Laienspiel
zusammenspielen mussten. Er drückte willkürlich eine Taste. Verdammt. Passwortschutz, auch das noch. Nachdem er es mit Renns Namen, dem seiner Frau und seiner Kinder probiert hatte, tippte er sein eigenes, wie er meinte unknackbares Kennwort ein. Er hatte das »e« von »Polizei« gerade getippt, da ließ ihn eine Stimme derart zusammenfahren, dass er vor Schreck aufschrie.
»Klufti, lass dir doch helfen, was brauchst du denn?«, gab Willi Renn in ironischem Tonfall von sich.
»Willi, ja wo bist du denn … ich hab gar keine Tür gehört! Ich wollte nur noch einmal … die Fotos vom Selbstmörder.«
»Aha, brauchst du noch ein bisschen Horror als Betthupferl, hm? Hast du jetzt deine dunkle Seite entdeckt? Einen kleinen Moment noch, dann komm ich und zeig dir die Bilder. Ich packe gerade meine Schätze ein, für den Umzug. Komm schnell rüber, dann können wir über den Fall reden.«
Renn, bekleidet mit einem weißen Laborkittel, schlappte wieder in den Nebenraum. Über die Schulter sagte er: »Übrigens: Mein Passwort knackst du nicht. Ich hab was Sichereres als dein albernes ›Polizei‹!«
Kluftinger war baff. Woher kannte Willi sein Kennwort? Er schien seinem Spitznamen »Wühler« mal wieder gerecht zu werden.
»Woher weißt du das?«
Willi lächelte: »Na, da unterhalt dich mal am besten mit deiner Sekretärin. Die erzählt das schon mal bei der Brotzeit. Und auch, dass du das Kennwort auf einem Klebezettel am Bildschirm hängen hast – in irgendeiner Geheimschrift.«
Willi hatte Recht: An seinem Computer hing ein Zettel mit seinem Passwort. Nachdem er es mehrfach vergessen hatte und die EDV jedesmal Stunden gebraucht hatte, seinen Zugang wieder freizuschalten, hatte er sich zu dieser Variante entschlossen. Allerdings mit einem, wie er fand, genialen Trick: Der Zettel enthielt nur Konsonanten. Knnwrt Cmptr Plz. Immerhin, das hätte auch Postleitzahl heißen können. Er seufzte: Jetzt musste er sich über eine neue Datensicherungsstrategie Gedanken machen.
Willi bückte sich zu einer Schachtel. »Halt mal, Klufti«, brummte er.
Kluftinger griff ohne nachzudenken nach dem Gegenstand, den ihm Willi hinstreckte. Ein paar Tropfen der Flüssigkeit spritzten dabei aus dem Glas auf seine Hand.
»Aber pass auf, Klufti, da ist der Deckel locker geworden. Nicht, dass der Alkohol überschwappt. Gib mir bloß auf die Manu Obacht.«
Kluftinger, der Willis makabere Vorlieben nur zu gut kannte, verzog angewidert das Gesicht. Er wollte gar nicht wissen, was für ein Tierchen Manu denn genau war. Sicher eine eingelegte Schlange, ein Skorpion oder gar ein Bandwurm. Willi Renn hatte unterdessen eine Laborflasche zur Hand genommen und den Deckel des Glases völlig gelöst, um etwas Flüssigkeit nachzugießen.
»Weißt du, Klufti, die Manu haben wir damals in den Achtzigern gefunden. Festgenagelt über dem Eingang eines Restaurants. Mitsamt Goldring. Mafia, du verstehst?«
Goldring? Das klang nicht nach einem Tier. Den Kommissar beschlich eine dunkle Ahnung. Langsam ließ er seinen Blick nach unten wandern. Als er sah, was sich in dem Glas befand, richteten sich schlagartig seine Nackenhaare auf. Blitzschnell stellte er das Gefäß auf den Boden, machte einen Satz zurück und sprang zum Waschbecken, wo er die Hände zuerst wusch und dann ausgiebig desinfizierte.
Willis Beteuerungen, dass Manu, angelehnt an den lateinischen Ausdruck für Hand, nicht einmal ein Leichenteil sei und der ehemalige Besitzer sogar noch lebe, konnten Kluftinger nicht im Geringsten beruhigen. Der hatte das untrügliche Gefühl, dass sich der abgestandene Geruch des Alkohols und mit ihm wahrscheinlich Leichengift und Milzbranderreger bereits tief in die untersten Strukturen seiner Haut hineingefressen hatten. Und er wusste, dass er dieses Gefühl für die nächsten Tage nicht mehr losbekommen würde.
Erst nach ein paar Minuten hatte er sich wieder beruhigt. Der eigentliche Grund für sein Kommen war mittlerweile in weite Ferne gerückt. »Und, Willi, weißt du schon was zu den Elektronikbauteilen, die ihr in der Wohnung gefunden habt? Kannst du dir einen Reim darauf machen, wozu die gut sein sollen?«
»Bis jetzt nicht, Klufti. Es geht ja auch nicht nur um Elektronik. Einige Dinge könntest du astrein zum Waffenbau verwenden. Aber da fehlen wiederum wichtige Komponenten. Frag mich nicht, was der sich bauen wollte. Da sind Rohre, Federn und Platinen. Wenn er Waffen bauen wollte – was will er mit der Elektronik? Ich überleg schon
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