Ladylike
ältestem Sohn ist gerade fünfzehn geworden.
Die Studenten und Rudi beäugen sich gegenseitig mit leichtem Argwohn. Für mich ist ein Enddreißiger noch jung, für Moritz und Ricarda mag Rudi schon ein alter Knacker sein.
Voller Freude sehe ich, daß die teure Espressomaschine noch gute Dienste leistet. In der silbernen Vase prangen rosa Bourbonrosen, ganz wie von mir arrangiert. Ich bin stolz, daß Rudi meine Bräuche für gut befindet und fortsetzt. Aber es gibt auch eine Neuerung: Hinter der Kasse kommt nach einigen Minuten ein junger Jagdhund hervorgekrochen, der uns vorsichtig beschnuppert und ziemlich rasch mit Moritz Freundschaft schließt.
»Walter Rebhuhn, von dem ich diesen Laden geerbt habe, hatte auch einen Hund, aber einen Dackel«, erzähle ich und werde wieder rührselig, »was ist das für eine Rasse, und wie heißt er?«
»Das ist ein ungarischer Vizsla, und er heißt Ewald«, sagt Rudi und versteht nicht ganz, warum Anneliese und ich in lautes Lachen ausbrechen.
»Ist ja auch ein lustiger Name«, sagt Ricarda entschuldigend, weil sie sich wohl für unsere Heiterkeit etwas schämt.
»Ihr habt Glück, daß ihr ihn überhaupt zu Gesicht kriegt. Alle meine Freunde reißen sich darum, mit Ewald spazierenzugehen. Nur weil es im Moment so schauerlich pladdert, geruht er ein Nickerchen bei mir zu machen. So, und jetzt zeige ich dir mal ein richtig nettes Teil«, sagt Rudi und schließt seinen Tresor auf; ich befürchte schon, er hat wieder einen höchst problematischen Schatz erworben.
Aber ich irre mich, Rudis Ankauf läßt sich diesmal bestimmt an den Mann bringen. Das zierliche Collier stammt aus England. In die einzelnen Korallenkameen sind Frauenporträts nach antikem Vorbild geschnitten, die Zwischenglieder bestehen aus kleinen Türkisen in Blütenform.
»Allerliebst«, sage ich, »wahrscheinlich frühes 19. Jahrhundert. Sehr aufwendig verarbeitet. Was hast du dafür bezahlt?«
»Erstaunlich wenig«, meint Rudi und schaut nachdenklich zu Anneliese hinüber, die den Halsschmuck angelegt hat und sich wohlgefällig in einem Handspiegel betrachtet, »der Mann, der mir das Kollier angeboten hat, kam mir etwas suspekt vor. In solchen Fällen …« er unterbricht sich wieder und wirft einen erneuten Blick auf Anneliese.
»Ach, komm mal mit«, sagt er zu mir, »ich wollte dir eigentlich schon längst etwas zeigen!«
Ich folge ihm in das winzige Büro, wo Rudis Computer steht.
»In solchen Fällen«, fährt er mit seiner Erklärung fort, »informiere ich mich vorsichtshalber, ob der Schmuck nicht gestohlen wurde. Und dabei bin ich auf etwas Interessantes gestoßen!«
Rudi tippt am Computer herum und zeigt mir die Seite des Bundeskriminalamts mit den Sachfahndungen. Schließlich lese ich mit Herzklopfen: Die Polizei ersucht um Hinweise zu folgenden Gegenständen.
Abgebildet ist das fürstliche Collier mit den wunderschönen Smaragden, das Rudi den Russen verkauft hat. Unter dem Foto steht: Passend zu diesem Schmuckstück werden ein Ring, ein Armband, eine Brosche und Ohrgehänge vermißt.
Rudi mustert mich forschend.
»Was sagst du dazu? Es scheint sich doch sicher um die Parure zu handeln, die wir an die Russen verschachert haben. Da nur ein Foto vom Kollier vorliegt, muß ihnen der Rest schon bald nach unserem Deal geklaut worden sein. Meinst du, am Ende könnte Anneliese …?«
»Auf keinen Fall«, sage ich und werde rot, »das müßte ich schließlich wissen.« Energisch stehe ich auf und verlasse das Büro.
Moritz und Ricarda liegen mittlerweile auf dem Boden und untersuchen den kürzlich operierten Nabelbruch des ungarischen Vizsla. Ricarda fragt forsch, ob sie mal eben die Fäden ziehen darf. Als eine Kundin den Laden betritt, fahren wir alle in die Höhe, Ewald kläfft, und die Idylle ist vorläufig beendet.
Es regnet immer noch Bindfäden, als wir weiterfahren.
»Bis nach Kampen schaffen wir es heute bestimmt nicht«, sagt Moritz nach einigen ermüdenden Stunden, »in der nächsten Stadt sollten wir uns ein Hotel suchen.«
»Fahrt mal runter von der Autobahn«, befiehlt Anneliese. »Wir werden nach einem gemütlichen Dorfgasthaus Ausschau halten, es muß ja nicht immer der teuerste Palast sein!«
Die Studenten wechseln einen Blick. Ich weiß sehr wohl, daß sie am Abend nicht gleichzeitig mit uns zu Bett gehen, sondern gern noch mal eine Runde durch die nächtlichen Straßen und wohl auch Kneipen drehen.
»Und was sollen wir in einem solchen Kaff?« fragt Ricarda.
»Ihr
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