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Laennaeus, Olle

Laennaeus, Olle

Titel: Laennaeus, Olle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das fremde Kind
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Rolle. Schon früh entwickelte
Konrad eine Art Hassliebe zu ihm.
    «Konrad, was für ein hübscher Name»,
sagte die Lehrerin, die in der Sechsten die Vertretung für Schwedisch und Englisch
übernahm.
    Sie kam frisch von der Pädagogischen
Hochschule in Kristianstad und war den meisten Dingen gegenüber noch recht wohlwollend
eingestellt. Blauäugig, fanden Donald Göransson und die anderen Veteranen der alten
Schule. Genauer gesagt an der Grenze zur Naivität in ihrem Glauben daran, dass
in jedem Kind ein guter Kern stecke.
    Konrad mochte sie sofort. Sie hieß
Veronica, wie sie in der ersten Stunde erklärte. Allein schon die Tatsache, sich
mit Vornamen vorzustellen. Und die Schüler «du» sagen und ohne die Hand zu heben
antworten zu lassen. Das gehörte nicht gerade zu den Alltäglichkeiten in Tomelilla.
    «Das ist ja regelrechte Anarchie»,
murrte Göransson im Lehrerzimmer. «Hier wird sie nicht lange bleiben.» Auf dem Korridor
marschierte er demonstrativ an ihr vorbei, ohne zu grüßen.
    Veronica war recht klein und etwas
mollig. Sie hatte weizenblondes Haar, das sie immer zu einem Knoten hochsteckte,
sicherlich, um ihre fehlende Größe zu kompensieren. Sie trug enge, ausgewaschene
Jeans und meistens hochhackige Schuhe, die ihren Hintern wunderbar wackeln ließen.
Vor allem aber hatte sie fällige rote Lippen und Augen, die treuherzig glitzerten.
Kurz gesagt war sie der feuchte Traum eines jeden Jungen im Teenageralter.
    Die älteren Lehrer betrachteten sie
mit Missbilligung. Sie zogen im Büro des Rektors über sie her und würdigten sie
im Lehrerzimmer kaum eines Blickes. Wenn sie auch keine Kommunistin war, so war
doch irgendetwas an ihr faul. Veronica merkte von alldem nichts oder tat zumindest
so.
    «Er ist polnisch», antwortete Konrad
mit Stolz in der Stimme.
    «Aha, ich dachte, Konrad sei ein deutscher
Name.»
    Sie legte den Kopf leicht schief, um
nachzudenken.
    «Konrad Adenauer war immerhin deutscher
Bundeskanzler. Und dann gibt es noch Konrad Lorenz, der hat im vergangenen Jahr
den Nobelpreis für Medizin bekommen. Aber er war meines Wissens Österreicher.»
    «Er ist polnisch. Meine Mutter hat
ihn mir gegeben. Und sie kommt aus Polen.»
    Ein heimtückisches Kichern breitete
sich in der Klasse aus. Veronica blickte sich um, schien es aber nicht deuten zu
können.
    «Wie auch immer, ein schöner Name»,
sagte sie beschwichtigend und drehte sich zu der schwarzen Tafel um.
    «Konrad is a nice name. It's polish», schrieb sie unter die Reihen mit anderen englischen Satzgebilden.
    Konrad spürte, wie Sven Myrberg ihn
mit dem Ellenbogen in die Seite stupste.
    «Hast sie schon halb rumgekriegt»,
flüsterte er und zwinkerte ihm zu.
    «Ich finde, er klingt wie Kotze», ließ
Benny aus der letzten Reihe großspurig verlauten.
    Er war der Größte in der Klasse, ein
Dreizehnjähriger, der aus Stahl gemacht schien, mit Stoppelhaaren und einem dauerhaft
fiesen Grinsen in den Mundwinkeln.
    Im Klassenzimmer wurde es still. Veronica
sah sich unschlüssig um. Sie war gerade erst drei Wochen an der Schule, und diese
Situation war neu für sie. Sie zögerte eine Sekunde zu lange.
    «Oder Kakerlake», warf Roland ein,
Bennys Kumpel und Tischnachbar.
    «Nee, es klingt wie Kacke», fuhr Benny
mit selbstsicherem Grinsen fort. «Kotze in der Kacke.»
    Er gab eine angeberische Lachsalve
von sich und zeigte mit dem Finger auf Konrad.
    «Da sitzt unser Kack-Konrad!»
    Jetzt lachte die gesamte Klasse. Erst
etwas zögerlich, doch je mehr sie Veronicas Unschlüssigkeit spürten, desto lauter
wurden sie. Einige zusammengeknüllte Papierbälle flogen auf Konrad zu.
    «Jetzt ist aber Schluss ...», versuchte
es Veronica und machte ein paar Schritte auf Benny und Roland zu, hielt dann aber
inne. Irgendwie musste sie gespürt haben, dass es bereits zu spät war. Das höhnische
Grinsen ließ sie zurückweichen.
    Konrad spürte, wie er innerlich kochte.
Verdammter Idiot. Doch seine Furcht vor Bennys harten Fäusten war ebenso groß wie
seine Wut. Er blickte zu Sven rüber, um zu sehen, ob von ihm Hilfe zu erwarten war,
aber wie immer, wenn es auf eine Konfrontation hinauslief, schaute die blöde Ameise
weg. Konrad begriff, dass sein einziger Freund den Schwanz einziehen würde.
    «Kack-Konrad! Kack-Konrad! Kack-Konrad!»,skandierte
das Team in der letzten Reihe siegesgewiss.
    Sie steckten die anderen an. Plötzlich
dröhnte es im Klassenzimmer wie in einem vollbesetzten Fußballstadion. Radiergummis
flogen durch die Luft. Und

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