Lady meines Herzens
der Kuss Wirklichkeit wurde, von dem sie so lange geträumt hatte, als ihre Lippen miteinander verschmolzen und sie sich ihm ganz hingab, brach das Publikum im Zuschauerraum plötzlich in tosenden Applaus aus.
Kapitel 28
Sophie hatte natürlich recht. Er war nicht machtlos.
Doch er konnte sich nicht eingestehen, dass er zum ersten Mal in seinem Leben nicht wusste, wie er diese Macht einsetzen sollte. Hier ging es nicht bloß um sein Verlangen. Selbst wenn es so wäre, wüsste er nicht, was er tun sollte.
Er begehrte Sophie so sehr … Es entsetzte ihn.
Trotzdem hatte er sich immer ein ruhiges Leben gewünscht. Ein Leben, in dem ihn weder Leidenschaft noch Liebe quälten. Ein Leben, das nicht von Eifersucht bestimmt wurde, ein Leben, in dem er nicht quer durch ein überfülltes Theater huschte, um in einer dunklen Ecke eine hitzige geflüsterte Diskussion zu führen, die in einer ausgesprochen erotischen Umarmung mündete.
Er schwor sich, seine Möglichkeiten noch einmal zu überprüfen. Schon jetzt nahm er sich fest vor, noch einmal Einsicht in den Ehevertrag zu nehmen. Nur für den Fall, dass es eine Klausel gab, die eine Auflösung der Verlobung ermöglichte, ohne dass allen Beteiligten katastrophale Konsequenzen daraus erwuchsen.
Als Brandon an seinen Platz zurückkehrte, war dieser bereits mit Beschlag belegt worden – von Vennigan hatte sich neben Clarissa gesetzt und brachte sie zum Lachen. Soweit Brandon sich erinnerte, sah er sie zum ersten Mal lachen. Ihre Eltern besuchten derweil ein paar »liebe, liebe Freunde« in einer anderen Loge.
»Frederick hat gerade eine wirklich lustige Bemerkung gemacht«, sagte Clarissa. Sie kicherte. Ach so, jetzt nannte sie ihn also schon Frederick?
»In meinem Land …«, fing Frederick an. Aber Clarissa musste schon wieder lachen. Es war offensichtlich ein Witz, über den sich nur die beiden amüsieren konnten, und zudem einer, von dem er gar nichts wissen wollte.
Wann waren die beiden nur so vertraut miteinander geworden?
»Ach, lassen Sie ihn doch. Man sieht ja, wie wenig Interesse er an einem kleinen Scherz hat, Clarissa«, sagte von Vennigan. Erst dann erinnerte er sich an seine guten Manieren und fügte hinzu: »Euer Gnaden.«
»Eure Hoheit«, antwortete Brandon ebenso. Insgeheim hielt er den Prinzen schlicht für eine Witzfigur, auch wenn er offenbar der Einzige in London war, der diese Meinung hegte. Es lag vermutlich an seinem langen Haar, aber zudem fehlte es dem Mann, der nur leichtfüßig von einer Party zur nächsten hüpfte, an Ernsthaftigkeit.
»Wann werden wir gegeneinander fechten?«, fragte von Vennigan. Widerwillig musste Brandon sich eingestehen, dass er an diesem Angebot großes Interesse hatte, denn vage erinnerte er sich daran, dass Harry Angelo den Prinzen als einen der besten Fechter Europas bezeichnet hatte. Brandon freute sich darauf, ihn ordentlich ins Schwitzen zu bringen.
»Sobald es Ihnen passt«, sagte Brandon. »Vorausgesetzt, ich habe einen Termin frei.«
»Ich werde morgen Nachmittag bei Hofe erwartet, aber ich denke, ich werde mich dort entschuldigen«, sagte der Prinz. Genau das war der Grund, warum Brandon diesen Mann nicht respektierte und ihm auf keinen Fall Clarissa und – das einzugestehen fiel ihm schwer – die mit ihr verbundenen Verpflichtungen anvertrauen würde.
Dieser Mann wischte seine Verantwortung zu leichtfertig beiseite, nur weil ihm eine angenehmere Zerstreuung geboten wurde. Dieses Verhalten warf für Brandon die Frage auf, inwieweit sich die Gefühle des Prinzen verändern könnten, sobald er erfuhr, dass die Ehe mit Clarissa ihm riesige Schulden aufbürdete. Oder wenn er von den Details aus ihrer Vergangenheit erfuhr, von denen Spencer ihm erzählt hatte …
»Ihr werdet doch beide vorsichtig sein, oder?«, fragte Clarissa besorgt. Sie drehte nervös ihren Verlobungsring um den Finger.
Brandon beäugte das symbolische Schmuckstück. Er wusste, dass sein Vater diesen kostbaren Ring seiner Mutter zur Verlobung geschenkt hatte. Sie hatte diesen Ring geliebt, aber nicht annähernd so sehr wie seinen Vater. Damals hatte dieser Ring eine Liebe besiegelt.
Brandon ignorierte die Enge in seiner Brust und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Gespräch.
»Aber natürlich, Clarissa. Ich würde niemals Ihren Verlobten erschlagen und Sie danach für mich beanspruchen«, meinte von Vennigan. Er grinste verschlagen. Clarissa lachte nervös, wohingegen Brandons Miene versteinert blieb.
»Es wäre eine
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