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Laienspiel

Laienspiel

Titel: Laienspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr Volker Klüpfel
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Geheimsprache. Alles ist symbolisch aufgeladen, alles mythologisch verbrämt. Sie müssen das verstehen: Es geht nicht nur darum, die Inhalte vor anderen zu verbergen. Die Menschen verstehen sich als Werkzeug einer transzendenten Macht. Genau wie überall sonst auf der Welt bedienen sie sich in ihrer quasi-religiösen Kommunikation einer archaischen, ornamentalen Sprache.« Auch wenn Kluftinger nicht jedes Wort verstanden hatte, wusste er doch, worauf der Leiter der Task Force hinauswollte. Auch die anderen nickten betroffen und verständnisvoll.
    Yildrim schob mit einem Nicken in Richtung des Kommissars nach: »Karl May hat ja versucht, einen geheimnisvollen, fremdartigen Code zu imitieren, und er hat das nicht schlecht gemacht.«
    Plötzlich spürte Kluftinger eine Hand auf der Schulter. Sie gehörte Lodenbacher, der sich erhoben hatte, ihm noch ein »Guader Mann« ins Ohr flüsterte und dann schleunigst das Zimmer verließ.
    Yildrim wartete ein paar Sekunden, dann sagte er ernst: »Ich möchte, dass wir uns in diesem Kreis alles sagen, verstehen Sie? Wir sind die Spezialisten, aber es ist wichtig, sich einen unverstellten, wenn Sie so wollen, naiven Blick auf diese spezielle Art der Bedrohung zu erhalten. Das ist Ihre Aufgabe. Es muss hier Raum für Kreativität sein, für unkonventionelle Ideen, auch wenn sie noch so abstrus erscheinen. Jede Frage darf gestellt werden, nichts soll ungesagt bleiben, auch wenn es uns nicht zum Ziel führen wird.«
    Kluftinger traute seinen Ohren kaum: Er hatte aus Verlegenheit einen, wenn er es im Nachhinein betrachtete, vollkommenen Blödsinn erzählt, und wurde dafür jetzt von Yildrim ausdrücklich gelobt? Wenn das so war beim BKA, dann sollte er sich vielleicht einmal bewerben.
    Yildrim wandte den Kopf und sah den Beamten aus Österreich an: »Herr Bydlinski?«
    Der räkelte sich in seinem Stuhl, setzte ein Grinsen auf und antwortete: »Was soll ich sagen, Herr Lindström? Ich schließ mich den Ausführungen meines Vorredners an.«
    Ohne auch nur einen Augenblick nachzudenken konterte Yildrim: »Vielen Dank für diesen wichtigen Beitrag, Herr … Iblicksnie.« Bydlinski zuckte zusammen und sein Grinsen verschwand.
    »Marlene?«
    Frau Lahm schob nervös die Blätter vor sich auf dem Tisch hin und her und raffte sie dann zu einem Stapel zusammen. Auf Kluftinger wirkte sie noch verkrampfter als er selbst. Unentspannt, hätte Bydlinski das wohl genannt. Sie hob zu einem Kurzreferat über terroristische Kommunikation an, griff Yildrims Exkurs über die Zellen noch einmal auf und endete mit den Worten: »Die Leaderless Resistance ist es, die es uns so besonders schwer macht.« Dann räusperte sie sich und trank einen Schluck Wasser.
    Die anderen starrten sie einige Sekunden lang an. Niemand war sich sicher, ob sie damit ihren Vortrag beendet hatte, denn keiner hatte auch nur ansatzweise verstanden, was sie eigentlich hatte sagen wollen.
    Als sie keine Anstalten machte, fortzufahren, ergriff der Leiter der Task Force das Wort: »Leaderless Resistance ist im Prinzip genau das, was ich vorher gesagt habe: Es gibt keinen wirklichen Kopf mehr, der die Zellen steuert. Ein Fachterminus, den wir benutzen. In Zukunft wollen wir aber versuchen, uns möglichst verständlich auszudrücken, Marlene. Wir müssen uns hier um eine akute Bedrohung kümmern, nicht um allgemeine Reflexionen über Kommunikationsformen. Unsere Theorie haben wir schließlich alle drauf. Herr Renn?«
    Willi Renn räusperte sich, leckte sich über die Lippen und sagte dann: »Es tut mir leid, aber ich kann mit dem ganzen Geschwurbel nix anfangen. Ich hab’s mir mehrmals durchgelesen, ehrlich, aber ich versteh nix. Sind für mich böhmische Dörfer. Entschuldigung.«
    Yildrim schüttelte energisch den Kopf. »Nein, Herr Renn, da brauchen Sie sich nicht zu entschuldigen. Genau das will ich hier: absolute Ehrlichkeit. Wer nichts weiß, darf das auch sagen. Das ist mir lieber, als dass irgendjemand fünf Minuten redet, ohne dabei irgendeinen brauchbaren Inhalt zu vermitteln.« Bei diesen Worten bedachte er Marlene Lahm mit einem Seitenblick, den diese mit heftigem Erröten quittierte. »Zudem sind Sie ja vor allem als Spurenleser im Team, wenn ich das mal so flapsig formulieren darf. Dennoch möchte ich Sie ermuntern, jederzeit Ihre Gedanken kundzutun, wenn Sie es für richtig halten.« Mit einem wohlwollenden Kopfnicken in Richtung Willi Renn beendete er die Fragerunde.
    »Ich habe mir selbst auch schon ein paar Gedanken

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