Laienspiel
sichergestellten Laptop die Fingerabdrücke vieler Personen befanden, nicht nur die des flüchtigen Mannes. Die von Kudratov jedoch, den man gestern Nacht noch auf freien Fuß gesetzt habe, seien nicht dabei gewesen. Man überwache das TIK seit der Freilassung Kudratovs rund um die Uhr, auch er stehe unter strenger Beobachtung.
Der Laptop enthalte darüber hinaus nichts wirklich Neues, man habe aber nachweisen können, dass mit ihm teilweise dieselben Internetseiten besucht worden waren wie mit dem von Tobias Schumacher. Die Kollegen seien gerade dabei, die Überprüfung der Daten fortzusetzen. Wem der Computer gehöre, sei leider noch völlig unklar.
»Ein Kollege nimmt sich gerade den PC vor, der sich als alte Kiste herausgestellt hat. Bis jetzt haben wir keinerlei verwertbare Spuren auf der Festplatte finden können. Außer zwei DOS-Raubkopien von Tetris und Pacman ist nichts Kompromittierendes oder Belastendes zu finden. Auf Rechner, Tastatur und Bildschirm haben wir übrigens nur Kudratovs Fingerabdrücke finden können. Wir schauen den Rest noch durch«, schloss Willi seinen Bericht.
Yildrim blickte in die Runde und nickte Marlene Lahm zu. Die stand auf, ging zum Laptop, der am Beamer angeschlossen war, und wenig später betrachteten die Beamten das Bild einer ausnehmend hübschen, brünetten Frau. Kluftinger schätzte sie auf Ende zwanzig.
»Das ist Franziska Riedle«, hob die Lahm an. Kluftinger fuhr hoch. Franziska … Francesca? Bei der Nennung des Namens wurde ihm ganz flau im Magen. Doch es riss ihn aus seiner Lethargie. Er musste sich jetzt zusammennehmen und sich auf seine Arbeit konzentrieren. Hier würde niemand von seinem gestrigen Erlebnis erfahren, soviel war sicher. Es sei denn …nein. Kluftinger verwarf den Gedanken sofort wieder. Friedel Marx würde sicher dichthalten, außerdem war sie nicht hier, sondern in Füssen.
»Herr Kluftinger, das übernehmen Sie.« Faruk Yildrim sah Kluftinger kurz an, der eifrig zu nicken begann. Dann beugte er sich zu seinem Sitznachbarn: »Willi!«, flüsterte Kluftinger, doch der reagierte nicht. Der Kommissar rempelte seinen Nebenmann an, der stieß einen erschrockenen Grunzlaut aus und lehnte sich schließlich zu Kluftinger hinüber.
»Hm?«
»Was soll ich machen, Willi?«
Renn musterte ihn entgeistert.
»Willi, was soll ich machen? Was ist mein Auftrag?«
Stirnrunzeln.
»Jetzt sag, ich hab grad nicht aufgepasst. Was hat der Yildrim mir aufgetragen?«
Renn nickte und wollte gerade Antwort geben, da bemerkte Kluftinger, wie ruhig es im Raum geworden war. Er sah auf und legte die Hand auf Willis Arm, sodass dieser stumm blieb: Alle anderen starrten auf sie.
»Ein wenig unkonzentriert heute, die Herren?«, lächelte Yildrim schließlich milde. »Sie fahren bitte mit Frau Lahm nach Leutkirch, zur Exfreundin von Tobias Schumacher.«
»Wie haben Sie eigentlich die Exfreundin ausfindig gemacht, Frau Lahm?«, fragte Kluftinger die Kollegin vom BKA, als sie Kempten in Richtung Leutkirch verließen. Er war ein wenig angespannt, denn er wusste nicht so recht, wie er Marlene Lahm einschätzen sollte.
»Streng genommen habe nicht ich es herausgefunden, sondern Ihr Kollege Maier, ein sehr kompetenter Mann, wie mir scheint.«
Kluftinger verzog vor Schreck ein wenig das Steuer, sodass der Passat leicht ins Schwanken geriet. Der Kommissar sah zum Beifahrersitz hinüber. Hatte er richtig verstanden? Der »kompetente« Maier hatte es herausgefunden?
»Das müssen Sie mir jetzt aber schon erklären, Frau Lahm, wie ausgerechnet der Maier darauf gekommen ist.«
»Nun«, setzte die Lahm an, »Ihr Kollege hat ein Foto der Frau auf Schumachers Laptop gefunden. Ich habe nicht nachgefragt, wie er dann zu der Adresse von ihr gekommen ist, er hat es aber geschafft. Ich denke, dieser Mann hätte uns in der Task Force nützlich sein können.«
»Leider unabkömmlich im Moment, er muss meine Abteilung kommissarisch führen.«
»Ja, leider. Faruk hat das auch bestätigt, als ich ihm vorgeschlagen habe, Herrn Maier mit ins Boot zu holen.«
»Tja, schade, schade, dass es nicht geklappt hat«, log Kluftinger, wenig bemüht, es überzeugend klingen zu lassen.
Als sie Krugzell in Richtung Altusried verließen, hatten sie bereits geraume Zeit nichts mehr miteinander gesprochen. Es war einer der unangenehmen stillen Momente entstanden, in denen man sich linkisch und ungelenk fühlte und in denen jeder fieberhaft nach einem Gesprächsthema suchte.
»Sie wohnen in Altusried,
Weitere Kostenlose Bücher