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Laienspiel

Laienspiel

Titel: Laienspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr Volker Klüpfel
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dastehen. Nachdem alle ihre Zustimmung bekundet hatten, ließ Maier seinen Finger wie ein Fallbeil auf die Tastatur niedersausen. Es machte deutlich vernehmbar »Klick«, darauf folgte ein metallischer Klingelton, der das Absenden der E-Mail signalisierte, dann war es wieder still. Sogar das Radio gab für ein paar Sekunden keinen Laut von sich, bis ein Sprecher sagte: »Ja, diesen Song muss man wirklich bis zur letzten Sekunde genießen. Xavier Naidoo war das, voll ausgespielt, und wie er selbst bekennt, beschreibt er darin seinen Weg zu Gott, der in seinem Leben eine wichtige Rolle spielt.«
    Den Beamten blieb der Mund offen stehen. »Na, wenn das kein Volltreffer war«, sagte Maier stolz.
    Dann fügte der Sprecher im Radio an: »Denn der Mannheimer ist, was heutzutage selten genug auf einen Popstar zutrifft, bekennender Christ.«
    Maier verschluckte sich, als er das letzte Wort hörte.
    Auch Kluftingers Mundwinkel sanken nach unten.
    »Christ?«, fragte Strobl ungläubig. »Und wir wollen mit diesen Worten einen militanten Moslem hinters Licht führen?«
    »Ist jetzt eh schon wurscht«, sagte Kluftinger. Wohl war ihm bei der Sache jedoch nicht. Vielleicht hätten sie doch Markus die Antwort schreiben lassen sollen.
    »Meint ihr, er antwortet gleich?« Hefele zwirbelte wieder nervös seinen Bart.
    Maier nickte. »Soweit ich den E-Mailaustausch nachvollziehen kann, kamen die Antworten immer in ziemlich rascher Folge. Ich konnte die meisten bisher nur noch nicht entschlüsseln. Oder ich habe nur noch Spuren von Mails gefunden, weil die bereits gelöscht worden sind.«
    Kluftinger war beeindruckt, welchen Sachverstand sein Kollege in Bezug auf Computer bewies. Auch wenn Maier nicht immer sehr gewandt im Umgang mit Menschen war, hatte er, gerade was technische Belange anging, doch einiges auf dem Kasten. Sie vergaßen das nur manchmal und behandelten ihn ungerecht, rügte er sich in Gedanken selbst.
    Wieder lieferte das Radio die Hintergrundmusik zu ihrem Herumsitzen. Kluftinger hatte sich seinen Teller mit den inzwischen kalten Weißwürsten geholt und nuckelte unmotiviert auf einer herum. Beim ersten Bissen, den er heruntergeschluckt hatte, riss es ihn: Die Konsistenz war so schwammig, der Geschmack so abstoßend, dass es ihn beinahe würgte. Weißwürste waren tückisch: Erwischte man einen Bissen zu viel davon oder hatten sie nicht die richtige Temperatur, konnte einem schnell der Appetit vergehen.
    So hingen sie etwa zehn Minuten lang ihren Gedanken nach und führten dabei Tätigkeiten aus, die ein Verhaltensbiologe wohl als Übersprungshandlungen deklariert hätte: Während Hefele wieder seinen Schnurrbart gewissenhaft zwirbelte, wischte Strobl bestimmt fünfzehn Mal den Tisch vor sich mit der Hand sauber. Kluftinger spitzte einen Bleistift, bis nichts mehr von ihm übrig war, und Maier trommelte mit einem Kugelschreiber auf seiner Schuhsohle herum. Kluftinger wollte gerade nachfragen, ob es der Takt des »Kufsteinliedes« oder der »Bergvagabunden« war, als eine metallisch-laszive Frauenstimme aus dem Laptop sie zusammenzucken ließ: »Sie haben E-Mail erhalten.«
    Kluftinger schluckte. Alle starrten auf den Computer, der auf dem kleinen Tischchen vor der Couch stand, doch keiner wagte es, nachzusehen, wie die Antwort lautete. Der Kommissar hatte sich als Erster wieder im Griff und nickte Maier zu: »Richard, wärst du so nett …«
    Maier erhob sich, schnappte sich den Rechner und trug ihn ganz langsam und vorsichtig zurück zu seinem Stuhl. Es schien fast so, als befürchte er, in der Mail könne sich eine Sprengladung befinden. Dann begann er auf die Tastatur einzuhacken. Immer wieder grummelte er Worte wie »Verschlüsselung« oder »Code«. Nach etwa vier Minuten hielten seine Finger inne. Er blickte auf und fragte mit einem Zittern in der Stimme: »Soll ich?«
    Keiner verzog eine Miene, und Maier drückte noch einmal eine Taste. Die anderen konnten sehen, wie seine Augen über das Geschriebene sausten und sich eine tiefe Falte zwischen seine Augenbrauen grub. Schließlich sagte er stockend: »Ich … versteh nicht …«
    Kluftinger hielt die Spannung nicht mehr aus. »Herrgott, Richard, jetzt sag schon, was drin steht.«
    Maier räusperte sich und begann zu lesen: »Wir haben verstanden. Hab Dank und Achtung für den Fingerzeig. Nächste Kontaktaufnahme im Hinblick auf den Wink nicht vor dem Ablauf dreier Tage.«
    Die Männer blickten sich mit großen Augen an. Strobl schluckte. »Fingerzeig? Wink?

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