Lady Sunshine und Mister Moon
einstöckigen Bungalow, an das eine Doppelgarage grenzte. Ihren kleinen Vorgarten zierten drei Obstbäume, deren Blätter rostfarben und golden im milden Herbstlicht schimmerten. Wolf bewunderte sie, während er an der Tür klingelte.
Ein untersetzter rothaariger Mann Anfang vierzig öffnete ihm. „Hallo“, sagte er mit einem freundlichen Lächeln. „Sie müssen Niks Onkel sein.“
„Wolfgang Jones.“ Wolf gab ihm die Hand.
Der Mann schüttelte sie kräftig. „Ich bin Joe Fitzpatrick, Kevins Vater.“ Er stieß die Tür auf. „Kommen Sie rein.“
Wolf trat ein und sah sich um. „Sie haben ein tolles Haus.“ Es war elegant, aber gemütlich und einladend. Genau die Art von Haus, von dem er als Kind oft geträumt hatte.
„Danke. Kommen Sie mit nach hinten in die Küche“, lud Joe ihn ein. „Die Jungs spielen noch eine Partie Wasserball. Trinken Sie ein Bier mit mir?“
„Könnte ich stattdessen bitte Wasser oder Saft haben?“ Wolf folgte seinem Gastgeber durch ein geräumiges Wohnzimmer in die Küche. „Ich muss in etwa einer halben Stunde bei der Arbeit sein.“ Helles Licht strömte durch gläserne Schiebetüren in das Zimmer. Das ausgelassene Lachen und Toben der Teenager im Swimmingpool erregte seine Aufmerksamkeit. Er entdeckte Niklaus und beobachtete ihn einen Moment lang lächelnd. Er hatte seinen Neffen noch nie so unbeschwert erlebt.
Joe drückte ihm ein Glas Wasser in die Hand und folgte seinem Blick. „Sie haben da einen großartigen Jungen. Das ist übrigens das Einzige, was mich davon abhält, Sie abgrundtief zu hassen.“
Wolf erstarrte. Er setzte sein Glas langsam ab, drehte sich um und sah Joe fassungslos an. „Entschuldigung?“
„Ihr Neffe spricht andauernd von Ihnen und von Ihrem heißen Schlitten, und die anderen Jungs geraten geradezu in Ekstase wegen Ihres coolen Jobs. Damit und mit dem superscharfen Showgirl, mit dem Sie, wenn ich das richtig verstanden habe, Tür an Tür leben, sehen wir anderen Eltern ziemlich alt und langweilig aus.“
Der rothaarige Mann grinste, und Wolf entspannte sich und erwiderte sein Lächeln. „Gut zu wissen, dass Ihr Hass sich nur auf meinen Job und meine Nachbarschaft zu einer wunderschönen Blondine bezieht. Sie haben mich tatsächlich einen Augenblick lang erschreckt. Man sagt mir zwar gelegentlich, dass ich in der Lage sei, Menschen auf die Palme zu bringen, aber normalerweise brauche ich etwas länger als anderthalb Minuten.“
Joe legte den Kopf in den Nacken und lachte schallend. „Sie sind in Ordnung, Jones. Und weil Sie Sinn für Humor haben, werde ich Ihnen gerade noch mal durchgehen lassen, dass Sie sich zu allem Überfluss auch noch elegant kleiden. Obwohl das wie Salz in meinen Wunden ist.“
Als Wolfs Blick von seinem Nadelstreifenanzug zu Joes verschlissenen Shorts und dem ausgeleierten T-Shirt wanderte, zuckte er mit den Schultern. „Arbeitskleidung. Womit verdienen Sie Ihren Lebensunterhalt?“ Er nahm einen Schluck aus seinem Glas.
„Ich bin Thoraxchirurg.“
Wolf verschluckte sich beinah an der eisigen Flüssigkeit, die ihm die Kehle hinunterrann. Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund, dann nickte er ernst. „Ah! Jetzt wir mir langsam klar, weshalb Sie sich von einem so schlauen Security-Fuchs wie mir einschüchtern lassen. Bei Ihren Fähigkeiten.“ Er sah sich in der sonnigen Küche und dem gemütlichen Partydurcheinander um, beobachtete die Jungs, die am Pool herumsprangen und blickte dann seinen Gastgeber an. „Es ist so ein herrlicher Sonntagnachmittag. Müssten Sie nicht auf dem Golfplatz sein?“
„Meine Frau hat mich einmal dahin geprügelt.“ Joe grinste. „Sie ist der Golfer in unserer Familie. In Wahrheit ist nämlich nicht jeder versessen auf diesen Sport.“ Er warf Wolf einen verschwörerischen Blick zu. „Ich erwarte, dass diese Information unter uns bleibt.“
„Ich verstehe. Es wäre vermutlich ein Grund für den Ausschluss aus der amerikanischen Gesellschaft.“ Die beiden Männer grinsten sich an, während knapp ein Dutzend Teenager in die Küche stürmten.
Wolf lernte sie alle kennen. Mit den Jungs, die Nik am häufigsten erwähnte – Paddy, Josh und David – unterhielt er sich sogar ein paar Minuten. Carly hatte recht gehabt: Sie waren richtig nett.
Ein Weilchen dauerte es dann aber doch noch, bevor Wolf sich loseisen konnte. Niklaus bestand nämlich darauf, Wolfs Wagen vorzuführen. Als sie das Auto dann allesamt gründlich inspiziert hatten, sah Wolf auf die Uhr.
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