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Laienspiel

Laienspiel

Titel: Laienspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr Volker Klüpfel
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Kampf gegen die menschlichen Schwächen. Kluftinger verstand nicht alles, aber eines wurde ihm klar: Es ging im Islam nicht primär um Gewalt, wie zurzeit oft suggeriert wurde. Es ging um die Suche nach Gott, den Kampf mit sich selbst, den man ausfechten musste, um Zugang zum Heil zu finden. Aber für einige war diese Lehre ein willkommenes Mittel, Kriegshetze und letzten Endes einen Kulturkampf zu betreiben.
    Kluftinger schaute kurz auf den Bildschirm seines Vordermannes, der sich gerade auf einer Gebrauchtwagen-Börse herumtrieb. Der Kommissar meinte, das giftgrüne Modell eines Renault »R4« zu erkennen. Sie hatten selbst einmal ein solches Auto gehabt, und Kluftinger erinnerte sich gern an diese Zeit, als er und Erika noch frisch verheiratet waren. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, als er an die einfachen Stahlrohrstühle mit Stoffbespannung dachte, die darin als Sitze montiert gewesen waren und die sich nicht einmal richtig hatten verstellen lassen.
    Dann widmete er sich wieder seinen »Studien«. Offenbar gab es zwei Koransuren, die als Legitimation zu kriegerischem Handeln, also auch zum Terrorismus herangezogen wurden. In der mit 9:5 angegebenen Stelle stand: »Und wenn nun die heiligen Monate abgelaufen sind, dann tötet die Heiden, wo immer ihr sie findet, greift sie, umzingelt sie und lauert ihnen überall auf! Wenn sie sich aber bekehren, das Gebet verrichten und die Almosensteuer geben, dann lasst sie ihres Weges ziehen!« Das machte tatsächlich einen recht martialischen Eindruck auf den Kommissar. Ebenso wie die Stelle 9:29, wo es hieß: »Kämpft gegen diejenigen, die nicht an Gott und den Jüngsten Tag glauben und nicht verbieten, was Gott und sein Gesandter verboten haben, und nicht der wahren Religion angehören … von denen, die die Schrift erhalten haben, bis sie kleinlaut aus der Hand Tribut entrichten!«
    Kluftinger las die Zeilen ein paar Mal durch. Eindeutig Aufrufe zur Gewalt, dachte er. Aber war das in der Bibel anders? Das Wort »töten« musste man auch dort nicht lange suchen. Er hielt inne. Was war nur der Grund dafür, dass Religion scheinbar immer Hand in Hand mit Gewalt ging? Die Geschichte war voll von Beispielen, die dies belegten. Allerdings war das wohl weniger auf die Religion als vielmehr auf den Menschen zurückzuführen. Vielleicht würde er einmal Gelegenheit haben, darüber mit Yildrim zu sprechen.
    Die Neugierde trieb Kluftinger weiter bei seiner Recherche, und er gab schließlich das Wort »Tadschikistan« ein. Er wusste bereits, dass über neunzig Prozent der Bevölkerung dort dem Islam angehörten. Neu war ihm jedoch, dass es eine deutschstämmige Minderheit in dem kleinen Land gab, die allerdings zahlenmäßig nicht ins Gewicht fiel: Nur rund eintausendfünfhundert Menschen zählten dazu.
    Er klickte sich weiter durch die angegeben Links, als plötzlich zahlreiche Fenster aufsprangen. Kluftinger klickte wild auf dem Bildschirm herum, hatte aber den Überblick verloren und verstrickte sich immer tiefer in den fremdländischen Netzwelten. Unvermittelt ging ein weiteres Fenster auf, das offenbar tadschikische Mädchen in Militäruniformen und schwerer Bewaffnung zeigte. Die Mädchen begannen, ohne dass er irgendetwas dazu getan hätte, ihre Uniformen abzulegen und sich gegenseitig mit den Waffen zu streicheln. Kluftinger lief knallrot an und versuchte, die Seite wieder wegzuklicken. Da er aber weit über ein Dutzend geöffneter Fenster auf dem Bildschirm hatte, gelang ihm das nicht. Mit einem Mal setzte auch der Ton ein: ein wildes Gestöhne durchsetzt mit russisch klingenden Wortfetzen. Der Kommissar schluckte, seine Adern pulsierten, und er konnte sein Herz bis in seinen Kopf hämmern hören.
    Ihm fiel nichts Besseres ein: Er schaltete einfach den Bildschirm aus. Sollte sich später eben jemand anders darum kümmern … mit geräuschvollen Sexseiten würde er dem obersten Gebot bei Beschattungen … Bleib unbemerkt! … jedenfalls kaum Genüge tun.
    Tief durchatmend lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und wischte sich ein paar Schweißperlen von der Stirn … als er bemerkte, dass der Ton mit Ausschalten des Bildschirms keineswegs verstummt war. Er kam nicht, wie bei ihnen im Büro, aus den Lautsprechern des Bildschirms, sondern direkt aus dem PC. Er schluckte. In diesem Moment schloss sein Vordermann das Programm und erhob sich. Kluftinger nutzte dies als willkommenen Anlass, ebenfalls aufzustehen, das Gestöhne Gestöhne sein zu lassen und dem Mann zu

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