Lagrosiea - Die Silberhalle (German Edition)
einem Zauber ließ er eines der Papiere in seine Hand schweben. Bevor Liendra reagieren konnte , landete es in Lagons ausgestreckter Hand. Liendra schlug sich die Hände vor die Augen . „Es ist mir peinlich!“ , quiekte sie, doch Lagon ließ sich nicht aufhalten und blickte unbarmherzig auf das Blatt. Ein beeindrucktes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Es war kein Formular, wie Liendra behauptet hatte, sondern ein Bild. Es zeigte einige Gebäude von Korroniea, darunter der Senat vom Pakt der Könige und einige andere wichtige Bauten in der Nähe. Lagon war sich zwar nicht sicher , aber er vermutete, dass Liendra den Ausblick von ihrem Balkon skizziert hatte. Als eine Art Rahmen bedeckten Blumen und Pflanzen den Rand. Alle war mit so viel Geschick und Liebe zum Detail gemacht, dass Lagon nur ein Wort für das Bild einfiel: Vollkommen!
„Es ist nur eine Kritzelei!“ , jammerte Liendra , „e in schlichter Zeitvertreib. Ich weiß auch nicht, warum ich das noch mit weggeschmissen habe.“
„Es ist wunderschön!“ , erwiderte Lagon, „i ch habe noch nie eine so schöne Zeichnung gesehen.“
Liendra nahm ihre Hände wieder vom Gesicht und sah Lagon mit großen Augen an. „Wirklich?“ , hauchte sie mit fragendem Blick.
„Natürlich“, bestätigte Lagon, „du hast mir nie erzählt, dass du so gut zeichnen kannst.“
„Na ja“, meinte Liendra und sah schüchtern zu Boden , „es war immer nur ein kleiner Zeitvertreib. Immer, wenn ich nichts zu tun hatte, habe ich mir Papier und Stift geschnappt und habe gekritzelt, was mir so in den Sinn kam. Ich weiß auch nicht warum, aber es entspannt mich, egal wie aufgekratzt oder niedergeschlagen ich bin. Wenn ich mit dem Zeichen fertig bin, ist das alles von mir abgefallen. Ich habe noch mehr Bilder. Wenn sie dich interessieren, zeige ich sie dir.“
„Das wäre toll !“ Lagon hatte nicht s dagegen, noch mehr von Liendras Zeichnungen zu sehen.
Aufgeregt, weil jemand sich für ihr Hobby interessierte, stolperte Liendra in ihr Arbeitszimmer und kam kurz darauf mit einem ledernen Ordner wieder. Die ersten Bilder zeigten ausschli eßlich Natur, hauptsächlich Wald lichtungen inmitten gewaltiger Bäume, zwischen denen merkwürdige Häuser und Tiere standen aber auch ein See war dabei, aus dem es hell zu leuchten schien. Es gab Pflanzen und Blumen, deren Aussehen märchenhaft und fremdartig waren. Lagon konnte nicht glauben, dass sie von dieser Welt waren. ´De r Nachtelfenwald`, dachte Lagon. H ier wurde Liendra geboren. Bei näherer Betrachtung fiel Lagon auf, dass Einzelheiten sehr verspielt gezeichnet waren , wie die Malereien eines kleinen Mädchens. Liendras erste Arbeiten.
Lagon blätterte weiter und diesmal kannte er die Motive. Es waren die Straßen und Gebäude von Ka lheim. Liendra musste sie gezeichnet haben, als man sie dorthin brachte, um sie auf die Pflichten einer Prinzessin vor zubereiten. Lagon fiel auf, das die Bilder Kalh eim viel imposanter und großartiger darstellten, als der Ort in Wirklichkeit war. Ein Zeichen, wie aufregend Liendra diese Zeit erlebt haben musste. Wieder blätterte Lagon einige Seiten weiter. Auch die Orte auf den nächsten Bildern erkannte Lagon, obwohl er bisher nur einmal in der Schamanenstadt Unterburg war. Die Zeichnungen waren typisch. Dunkle Straßen und windschiefe Häuser waren in so düsteren Farben gemalt, dass man sich unwillkürlich an einen Friedhof erinnert fühlte.
´Liendra hat es in der Stadt wohl auch nicht gefallen`, dachte Lagon.
„Ach, bist du schon bei den Kritzeleien von Unterburg gelandet?“, meinte Liendra mit angewidertem Gesichtsausdruck, während sie über Lagons Schulter sah , „die habe ich immer am wenigsten gemocht.“
Lagon warf einen Seitenblick auf Liendra. Ein leicht wütendes Funkeln lag in ihren Augen, doch bevor er darüber nachdenken konnte, fiel ihm auf , dass Liendra ihr Hochzeitskleid nicht mehr trug. Sie hatte nun schlichtere, j edoch ihrem Stand entsprechende Kleidung angezogen. Lagons Ohren wurden heiß bei dem Gedanken, was Liendra getan hatte, während er sich Ihre Zeichnungen angesehen hatte und was er hätte sehen können, hätte er nur einmal aufgeblickt. Liendra warf ihm ein schüchternes Lächeln zu. Sie sahen sich in die Augen und Lagons Hand wanderte über die von Liendra. Ihre Lippen zuckten.
Dann klopfte es an der Tür. „Prinzessin Liendra!“ , rief eine aufgeregte Stimme , „seid ihr da?“
„Unter die Tarnkappe!“, sagte Liendra und
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