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Laienspiel

Laienspiel

Titel: Laienspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr Volker Klüpfel
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ein normales Datum gewesen, hätte er vielleicht nichts bemerkt. Doch bei diesem handelte es sich um seinen Hochzeitstag. Den hatte er nur einmal vergessen – und nachdem Erika daraufhin eine Woche lang die Kommunikation eingestellt hatte, nie wieder.
    Als er in die Parallelwelt des War Rooms zurückkehrte, ging er sofort auf den schmächtigen Kollegen zu, mit dem er vorher am Rechner gesessen hatte. »Schauen Sie doch mal bei dem Schumacher nach, ob der auch höhere Beträge auf dem Konto hat und ob die Daten übereinstimmen.«
    »Schumacher?«
    Kluftinger erklärte ihm kurz, wen er meinte. »Der war nämlich zur gleichen Zeit in Tadschikistan. Und dann prüfen Sie bitte noch bei den anderen zwei, dem Latif Morodov und dem Hamadoni, ob die ebenfalls verreist waren. Und bitte geben Sie mir gleich Bescheid, wenn Sie was wissen. Vielleicht waren die als Gruppe unterwegs, und wir können die anderen Mitglieder ausfindig machen. Das wäre ja wirklich …« Kluftinger war aufgeregt, wagte aber nicht, den Gedanken laut auszusprechen.
    Er sah auf die Uhr: Es war kurz vor sieben. So schnell würde er hier nicht rauskommen, das war ihm nun absolut klar. Und mittlerweile wollte er das auch gar nicht mehr. Er hatte das Gefühl, dass sie ganz nah dran waren – auch wenn er nicht genau wusste, woran. Er würde wohl die ganze Nacht in der Dienststelle verbringen. Er hatte das bisher nur ein einziges Mal gemacht, das war viele Jahre her, bei einem Familiendrama mit Geiselnahme. Obwohl er gestresst war, fühlte er sich bei der Erinnerung an diesen Fall ein bisschen verjüngt. Doch das Gefühl, an einem Abenteuer teilzuhaben, schwand sofort, als er an die möglichen Folgen dachte, sollten sie versagen. Noch einmal sah er auf die Uhr. Er musste zu Hause anrufen, sonst würde sich seine Frau Sorgen machen. Und seinem Sohn sagen, dass er heute ohne ihn heimfahren könne. Er setzte sich an einen Tisch mit einem freien Telefon.
    Das polizeiinterne Telefonat mit seinem Sohn erledigte er zuerst. Markus versprach ihm, nach dem abendlichen Weggehen noch einmal im Büro vorbeizukommen. Vielleicht könne er dann mit nach Hause fahren.
    Dann wählte Kluftinger seine eigene Nummer. Erika hob nach dem ersten Klingeln ab. Offenbar hatte sie schon auf seinen Anruf gewartet.
    »Ist was passiert?«, fragte sie. Das war immer ihre erste Frage, wenn etwas vom alltäglichen Gang abwich. Diesmal konnte er sie nicht einmal gänzlich verneinen: »Noch nicht. Deswegen kann ich heut auch nicht heimkommen. Wir haben sehr viel zu tun. Also dann, gell …« Kluftinger wollte das Gespräch so schnell wie möglich beenden. Es war ihm unangenehm, in der ganzen Hektik hier Privatgespräche zu führen.
    »O Gott, aber nicht wieder was mit einer Bombe oder einer Schießerei?« Seine Frau klang sehr besorgt.
    »Nein, nix dergleichen. Wir sind im Büro. Aber ich weiß nicht, ob ich heut überhaupt heimkomme. Also …«
    »Heut ist doch Generalprobe.«
    »Herrgott, Erika, wir haben zu tun. Ich hab halt mal keinen stinknormalen Beruf.«
    »Ja, leider.«

    Er wusste, dass sie das nicht ernst meinte.
    »Hast du denn was dabei?«
    »Wie meinst du das? Was dabei?« Er versuchte, möglichst leise zu sprechen.
    »Ja, was zum Essen halt. Und einen Schlafanzug. Und eine Zahnbürste?«
    »Erika, das ist hier kein Zeltlager. Ich glaub nicht, dass ich meinen Schlafanzug brauche.«
    »Was? Kannst du nicht lauter reden? Ich versteh dich so schlecht.«
    »Ich glaub nicht, dass wir hier zum Schlafen kommen.«
    »Was?«
    »Ich brauch keinen SCHLAF-AN-ZUG!« Für einen Moment verstummten die Gespräche im Raum. Spöttisch grinsend sahen die Kollegen zu ihm herüber. Mit einer wegwerfenden Handbewegung gab er ihnen zu verstehen, sich wieder um ihre eigenen Sachen zu kümmern. »Und zum Essen werden wir schon was auftreiben.«
    »Aber wirklich. Sonst bring ich dir noch was vorbei.«
    »Bitte nicht.«
    »Ja, weißt du, nicht, dass du nur Kaffee in dich rein schüttest. Es ist wichtig, dass du was isst und viel trinkst.«
    »Versprochen.«
    »Ehrlich?« Erika klang nicht überzeugt.
    »Ehrlich. Du, ich muss wieder, gell. Bis dann.«
    Er legte auf. Der größte Brocken war geschafft. Das heißt: Ein unangenehmes Telefonat stand noch aus. Er wählte die Handynummer des Bürgermeisters.
    »Hösch?«
    »Ja, ich bin’s, der …«
    »Klufti, endlich. Herrgottnochmal, du weißt schon, dass jetzt gleich Generalprobe ist? Der Frank wollte was von dir. Wegen der Fackeln. Aber er erwischt

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