Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Laienspiel

Laienspiel

Titel: Laienspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr Volker Klüpfel
Vom Netzwerk:
Wüterich, der hat nun seinen Lohn. Hat’s lang verdient ums Volk von Unterwalden …«
    »Aha, gehen Sie noch mal Ihren Text durch?«
    Der Doktor schien ihn gar nicht zu bemerken. Mit den Händen vollführte er seltsam aussehende, ausladende Bewegungen.
    »… frisch Fährmann, schaff den Biedermann hinüber.«
    »Geht nicht, ein schweres Ungewitter ist im Anzug«, sprach nun Kluftinger einfach seinen Text hinein. Jetzt sah Langhammer auf. Er verzog sein Gesicht, schürzte die Lippen und bat dann: »Stören Sie mich bitte nicht. Für Sie ist das heute hier vielleicht ein einziger großer Spaß, aber für mich …«
    »Wie: Spaß?«
    »Na, ich hab mit dem Herrn Bürgermeister gesprochen. Er hat mir gesagt, dass Sie nicht spielen. Ich hingegen habe heute einen Auftritt, also wenn Sie so nett wären …«
    »Ich auch.«
    »Bitte?«
    »Ich trete auch auf. Ich hab’s dem Hösch gerade gesagt. Wir haben zurück getauscht.«
    »Zurück getauscht?« Langhammers Stimme klang schrill. »Um Gottes willen! Und das sagen Sie mir erst jetzt? Ich hab mich gedanklich schon so auf den Herrn Hösch eingestellt, wie soll ich denn jetzt …«
    »Da müssen Sie sich halt wieder zurück umstellen. Als Rollenträger im Freilichtspiel muss man sich eben immer wieder auf ganz verschiedene Partner einstellen können.«
    »Na, darin sind Sie ja geübt«, erwiderte der Arzt mit einem sarkastischen Unterton.
    »Hm?«
    »Sie brauchen sich jetzt nicht mehr zu verstellen, Herr Kluftinger. Ich weiß Bescheid.«
    »Sie … wissen Bescheid?« Kluftinger hatte keine Ahnung, wovon der Doktor redete. Spielte er etwa auf die Task Force an? Davon konnte er unmöglich etwas mitbekommen haben.
    Der Doktor bemerkte sein Zögern und setzte nach: »Ja, da gucken Sie, was? Ihr Spiel ist aufgeflogen. Ich habe Sie gesehen. Und nicht nur einmal.«
    Noch immer verstand der Kommissar kein Wort. »Wo denn gesehen?«
    »Wohl eher wobei.«
    »Herrgottnochmal, jetzt tun Sie nicht so geheimnisvoll. Also: Wobei haben Sie mich denn gesehen?«
    »Na, neulich, vor meiner Praxis. Im Auto. Bei dieser …«, er schüttelte angewidert den Kopf, »… unglaublichen Handlung. Und dann noch einmal, ein paar Tage später, als Sie vom Parkplatz dieses … Etablissements in Kempten gefahren sind. Kluftinger, ich bitte Sie: am helllichten Tag. Und eine reicht Ihnen wohl nicht, wie? Sie können wohl nicht genug bekommen?«
    Langsam dämmerte es dem Kommissar. Die Situation vor seiner Praxis, auf die er anspielte, musste sein kurzer Halt mit Marlene Lahm gewesen sein, als sie ihr Handy gesucht hatte und sich dabei heruntergebeugt … Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Daher wehte also der Wind. Doch anstatt über den Vorwurf entsetzt zu sein, fühlte er sich sogar ein wenig geschmeichelt. Dass ihm der Doktor so etwas noch zutraute … Er überlegte einen Augenblick, dann antwortete er mit fester Stimme: »Ein Mann wie ich hat eben seine Bedürfnisse.«
    Zufrieden beobachtete er, wie dem Doktor der Kiefer nach unten klappte. Er meinte sogar, etwas wie Bewunderung in den Augen des Arztes zu entdecken. Mit einem »Also dann: toi, toi, toi« wandte der Kommissar sich um und ging.
    »Mei, Klufti, jetzt hab ich dein Bier auch noch trinken müssen«, rief ihm Edgar Schauer zu, als er zu seinem Auftrittsort kam. Gerade hatte der Regisseur per Lautsprecher hinter der Bühne durchgegeben, dass das Spiel in wenigen Minuten beginnen werde. Kluftinger, der eigentlich Erika und seinen Sohn hatte suchen wollen, musste dieses Vorhaben erst einmal aufgeben und trat zu der kleinen Gruppe um Schauer.
    »Und, alles klar?«, sagte der und versetzte dem Kommissar wieder einen seiner gefürchteten Prankenhiebe auf die Schulter.
    »Ja, ja, alles klar. Und bei euch?«
    »Könnt nicht besser sein, oder?« Alle nickten. »Das Wetter ist gut, die Bude ist voll – was will man mehr.«
    Alfred Zeller, der Kommandant der Feuerwehr, beugte sich zu Kluftinger und flüsterte ihm ins Ohr: »Sag mal, deinem Spielkollegen geht’s nicht so gut, oder?«
    Der Kommissar folgte seinem Blick und sah ein paar Meter weiter Langhammer, der mit kreidebleichem Gesicht auf und ab ging und noch immer seinen Text vor sich hin murmelte.
    »Man könnte meinen«, fügte Zeller mit einem schelmischen Grinsen hinzu, »dass er einen Arzt braucht.«
    Alle lachten, und Edgar Schauer verteilte ausgiebig Schulterhiebe. Noch immer waren die Eröffnungsreden nicht beendet. Gerade war der Landrat an der Reihe.
    Ihre

Weitere Kostenlose Bücher