter Stimme setzte Spencer ihn über seine neueste Korrespondenz in Kenntnis. Er habe Nachricht von informierten Personen erhalten, die behaupteten, dass sie einen Beweis für die skandalösen Vorgänge liefern können. Der Sekretär sprach sehr leise, während sie vom Schlafgemach des Dukes zum großen Foyer eilten. Ihre Schritte hallten laut auf dem Marmorfußboden und übertönten die Stimmen der beiden Männer.
Wenn es einen Beweis gab … nun, das änderte natürlich alles.
In Atelier von Madame Auteuil
Bond Street, London
Endlich war das Hochzeitskleid für Clarissa fertig. Für eine vorerst letzte Anprobe hatte sie es angezogen und posierte für ihre Mutter. Das Kleid war aus weißem Satin geschneidert und hatte eine modische, hohe Taille, gepuffte Ärmel und einen züchtigen, eckigen Ausschnitt sowie drei Spitzenrüschen am Saum. Was das Kleid so atemberaubend schön machte, war jedoch der über dem weißen Satin liegende silberne Spitzenstoff, der ein zartes Rosenmuster zeigte. In der Mitte jeder üppigen und dekorativen Blüte war ein winziger, rosafarbener Saphir eingestickt, und die Edelsteine funkelten bei jeder Bewegung.
Dies war ein Kleid für eine Duchess, für die Braut des Jahres. Vielleicht sogar das Kleid für eine Prinzessin.
Sophie machte sich derweil Notizen, obwohl sie sicher war, nicht das kleinste Detail dieses Kleids jemals zu vergessen. Aber sicher war sicher. Aus dem Augenwinkel sah Sophie auch wieder ihr Kleid – wie sie es im Stillen nannte –, es stand noch immer im Schaufenster. Sie legte den Block beiseite und fuhr mit den Fingerspitzen über die Perlenarbeit. Kühl war die Seide unter den Fingern. Sie stellte sich vor, sie könnte sich dieses Kleid leisten.
»Ich finde es auch schön«, sagte Lady Hamilton zu Sophies Überraschung direkt neben ihr. »Ein herrliches Kleid.«
»Es ist anders als jedes Kleid, das ich bisher gesehen habe«, sagte Sophie. Sie war schon an vielen Schaufenstern vorbeiflaniert und las regelmäßig die zahllosen Modemagazine für Frauen. Dieses Kleid aber war unvergleichlich, und es war zugleich genau richtig: funkelnd, aber nicht überwältigend.
»Haben Sie es schon anprobiert?«, fragte Lady Hamilton.
»Oh nein, das könnte ich nicht«, erwiderte Sophie und schüttelte entschieden den Kopf. »Es wäre eine Qual für mich, weil ich es nur wenige Minuten hier im Laden tragen könnte und dann wieder mein schlichtes, gewöhnliches Kleid anziehen müsste.«
»Dann würden Sie es sich nicht gönnen, selbst wenn es perfekt passt? Ich weiß, Sie hätten viele Gelegenheiten, es zu tragen«, sagte Lady Hamilton. Sophie biss sich auf die Zunge, bevor ihr eine spitze Bemerkung entschlüpfte. Nicht alle Frauen waren eine Duchess mit entsprechend gefüllter Geldbörse.
»Es gibt auch noch andere Umstände, die man nicht vergessen darf«, bemerkte Sophie vorsichtig.
»Sie bewundern es also aus der Ferne, aber werden nie versuchen, es zu besitzen?«, fragte die Duchess zweifelnd.
»Ja«, seufzte Sophie. »Das klingt ziemlich tragisch, nicht wahr?«
»Nicht, wenn wir nur über
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