Laienspiel
seine Kollegin standen hinter einem Tisch, an dem ihnen gegenüber ein für seine Lage recht entspannt wirkender Kudratov saß. Der Tisch, an dem Bydlinski und der Kommissar Platz genommen hatten, stand etwas entfernt im Neunzig-Grad-Winkel davon. Die beiden BKA-Beamten nahmen den Mann gerade ins Kreuzverhör. Wie eine drohende Gewitterwand hatten sie sich vor ihm aufgebaut, was bislang jedoch denkbar wenig Wirkung gezeigt hatte. Kluftinger hingegen hatte, wie auch der Österreicher, noch keine einzige Frage gestellt.
»Wir fragen Sie erneut«, hob die Lahm wieder mit scharfer Stimme an, »zu welchem Zweck sind Sie und die anderen Personen, die wir Ihnen genannt haben und die allesamt mit Ihnen in Kontakt stehen, im letzten Herbst nach Duschanbe geflogen?«
»Gute Frau, ich habe Ihnen schon erklärt, es gibt mehr Zufälle im Leben, als wir glauben. Es war eine nette Überraschung, dass weitere Kemptener zu diesem Zeitpunkt dorthin geflogen sind, mehr nicht. Die müssen Sie schon selbst nach ihrem Aufenthalt befragen. Ich habe meine Familie besucht und eine kleine Studienreise angehängt.«
»Eine Studienreise in ein Ausbildungscamp für Terroristen, geben Sie es doch endlich zu!«, blaffte Yildrim ihn an.
»Herr Yildrim, Sie scheinen nicht ganz im Bilde über mein Heimatland zu sein. Ihre ›Terroristencamps‹, das sind doch Erfindungen der Amerikaner und ihrer imperialistischen Verbündeten. Eine weitere Propagandalüge im Kampf gegen angebliche Schurkenstaaten. Dass ein Mann Ihres Kalibers und Ihrer Herkunft darauf hereinfällt, ist ein Armutszeugnis für die deutschen Ermittlungsbehörden. Und dass ein bloßer Heimaturlaub meinerseits behandelt wird wie ein Staatsverbrechen, ebenfalls.«
Yildrim ging gar nicht auf die Provokation des Tadschiken ein, stattdessen schaltete sich Bydlinski ein: »Herr Kudratov, Ihre Beteiligung an den Vorbereitungen zu dem geplanten Terrorakt liegt eh so eindeutig auf der Hand, dass Sie auch gleich auspacken können.« Der Österreicher erntete dafür von Kudratov ein müdes Lächeln, von den anderen aber einen tadelnden Blick. Dieser Satz stellte ihre Machtlosigkeit und Verzweiflung im laufenden Fall erst richtig zur Schau.
»Ihr Konto und das des Vereins weisen riesige Geldbewegungen aus dem Ausland auf«, fuhr Yildrim fort.
»Sehen Sie, unser Verein ist gemeinnützig, wie Sie wissen. Wir sind auf Spenden unserer Mitglieder angewiesen. Die werden zu verschiedenen Zwecken verwendet: Unterstützung bedürftiger Landsleute, Kulturprojekte, religiöse Unterweisung und eben auch Studienreisen. Wir sind sehr froh über unsere großzügigen Mäzene.«
»Nun sprechen Sie selbst die Studienreisen an. Sie wussten also doch von den anderen Mitgliedern?«
»Nein, ich habe allgemein gesprochen.«
»Wer verwaltet die Gelder der ›Mäzene‹, wie Sie sie nennen?«
»Vieles geht über unseren Verein, aber nicht alles. Oft wenden sich die Mitglieder direkt an die Unterstützerfamilien in unserem Heimatland.«
»An Familien wie den Iljanov-Clan?«
»Beispielsweise.«
»Die international bekannten Waffenschieber?«
»Wie gesagt: Wir sind sehr dankbar dafür und fragen nicht nach.«
»Das sollten Sie aber tun, Kudratov. Sie zeichnen als Vorsitzender verantwortlich dafür, wenn Sie Gelder aus Drogen- und Waffenhandel waschen. Kudratov, ich garantiere Ihnen: Wenn Sie nicht mit uns kooperieren, dann lasse ich Sie hopsnehmen.«
Yildrims Augen hatten sich zu Schlitzen verengt. Er ging ganz nah zu Kudratov, senkte seine Stimme und drohte: »Wir haben einen Angehörigen des Clans unter Beobachtung. Es wäre uns ein Leichtes, ihn aufgrund einer Zeugenaussage hochzunehmen. Natürlich könnte es wegen einer kleinen Indiskretion dazu kommen, dass die Iljanovs erfahren, wer dieser Zeuge war, der ihren Sprössling verpfiffen hat. Und in diesem Moment lassen wir Sie wieder frei. Und dann viel Spaß in Ihren letzten paar Lebensminuten.«
»Sie wollen mich erpressen?«, fragte Kudratov ruhig.
»Erpressen? Nein, wie gesagt, ich möchte, dass Sie kooperieren. Und ich möchte Ihnen das so schmackhaft wie möglich machen. Wenn nicht, müssen Sie eben büßen.«
»Sie bringen mich zu keiner Aussage mehr. Ich habe Ihnen gesagt, was ich weiß. Und Sie können mich maximal vierundzwanzig Stunden festhalten. Danach schicken Sie mir wieder diese ach so unauffälligen Pappnasen hinterher, wie? Meinen Sie eigentlich, die sind diskret?«
Keiner reagierte auf die neuerliche Provokation. Stattdessen übernahm
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