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Laienspiel

Laienspiel

Titel: Laienspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr Volker Klüpfel
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die Pinnwand nach sich zogen, fühlte sich Kluftinger bereits wie durch den Fleischwolf gedreht. Er verordnete sich daher eine kurze Pause und ging zur Toilette. Als er sich am Waschbecken kaltes Wasser ins Gesicht klatschte und anschließend in den Spiegel blickte, erschrak er ein wenig: Seine Haut wirkte im Kontrast zu seinem dunklen Bart papieren und blass. Mit Grausen dachte der Kommissar daran, wie er wohl nach dieser sicher noch langen Nacht aussehen würde. Die letzten Tage waren doch ein bisschen viel gewesen.
    Als er in den War Room zurückkehrte, dessen Bezeichnung er geistig nun für sich bereits übernommen hatte, wartete ein ihm unbekannter, aufgeregter Beamter mit militärischem Stoppelhaarschnitt auf ihn. Vielleicht war es einer von Yildrims Leuten; Kluftinger fragte nicht danach. Sie setzten sich, und der Beamte legte ihm ein paar Computerausdrucke vor. Kluftinger überflog sie, sah eine Menge Zahlen, wusste aber nicht, was er damit anfangen sollte. Er blickte den Kollegen Hilfe suchend an.
    »Das sind Kontoauszüge. Von Leonid Bishkek, dem … na ja, Sprengmeister des gestrigen Anschlags. Wie Sie sehen, gibt es da einige interessante Fakten herauszulesen.«
    Kluftinger sah nichts, nickte aber. »Und auf welche heben Sie speziell ab?«, fragte er.
    »Zum Beispiel hier: Das Konto wies relativ hohe Beträge auf. Von Anfang an. Weitere sehr hohe Beträge wurden nach einem Besuch in Tadschikistan eingezahlt. Hier, sehen Sie: Das Reisedatum steht bei der Überweisung dabei. Vor wenigen Tagen aber, am … warten Sie …«, er suchte mit dem Finger auf dem Papier herum, »… ja genau, da: vor zwei Tagen wurde das Konto leergeräumt. Bis auf einen Euro vierundvierzig. Stellen Sie sich das vor: Alles auf andere Konten überwiesen, zum großen Teil im Ausland. Welches Land, brauche ich Ihnen wohl nicht extra zu sagen.«
    Der Kommissar nickte.
    Die Tür ging auf, und einige Polizisten kamen mit Kisten beladen herein. »Wohin damit?«, fragte einer in den Raum.
    »Stellen Sie’s dort hin«, antwortete Yildrim und zeigte auf jenen großen Tisch, auf dem Willi Renns Computer stand.
    Fragend blickte Kluftinger zu Yildrim.
    »Das sind die Sachen aus der Wohnung von Latif Morodov«, beantwortete der BKA-Mann Kluftingers Blick und fuhr dann, an zwei andere Kollegen gewandt, fort: »Macht euch gleich mal drüber, vielleicht finden wir was. Aber stimmt bitte vorher mit Herrn Renn ab, ob der noch Spuren braucht.«
    Die zwei Kollegen zogen sich in den hinteren Bereich des Raumes zurück. Kluftinger sah ihnen nach – und hatte plötzlich eine Idee. Er bedankte sich bei dem Beamten mit den Stoppelhaaren und bat um Kopien der Kontoauszüge. Dann stand er auf und ging zu den beiden anderen. »Sind da auch Kontoauszüge drin?«, wollte er wissen.
    Die Beamten sahen auf eine Liste, die auf den Kartons klebte, und schüttelten den Kopf. »Tut uns leid.«
    »Kruzifix!«, schimpfte Kluftinger und setzte sich wieder an seinen Platz. Dabei war der Gedanke so naheliegend gewesen. Etwa fünf Minuten lang haderte er mit seinem Schicksal, dann kam einer der beiden, die die Kisten durchforsteten, plötzlich zu ihm. »Sie haben doch gerade wegen der Auszüge gefragt«, sagte er.
    »Ja?«
    »Naja, es sind eben keine drin, aber …«, er machte eine kurze Pause, bevor er fortfuhr, »… ich habe das hier gefunden.« Er reichte Kluftinger ein Papierstück.
    Der Kommissar begutachtete es und gab es dann dem Mann zurück. »Das ist eine Bankmitteilung über die Einrichtung eines Online-Kontos.«
    Der Mann verzog das Gesicht zu einem triumphierenden Grinsen: »Und die PIN-Nummer ist auch dabei.«
    Jetzt grinste auch Kluftinger. »Könnten Sie mir mal …«
    »Tut mir leid, Herr Yildrim hat uns ausdrücklich gesagt, wir sollen mit den Kisten weitermachen.« Mit diesen Worten drehte sich der Mann um und gesellte sich wieder zu seinem Kollegen.
    Kluftinger überlegte kurz. Er brauchte irgendeinen Computerfachmann, aber vielleicht nicht gerade jemanden aus der Task Force. Schließlich musste er seine Defizite im EDV-Bereich ja nicht mehr als nötig seinen Kollegen vor Augen führen. Da erinnerte er sich wieder an Yildrims Aussage, dass sie jeden, den sie benötigten, für sich einspannen könnten, weil ihre Aufgabe absolute Priorität genieße.
    Fünf Minuten später saß der Kommissar mit einem mageren, farblosen Mann mit grauem Sakko, der ihn ein bisschen an Maier erinnerte, am Rechner. Yildrim hatte ihn empfohlen, nachdem er

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