Laienspiel
bin?«
»Oho! Hat der große Meister des Feuers etwa Angst vor den Flammen?«
Kluftinger lief rot an. Woher kannte sein Vater diesen Namen? Doch er fragte ihn nicht danach, denn das Lob von Kluftinger senior traf ihn unvorbereitet und lenkte ihn ab: »Schau mal, es funktioniert. Toll, das hast du gut gemacht, Bub. Auch auf Umwegen kommt man eben ans Ziel.«
Kluftinger überhörte den letzten Teil einfach und freute sich: Der Grill funktionierte, blaue Flämmchen züngelten aus dem mit so viel Mühe eingebauten Brenner. Kluftinger senior drehte das Gas wieder ab, winkte seinen Sohn zu sich her und forderte ihn auf, es doch nun einmal selbst zu versuchen.
»Also bitte, das mach ich nachher, wenn wir auch wirklich grillen.«
»Probier’s lieber gleich. Dann weißt du, wie es geht.«
»Meinst du, ich hab noch nie einen Gasherd angemacht? Ich mach doch jetzt nicht das Kasperle!«
Nachdem sich Kluftinger fünf weitere Minuten erfolgreich geweigert hatte, den Grill unter Aufsicht des Vaters anzuzünden, hatte der sich kopfschüttelnd ins Innere zurückgezogen. Jetzt war der Zeitpunkt für Kluftinger gekommen, selbst den Grill anzuzünden. Problemlos glückte ihm die Aktion und zu seiner Zufriedenheit hatte sein Vater auch nichts davon mitbekommen.
Kluftinger löschte die Flammen und ging in die Küche, um die Steaks zu holen, die er mit seiner Hausmarinade, einer Mischung aus Cayennepfeffer, Maggi und Senf bestrichen und dann noch eine Weile in Öl eingelegt hatte.
Dort aber hielten ihn »seine beiden Frauen«, wie er öfters sagte, so mit verschiedenen Aufträgen wie der Getränkeauswahl und -beschaffung, dem Decken des Tisches und dem Öffnen einiger Konservengläser auf Trab, dass er erst eine Dreiviertelstunde später mit Erikas großer Tupperschüssel, einer grasgrünen »Hier-kocht-der-Chef-Schürze«, einer großen, umfunktionierten OP-Pinzette vom Flohmarkt und sage und schreibe zwölf Steaks wieder vor seinem neuen Grill stand.
Kluftinger drehte am Stellrad der Gasflasche und drückte auf den Knopf mit der Aufschrift »Piezo-Zündung«. Obwohl Kluftinger nicht genau wusste, was das bedeuten sollte, wusste er ja nun, dass man den Grill dort startete. Tatsächlich züngelten nach einem Knacksen blaue Gasflammen aus dem Brenner … allerdings größere, als er es erwartet hatte. Doch nach weniger als zwei Sekunden waren sie wieder erloschen. Auch nach mehrmaligem Betätigen des Zündknopfes tat sich nichts. Er kontrollierte die Flasche und schüttelte den Kopf. Sie war zu. Er musste sie soeben abgedreht haben. Er öffnete stirnrunzelnd das Stellrad, drückte die Zündung … nichts. Hatte er sie denn nicht … Kluftinger wurde es heiß und das ganz ohne Flamme: Er hatte vorher vergessen, die Flasche wieder zu verschließen. Jetzt hatte er einen Grill, der mit Gas betrieben wurde, eine völlig leere Gasflasche und einen Vater, der auf jede Frage eine Antwort wusste. Und in diesem Fall auch noch Recht gehabt hatte. Aber diese Genugtuung wollte er ihm nicht gönnen. Nicht heute.
Nach kurzem Nachdenken steuerte Kluftinger den Keller an, den er zwei Minuten später mit einem großen papiernen Sack wieder verließ. Aus diesem schüttete er Holzkohle auf die Lavabrocken im Grill, mischte alles mit einem alten Schürhaken, ging in die Garage, holte Spiritus und goss praktisch die ganze Flasche über das Kohle-Stein-Gemisch.
Gerade in dem Moment, als der Kommissar ein Streichholz aus der Packung fingerte und anstrich, kamen seine Eltern, seine Frau und Markus mit Yumiko auf die Terrasse.
»Nein, wir müssen wirklich nicht die Feuerwehr rufen. Und er muss auch nicht zum Arzt. Er hat sich doch nur Wimpern und Brauen versengt. Und seinen Vollbart. Aber um den ist es eh nicht schade«, versuchte Erika zwei Minuten darauf ihre Schwiegermutter zu beruhigen. Sie hatten sich alle wegen der starken Rauchentwicklung des nach wie vor in Flammen stehenden Grills und des heranziehenden Gewitters, das sich mit ersten Tropfen ankündigte, ins Haus zurückgezogen.
»Jetzt hilf dem Buben doch, bevor noch was Schlimmeres passiert«, schimpfte Hedwig Kluftinger mit ihrem Mann.
»Hab ich jetzt den Grill abgefackelt oder er?«, hielt Kluftinger senior dagegen.
»Könntet ihr bitte nicht in der dritten Person von mir reden? Ich bin ja noch da!«, mischte sich der Kommissar ein.
Markus betrachtete den Disput amüsiert und versuchte seine verschreckte Freundin davon zu überzeugen, dass derartige Explosionen im Hause Kluftinger
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