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Laienspiel

Laienspiel

Titel: Laienspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr Volker Klüpfel
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Autobahn, das nun folgte, bezahlen musste. Sicher. Dreizehn Euro. Aber kostete das Pickerl nicht irgendwas um die sieben Euro? Vielleicht meinte das Gerät auch die Strafe, falls er sich keins kaufte. Er war einigermaßen beeindruckt, mit welchen Informationen so ein kleiner Kasten doch aufwarten konnte.
    Er nahm also die Abfahrt, was dem Willen des Geräts offensichtlich entsprach, denn es protestierte nicht. Sie passierten das Ortschild Lindau, als sich kurz darauf die Stimme wieder meldete: »Dreizehnvenstre.«
    Kluftinger runzelte die Stirn. Was sollte das den nun wieder bedeuten? Es klang wie … wie »dreizehn Fenster«. Wieder sehr vernuschelt. Was hatte die Frau da drin denn nur mit der Dreizehn? Der Doktor hatte ihnen wohl einen ziemlichen Schrott angedreht. Das hätte er sich ja auch gleich denken können. Vor Erika den Großherzigen spielen und sich tatsächlich doch nur seinen Elektronikschrott versilbern lassen wollen. Angestrengt blickte er nach draußen. Was konnte die Stimme gemeint haben? An der nächsten Kreuzung stand ein einzelnes Haus auf der linken Seite. Ob es das war? Er versuchte, schnell die Fenster daran zu zählen, doch das Unterfangen war von vornherein zum Scheitern verurteilt. Erstens hatte er nicht genug Zeit, zweitens sah er ja nur die Vorderseite mit ihren … vier Fenstern. Es konnte also durchaus hinkommen, dass sie … das Schild. Tatsächlich, es ging links Richtung Bregenz. Er setzte den Blinker und bog ab.
    »Respekt. Sie sind ja richtig polyglott«, sagte Yildrim plötzlich. An dem Tonfall merkte Kluftinger, dass es ein Kompliment gewesen war. Aber was es bedeutete, wusste er nicht. Besonders flott vielleicht? Er blickte auf den Tacho. Gerade passierten sie die ehemalige Grenzstation. Wie war noch mal die Geschwindigkeitsbegrenzung für Österreich?
    Sie fuhren eine Weile am See entlang, dessen wunderschönen Anblick Kluftinger aufgrund seiner Anspannung gar nicht richtig würdigen konnte. Er kam sich vor wie bei einer Schnitzeljagd. Was würde sich das Gerät als Nächstes für ihn ausdenken? Dreizehn Löwenzahnblüten? Litfaßsäulen?
    »Kannschnobissleweiterfahrn.« Kluftinger war platt. Sprach das Ding im Dialekt? Gab es das? Aber es hatte sich eindeutig so angehört.
    »Wo haben Sie denn das gelernt?«, fragte Yildrim.
    »Hm?« Kluftinger wusste nicht, was er meinte.
    »Die Sprache.«
    Der Kommissar verstand kein Wort. Redeten jetzt alle in Rätseln?
    »Dänisch, meine ich.«
    Hätte er gerade eine Unterhaltung mit den ersten auf der Erde gelandeten Außerirdischen geführt, er hätte nicht ratloser sein können. Wie kam Yildrim auf die abwegige Idee, dass er Dänisch konnte?
    »Aber das finde ich wirklich eine gute Idee. Das Navi auf Dänisch einzustellen. Muss ich auch mal machen, da bleibe ich in der Übung.«
    Schlagartig wurde Kluftinger alles klar. Vor seinem geistigen Auge sah er seinen Sohn vor sich, wie er sich mit einem diabolischen Grinsen ins Auto beugte und an dem Gerät herumfummelte. »Markus!«, zischte er zwischen den zusammengepressten Zähnen hervor.
    Als sie das Ortschild Bregenz passiert hatten, tat er etwas, was er früher für absolut undenkbar gehalten hätte: Er schaltete das Gerät aus, fuhr, von den fragenden Blicken seiner Mitfahrer begleitet, an den Straßenrand, kurbelte das Fenster herunter und fragte den erstbesten Passanten nach dem Weg. Besondere Situationen erforderten besondere Maßnahmen.
    Eine Stunde später standen sie im Zuschauerbereich der Seebühne. Yildrim hatte den zuständigen Kollegen die Lage erläutert und in immer längere Gesichter geblickt. Am Schluss hatte betretenes Schweigen geherrscht. Kluftinger konnte die österreichischen Polizisten gut verstehen. Noch vor ein paar Tagen war das Wort »Terror« auch für ihn nur eine Vokabel aus den Nachrichten gewesen.
    Als sie mit einer kleinen Delegation die Seebühne betreten hatten, hatte dieser Gedanke jedoch für eine Weile an Gewicht verloren. Fassungslos starrte er auf den Bühnenkomplex, der dort im Bodensee errichtet worden war. Noch nie hatte er etwas Derartiges gesehen. In der Zeitung hatte er immer wieder Bilder von den Aufbauten für die Bregenzer Festspiele gesehen: ein Skelett so hoch wie ein mehrstöckiges Haus, ein Buch in der Größe eines Fußballplatzes, eine Bistro-Einrichtung mit Tischen so groß wie Hubschrauber-Landeplätze.
    Doch was er nun sah, wirkte nicht nur gewaltig, sondern auch ein bisschen furchteinflößend. Ein riesiges Auge starrte sie

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