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Laienspiel

Laienspiel

Titel: Laienspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr Volker Klüpfel
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sein Entzücken über die Ankündigung teilen. Kluftinger starrte mürrisch zurück. Rumba, rumba, rumba täterää, schoss es ihm durch den Kopf, doch von ausgelassener Bierzeltstimmung war er meilenweit entfernt.
    Gedankenverloren starrte er auf seine Füße und zählte die Schritte mit, die der Tanzlehrer ihnen vorbetete: »Seit, die Wiege, seit, die Wiege …«
    Dann vernahm er mit Erleichterung, dass Hansjürgen endlich sagte: »Das klappt ja schon mal ganz gut. Da nehmen wir doch gleich mal unsere Partner und üben das zu zweit.« Kluftinger drehte sich um und steuerte die Sitzgruppe an, als ihn die scheppernde Stimme Francescas über die Lautsprecher aufhielt: »Halt. Wo wolle Sie hin, bitte? Nix gehe jess, wir sinne da zun Tanze, nix zun Sitze.«
    »Aber meine Frau …«, protestierte Kluftinger.
    »Nixe Frau, isse verletzte. Aber Manne auch gute Tänzere.«
    Fragend sah der Kommissar die alternde Diva in ihrem wallenden Gewand an. Was hatte sie ihm mit dem Satz denn nun wieder sagen wollen? Er wollte nicht unhöflich wirken, doch ihr Deutsch spottete jeder Beschreibung. Also hakte er mit einem vorsichtigen »Hm?« nach.
    »Mann! Da!« Mit diesen Worten entfaltete sie erneut den Zeigestab schwungvoll zu voller Größe und zeigte damit auf Langhammer.
    Noch immer hatte Kluftinger nicht verstanden, was sie ihm eigentlich sagen wollte. Er wusste, dass der Doktor besser tanzen konnte als er … wenn auch auf eine Art und Weise, die er als nicht wirklich nachahmenswert empfand. Darauf brauchte sie ihn nicht extra hinzuweisen.
    »So, also los, sseige Mann, wie echte Rumba gehe!«, forderte sie den Doktor auf.
    Schon stand Langhammer vor ihm, hob seine Arme in Tanzhaltung, schürzte spitzbübisch die Lippen und sagte freudig: »Dann wollen wir zwei Hübschen mal die Tanzbeinchen schwingen, was?«
    Kluftinger erstarrte zur Salzsäule. Nun wurde ihm die ganze Tragweite von Francescas Forderung bewusst, nun verstand er, was sie ihm so umständlich hatte sagen wollen. Sie wollte tatsächlich, dass er und der Doktor … er stockte. Sogar in Gedanken war unaussprechlich, was sie sich für ihn ausgedacht hatte. Niemals würde er … könnte er …
    »Mache ssu, abe nix ewige Sseit!«, schimpfte die Tanzlehrerin hinter ihm. Dabei fuchtelte sie ihm mit ihrem Zeigestab unter den Achseln herum, sodass er, gelähmt vor Entsetzen und Überraschung, ganz automatisch wie ein Roboter seine Arme hob, was Langhammer als stilles Einverständnis deutete, rasch auf ihn zutrat und ihn mit einer schwungvollen Bewegung an sich presste, dabei ein Bein zwischen seine Beine schiebend.
    Kluftinger kam sich wieder vor wie eine Marionette, ferngelenkt und willenlos. Die Gedanken wirbelten durch seinen Kopf. War es wirklich Langhammer, der mit ihm übers Parkett wogte? Die Gesichter der anderen Paare verschwammen zu einer streifigen Masse, darunter das selig lachende Antlitz seiner Frau, die schmunzelnde Annegret, die wissend nickende Friedel Marx. Dem Kommissar wurde schwindelig, er hatte Angst, ohnmächtig zu werden, da katapultierte ihn ein Satz seines Tanzpartners wieder zurück in die Realität: »Sagen Sie mal: Haben Sie was in der Hose oder freuen Sie sich so darüber, mit mir zu tanzen?«
    Schlagartig blieb der Kommissar stehen. Was wollte er damit andeuten? Was … der Absatz! Jetzt fiel es Kluftinger ein: Er hatte Erikas Absatz vorher in die Tasche gesteckt. Mühsam hob er die Augen, ihm war elend zumute. Ein listig blinzendes Augenpaar hinter einer riesigen Brille blickte ihn an.
    Jetzt, zum ersten Mal in seinem Leben, wünschte er sich eine gnädige, alles verschlingende Ohnmacht.

Noch 4 Tage, 11 Stunden, 43 Minuten, 7 Sekunden
    Kluftinger verfolgte die morgendliche Task-Force-Sitzung mit einem missmutigen Gesicht. Nicht nur, weil an seinem Parkplatz heute Morgen statt seiner Autonummer das Bild, das ihn im Kostüm zeigte, gehangen hatte. Die Konzentration auf die Inhalte der Sitzung fiel ihm auch deswegen schwer, weil ihm die peinlichen Situationen, die er gestern am laufenden Band wie in einem bizarren Taumel erlebt hatte, noch durch den Kopf gingen.
    Nie wieder würde er dort hingehen. Um nichts in der Welt, nicht einmal seiner Frau zuliebe. Dass er Langhammer derzeit auch noch mehrmals die Woche bei den Freilichtspiel-Proben sehen würde, machte die Verarbeitung des Tanztraumas nicht eben leichter.
    Kluftinger döste vor sich hin und bekam nur ganz am Rande mit, wie Willi Renn bekannt gab, dass sich auf dem

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