Laennaeus, Olle
Oberkörper ist nur mit einem Unterhemd
bekleidet. Er ist mit Erbrochenem verschmiert, das an seinem Kinn heruntergelaufen
ist und nun in seinem ergrauten Brusthaar hängt.
Der Labrador steht neben seinem Herrchen
und wedelt mit dem Schwanz. Leckt ein paar der gelblich grauen Brocken von seinem
Hals und legt sich dann wartend mit der Nase auf den Teppich.
Klas windet sich und murmelt erneut
etwas in seinem Dämmerzustand.
Mit wem redet er nur?
Konrad muss an Bogrens Worte denken.
Ja, Klas ist ein einsamer Teufel, das ist sicher. Natürlich müsste er ihm helfen.
Versuchen ihn zu wecken, die Kotze wegwischen und mit ihm reden, wie er es dessen
einzigem Freund versprochen hat.
Oder sollte er stattdessen die Gelegenheit
nutzen und sich lieber nach Spuren umsehen?
Konrad vermag weder das eine noch das
andere zu tun. Er betrachtet seinen Adoptivbruder in seinem hilflosen und armseligen
Zustand lange. Stellt fest, dass er ihn tatsächlich ein wenig bedauert.
Mit dem Gefühl, versagt zu haben, verlässt
er das Haus.
KAPITEL 28
D as blonde Haar,
das auf der Fotografie so füllig wogte, ist dünn und grau geworden, aber der Seitenscheitel
des längst pensionierten Kommissars Kurt Nilsson sitzt immer noch perfekt.
An seinem Platz im Schatten eines Sonnenschirms,
wo er allein in seinem Rollstuhl sitzt, hat er eine karierte Decke über den Knien
liegen. Sein Blick ist irgendwo in die Ferne gerichtet. Er schläft nicht. Es sieht
eher danach aus, als hege er eine ungewisse Sehnsucht.
«Kurt, Ihr Neffe ist hier, um Sie zu
besuchen!»
Er reagiert kaum auf den Ausruf der
Pflegerin. Lediglich eine schwache Bewegung im Augenwinkel lässt erkennen, dass
er zumindest seinen Namen aufgeschnappt hat. Vielleicht möchte er keinen Besuch
bekommen.
Konrad holt die beiden Zigarren hervor,
die er auf Gudrun Vernerssons Anraten hin mitgebracht hat. Jove Bengtsson ist inzwischen
gestorben und sein Geschäft geschlossen, aber Konrad ist extra nach Ystad gefahren,
um im dortigen Tabakwarenladen ein paar echte Havannas zu kaufen. Sie machen ihn
munter, hatte Gudan mit einem Augenzwinkern gesagt.
«Kurt, Ihr Neffe ist gekommen. Ist
das nicht schön?», wiederholt die Pflegerin, die Konrad durch die nach Desinfektionsmittel
riechenden Korridore des Pflegeheims hinaus auf die Terrasse gelotst hat.
«Wir werden abwarten müssen, wie es
ihm geht. Er kann manchmal etwas launisch sein», hat sie ihn gewarnt.
Jetzt wirft sie Konrad einen entschuldigenden
Blick zu, als sei es ihr Fehler, dass der Alte nicht reagiert. Konrad schämt sich
für seine Lüge. Aber es wäre schwierig gewesen, sein Anliegen anders zu erklären.
Dann wendet sich Kurt Nilsson ihnen
plötzlich zu.
«Aha, aha ...», gibt er zögernd von
sich.
Er blinzelt freundlich und neugierig.
Die Pflegerin, die Gun heißt, scheint überhaupt nichts daran zu finden, dass er
einen Verwandten, der unerwartet aufgetaucht ist, nicht wiedererkennt. Sie legt
ihm einen Arm um die schmalen Schultern und tätschelt ihm die Wange.
«Ich hole Kaffee, dann können Sie in
Ruhe hier sitzen und sich unterhalten.»
«Danke», sagt Konrad. «Das ist nett.»
Er setzt sich.
«Ich habe ein paar Zigarren mitgebracht.
Du rauchst doch immer noch, Kurt, oder?», fragt er einschmeichelnd.
«Zigarren, ja, man dankt», gluckst
der Alte.
Ein guter Tag, denkt Konrad hoffnungsvoll.
Er wirft einen Blick zu dem Tisch hinüber, der ein Stück weiter hinten im Garten
steht. Um ihn herum sitzen drei alte Menschen im Schatten unter einem vorstehenden
Dach. Der Kopf eines aufgedunsenen Mannes, dessen Körper nicht so recht Platz im
Rollstuhl findet, hängt schief herunter. Seine Augen sind weit aufgerissen, aber
der Blick ist leer. Neben ihm zwirbelt eine magere Frau nervös eine Serviette zwischen
den Fingern, während sie eine murmelnde Konversation mit sich selber führt. Der
Dritte hat ein verschrumpeltes Gesicht und sieht aus, als würde er jeden Moment
handgreiflich werden, um sie zum Schweigen zu bringen, wenn er nur die Kraft dazu
hätte. Er starrt wütend auf die Spatzen, die in der Vogeltränke herumplätschern.
In dem Moment, als Kurt Nilsson mit
zittrigen Fingern die Zigarre aus dem Metallröhrchen gefummelt hat, kommt Gun mit
einem Tablett wieder nach draußen. Darauf stehen zwei Becher mit Kaffee und ein
Teller mit vier billigen Butterkeksen darauf. Sie nimmt ein Feuerzeug aus ihrer
Kitteltasche und legt es auf den Tisch.
«Wir verstecken die Feuerzeuge normalerweise.
Damit sie nicht auf
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