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Laennaeus, Olle

Laennaeus, Olle

Titel: Laennaeus, Olle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das fremde Kind
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Treppengeländers gepresst.
Er hielt die Luft an. Eher aus Neugier als aus Angst, entdeckt zu werden. Wenn Waltersson
mitkriegte, dass er dort saß, ließ er es sich zumindest nicht anmerken.
    Warum hatten sie nur solche Angst?
    Als Konrad jünger war, hatten sie ihn
in die Kirche mitgenommen. Doch später hatte er sich dann strikt geweigert. Die
Feuchtigkeit, die harten Holzbänke und den Geruch nach Tod fand er abstoßend. Ganz
zu schweigen von Walterssons endlosen Predigten. Nicht, dass er sie inhaltlich verfolgt
hätte. Nein, in der Kirche hatte Konrad versucht, sich entweder die Zeit damit zu
vertreiben, Liedtexte zu erdichten, die er später musikalisch arrangieren wollte,
wenn er gelernt hätte, auf Hermans alter Gitarre zu spielen. Oder er dachte darüber
nach, wie man Sven Myrbergs neueste Seifenkiste trimmen könnte. Doch die monotone
Stimme des Pastors grub sich derart in seinen Schädel ein und die Eintönigkeit ließ
seine Beine so stark kribbeln, dass er sich unmöglich konzentrieren konnte.
    Als Signe auf das Thema zu sprechen
kam, dass Konrad sich beizeiten auf seine Konfirmation vorbereiten müsste, hatte
er getan, als hätte er es nicht gehört.
    Warum haben sie nur solche Angst vor
dem dämlichen Pastor?, dachte er verwundert und spähte durch das Treppengeländer
hinunter zu Waltersson, der sich inzwischen mächtig in Rage geredet hatte und dessen
aufgedunsenes Gesicht jetzt einem rotglühenden Kaminfeuer glich. Der Pastor war
von dem Plüschsofa aufgesprungen.
    «Gott kennt kein Erbarmen mit Abtrünnigen!»,
brüllte er. «Eure einzige Rettung ist, auf euren bloßen Knien um Gnade zu flehen
und wieder in seinen Garten aufgenommen zu werden!»
    Herman und Signe standen mit hängenden
Armen da, seelisch vernichtet und sichtlich außerstande, eine Entscheidung zu fällen.
Vom Bild an der Wand oberhalb des Plüschsofas sahen die Jungfrau Maria und das Jesuskind
mit mildem Blick mitleidsvoll auf sie herunter.
    «Und, wollt ihr weiter auf dem Weg
der Sünde wandeln? Oder wollt ihr den Herrn, euren Gott, um Vergebung bitten?»
    Das Schweigen legte sich wie ein Bleigürtel
um ihre Schultern. Walterssons Augen brannten geradezu vor göttlicher Gewissheit.
    «Was sollen wir nur tun?», jammerte
Signe kaum hörbar.
    «Fallt auf die Knie! Hier und jetzt
sollt ihr Gott, euren Vater, um Vergebung bitten und ihm aus vollem Herzen versprechen,
niemals wieder an der wahren Lehre zu zweifeln !»
    Der Pastor deutete auffordernd auf
den Boden.
    Ohne einen Blick zu wechseln, fielen
die Eheleute Jönsson zu Füßen des Pastors auf die Knie. Schluchzend und schniefend
knieten sie da auf ihrem eigenen Wohnzimmerteppich, die rundlichen Hinterteile
in die Luft gereckt, bis Waltersson ihnen nach einer ganzen Weile mit gnädiger Hand
wohlwollend über die Köpfe strich und ihnen bedeutete, wieder aufzustehen.
    «Da ist noch eine Sache, die ich wissen
will», sagte er mit sanftmütiger Stimme.
    «Ja?»
    Signes Unterlippe zitterte, und Herman
duckte sich wie ein geprügelter Hund vor der Peitsche.
    «Der Junge, war er bei diesem heidnischen
Spektakel etwa auch dabei?»
    «Klas? Er ist doch schon groß und macht
sowieso nicht, was wir ...»
    «Ich meine natürlich Konrad», unterbrach
sie der Pastor barsch.
    Herman und Signe schüttelten heftig
die Köpfe. «Nein», beteuerten beide wie aus einem Mund. «Er auch nicht.»
    Waltersson sah sie prüfend an, als
sei er nicht ganz sicher, ob er ihnen vertrauen könnte.
    «Gut», fuhr er dann fort. «Um ihn ist
es ja auch schon übel genug bestellt...»
    Ohne Vorwarnung ging er zur Haustür
und nahm seinen Mantel an sich. Erst dann wandte er sich wieder um.
    «Na ja, ich meine, wenn man ... seine
Herkunft bedenkt.»
    Herman und Signe blieben so lange im
Flur stehen und starrten auf die geschlossene Haustür, bis das Motorengeräusch
von Walterssons schwarzem Volvo in der Ferne verstummte. Danach gingen sie ohne
ein Wort jeder seiner Wege. Signe hinaus in die Küche und Herman mit schweren,
müden Schritten die Treppe hinauf.
    Dort fiel sein Blick auf Konrad.
    Herman blieb stehen und öffnete den
Mund. Konrad wartete. Aber es kam kein Wort über Hermans Lippen.
    Seine Apfelbäckchen, die sonst immer
leuchteten, hingen schlaff und bleich herunter. Er wandte seinen Blick ab und ging
an Konrad vorbei ins Schlafzimmer, wo er auf dem Bettüberwurf zu einem Häufchen
Elend zusammensackte.
     
    KAPITEL 11
     
    N atürlich war
sein Name nicht an allem schuld, aber er spielte sicher eine

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