Lagune der Lust - Caprice
Flüssigkeit in seinem Glas. Maren nippte an ihrem alkoholfreien Fruchtdrink. Jetzt war der Moment gekommen, die Unterhaltung in andere Bahnen zu lenken.
Maren wühlte in ihrer Umhängetasche und legte wie zufällig eine Zeitung auf den Tisch. Dann kramte sie weiter in einem Fach, angeblich auf der Suche nach einem Lipgloss.
Als Rolf auf die Schlagzeile Großunternehmer des Steuerbetrugs verdächtigt starrte, verfinsterte sich sein Blick. »Liest du das etwa?«, fragte er so verächtlich, dass Maren beinahe erschrocken zu ihm aufschaute.
»Was meinst du? Ach, die BLITZ?« Sie lächelte entschuldigend. »Die hab ich wegen Kronprinzessin Victoria gekauft. Meine Lieblingslektüre beim Frisör.«
Rolf trank einen Schluck Kognak. »Tut mir leid, dass ich dich angeblafft habe. Mir sind solche Klatschblätter zuwider.« Er stellte sein Glas auf den Tisch und zwang sich zu einem Lächeln. »Ich entdecke ständig neue Seiten an dir.«
»Ich hab eine Schwäche für adlige Damen. Und … », Maren lächelte verlegen, »für die Einrichtung ihrer Häuser.« Sie wartete kurz, bevor sie weiterredete. »Es mag dir seltsam erscheinen, aber unsere Kunden orientieren sich an Persönlichkeiten aus der High Society. Schon von daher muss ich auf dem Laufenden sein.«
»Verständlich. Man muss die neuesten Trends im Auge behalten. Nur …« Er starrte auf die Zeitung auf dem Tisch.
»Was nur?« Marens Herz begann schneller zu klopfen. Was, wenn er das Thema abrupt wechselte? Er konnte kaum verbergen, dass er verstimmt war.
»Nichts«, beruhigte Rolf sie.
Maren umfasste seine Hand. »Hast du was gegen Adlige?« Als er nichts erwiderte, wagte sie einen weiteren Vorstoß. »Bist du etwa schon mal in die Schlagzeilen geraten?«
Rolf lachte böse auf. »Nicht direkt ich, aber … lassen wir das.«
»Hat dir eine Zeitung geschadet?« Maren hoffte, dass er endlich redete. Es sah nicht danach aus. »Ich kann bisher eigentlich nur Gutes über die Presse berichten«, fuhr sie fort. »Jede Reportage über die Inneneinrichtung einer Villa oder eines Schlosses steigert die Nachfrage nach fähigen Innenarchitekten. Und ein bisschen Klatsch gehört dazu und schadet niemanden.« Maren hoffte, dass sie die richtige Taktik angewandt hatte. Wenn nicht, hatte sie alles verdorben.
»Klatsch kann sehr wohl schaden«, erwiderte Rolf. Er schien den Köder geschluckt zu haben. »Vor allem, wenn alles gelogen ist.«
»Ja, so was ist natürlich schlimm«, gab Maren zu. Sie wartete, bis er von sich aus weiterredete. Es war wichtig, dass sie ihn nicht bedrängte.
»Ich verachte die Presse«, sagte er plötzlich kalt. Er zögerte, dann brach es aus ihm heraus. »Eine Boulevardzeitung hat meinen Großvater ruiniert.«
Marens Herz stolperte. Jetzt hatte sie ihn genau da, wo sie ihn haben wollte. Bedräng ihn nicht , ermahnte sie sich. Er hasst es, wenn man ihm Fragen stellt. Also stell ihm keine. Er muss entscheiden, ob er redet oder nicht. Er braucht diese Freiheit.
»So etwas ist furchtbar«, flüsterte sie daher nur. »Das tut mir leid.« Sie streichelte ihm über den Handrücken. Jetzt den Mund zu halten und geduldig abzuwarten, fiel ihr schwer. Aber sie schaffte es, die Reporterin in ihr war wieder voll erwacht.
Endlich brach er das Schweigen. »Mein Großvater wurde beschuldigt, Geld veruntreut zu haben. Diese Schlammschlacht ging über mehrere Wochen, und die falschen Anschuldigungen haben seine Firma beinahe ruiniert. Er bekam einen Herzinfarkt und starb, noch bevor wir die Wahrheit beweisen konnten.« Rolf schluckte. »Sein Tod hat uns sehr mitgenommen, aber es kam noch schlimmer. Die Presse schrieb von Selbstmord, behauptete, sein Freitod wäre ein Schuldeingeständnis. Sogar unser Hausarzt wurde verdächtigt, den Totenschein gefälscht zu haben. Und nachdem wir die Unschuld meines Großvaters endlich beweisen konnten, erfolgte die Zurücknahme aller Behauptungen in Form einer winzigen Gegendarstellung.«
Er strich sich über die Stirn. »Kannst du dir vorstellen, wie wir uns gefühlt haben?«
Maren nickte stumm. Sie kannte die Details schon. Rolf sprach zwar von einer Firma, meinte damit aber die Privatbank seiner Familie.
»Das ist schrecklich«, flüsterte Maren. »Konnte man die Reporter nicht zur Rechenschaft ziehen?«
Rolf lachte humorlos auf. »Nach den Worten des gegnerischen Anwalts haben die nur ihren Job gemacht. Es lebe die Pressefreiheit. Die Öffentlichkeit hat schließlich ein Recht darauf, informiert zu werden …« Düster
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