Laienspiel
illustren Gäste fein machen wollen, doch nun ging er ja davon aus, spielen zu müssen. Dass Kluftinger das nun doch selbst übernehmen würde, wollte er ihm gleich mitteilen. Er stellte sich an die Treppe, die zur Bühne führte und winkte dem Bürgermeister zu.
»… und Sie, lieber Herr Staatsminister und Ihre verehrte Gattin …«, hob der gerade an, als er den Kommissar erblickte. Er stockte kurz und sah Kluftinger fragend an.
Der versuchte, ihm pantomimisch klarzumachen, dass er heute doch die Rolle des Fischers übernehmen werde.
»… also, Sie, Frau Minister … ich meine, Herr Minister und Frau …«, stotterte Hösch ins Mikrofon. Dann gab er Kluftinger mit einem strengen Blick zu verstehen, dass dieser mit seinem Herumgefuchtele aufhören solle.
Der Kommissar sah sich um. Als er in einer Ecke einen großen Pappkarton und dazu einen dieser dicken Marker fand, kam ihm eine Idee. »Ich spiele heute«, schrieb er in großen Lettern und hielt den Bogen hoch. Sofort hellte sich Höschs Miene auf. So könnte er sich doch noch den ganzen Abend um die Ehrengäste kümmern.
Als er die Katakomben wieder verließ, überprüfte Kluftinger sein Handy erneut auf einen eventuellen Anruf. Nichts. Er schüttelte den Kopf und wählte Yildrims Nummer. Er musste einfach wissen, was los war.
»Was macht ihr denn? Wie weit seid ihr? Ich krieg ja gar nix mit hier«, platzte es aus ihm heraus, als sich Yildrim meldete.
»Kollege Kluftinger, gut, dass Sie anrufen. Wollte mich auch gerade melden«, erwiderte der Task-Force-Leiter, und Kluftinger ärgerte sich, dass er es nicht geschafft hatte, diesen Anruf abzuwarten. »Ich stehe hier in der Leitzentrale des Stadions«, schilderte Yildrim die Situation. »Wir sind nach wie vor dabei, die Bombe zu entschärfen. Derweil haben wir eine Hundertschaft an Beamten in Zivil, die das Stadion durchkämmen. Sie haben das Foto von Ganievich dabei, das wir aus der Wohnung mitgenommen haben. Das ist nur ein Strohhalm, aber vielleicht haben wir ja Glück. Kluftinger, jetzt gilt es. Noch neunundachtzig Minuten.«
Der Kommissar bekam einen trockenen Mund. Noch neunundachtzig Minuten, dann würde sich alles entscheiden. Dann würde klar sein, ob ihre Arbeit ein Erfolg gewesen war oder alles in einer unvorstellbaren Katastrophe endete.
»Also dann …«, setzte Yildrim zu einer Verabschiedung an, doch Kluftinger wollte das Gespräch noch nicht beenden. Er wollte noch teilhaben am großen Finale, ein Warten auf den erlösenden Anruf schien ihm unerträglich. »Was ist denn mit dem … Ding?«, fragte er deswegen. Etwas Besseres war ihm auf die Schnelle nicht eingefallen, um Yildrim an der Strippe zu halten.
»Welchem Ding?«
»Na … ach, irgendwas wollte ich noch.« Kluftinger überlegte. Wonach könnte er fragen? Der Bombe? Der Fahndung? Dem Spielstand? »Schon gut«, sagte er schließlich resigniert und legte auf.
Betreten stand er eine Weile herum und starrte mit leerem Blick auf sein Handy. Das muntere Treiben um sich herum nahm er kaum noch wahr. Erst als ihm eine riesige Hand auf die Schulter schlug, löste er sich aus seiner Starre.
»Na, Klufti, was stehst du hier herum wie bestellt und nicht abgeholt?«
Der Kommissar drehte sich um und blickte in die blauen Augen von Edgar Schauer. Der muskelbepackte Hüne grinste ihn an. Auf seiner Schulter ruhte eine riesige Armbrust.
»Spielst du heute?«, fragte Kluftinger.
»Klar. Bei der Premiere brauchen sie doch immer die beste Besetzung.« Das Grinsen von Kluftingers Gegenüber wurde noch breiter.
Der Kommissar mochte Edgar Schauer. Vielleicht gab es andere, die sich sensibler in Rollen hineindenken konnten, aber er machte dieses Manko durch eine enorme körperliche Präsenz wett. Und in Kluftingers Augen war er ein idealer Tell.
»Komm, lass uns einen trinken«, forderte ihn Schauer auf.
Kluftinger nickte. Auch wenn der Regisseur den Sprechrollen verboten hatte, vor der Vorstellung Alkohol zu sich zu nehmen, konnte er jetzt wirklich ein Bier vertragen. Zusammen schlugen sie den Weg zur Spielerhütte ein. Etwa auf halbem Weg sah Kluftinger Doktor Langhammer. Er stand abseits von den anderen, den Kopf gebeugt und murmelte etwas vor sich hin.
»Geh du schon mal vor«, sagte der Kommissar zu Edgar Schauer und trat zum Doktor.
»So, Abend, Herr Langhammer.«
Er bekam keine Antwort. Stattdessen murmelte der Arzt weiter vor sich hin. Kluftinger trat noch etwas näher und verstand nun, was der Doktor sagte: »… der
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