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Laienspiel

Laienspiel

Titel: Laienspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr Volker Klüpfel
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wir ihn so frisch und spannend spielen, als ob wir das Ganze zum ersten Mal sehen beziehungsweise erleben. Mit all der Emotionalität, die dieser Moment für die Protagonisten gehabt haben muss.«
    In den Augenwinkeln sah der Kommissar, dass Langhammer ihn noch immer von der Seite musterte. Was war das jetzt wieder für eine neue Marotte? Lag der Doktor etwa nachts wach und überlegte sich immer neue Sachen, mit denen er Kluftinger auf den Geist gehen konnte? Oder fiel ihm das ganz spontan ein? Sollte er …
    »… Terroristen, verstehen Sie.«
    Kluftinger zuckte zusammen. Hatte der Regisseur gerade wirklich von Terroristen gesprochen? Oder war er schon so in seinem aktuellen Fall gefangen, dass er Halluzinationen hatte? Er verfluchte sich dafür, dass er in Gedanken schon wieder abgeschweift war. Er nutzte die Kunstpause von Heinrich Frank, um einen seiner Mitspieler nach dessen letzten Satz zu fragen.
    »Er hat gesagt, wir sind Terroristen«, flüsterte der ihm zu.
    Der Kommissar runzelte die Stirn. »Wir sind … was?«
    »Na, nicht wir. Die Rütli-Verschwörer halt. Die Bauern. Er hat gemeint, dass man die heute mit Terroristen vergleichen könnte, weil …«
    »… wenn Sie natürlich selbst dazu etwas Wichtigeres beizutragen haben, dann können Sie das gerne tun«, blaffte Frank plötzlich dazwischen. Er war weniger kulant als Yildrim, was Störungen seines Vortrags anging. Kluftingers Nebenmann bedachte ihn mit einem ärgerlichen Blick und wandte sich ab.
    »Nicht? Na gut, dann mache ich einfach mal ein bisschen weiter: Also, es sind quasi einzelne Zellen, die sich zu diesem Schwur hier zusammenrotten, Menschen, die bisher nie etwas miteinander zu tun hatten, die aber ein gemeinsames Ziel verfolgen: der herrschenden Ordnung einen Schlag zu versetzen.«
    Kluftinger nickte, und der Regisseur sah ihn nun wieder wohlwollend an. Doch das Nicken hatte nicht dessen Ausführungen gegolten. Er war auf Franks Stichwort in Gedanken wieder zu seinem Fall gewandert und hatte die frappierende Parallelität zwischen dem Stück und dem Terrorismus ein weiteres Mal erstaunt zur Kenntnis genommen. Auch die Sprache, derer sich die Terroristen bedienten, erinnerte ihn frappierend an die Schiller’schen Verse, wenn die natürlich auch von höherer literarischer Qualität waren. Eher den Tod, als in der Knechtschaft leben , hieß es einmal im Rütli-Schwur. Das hätten sicher auch diejenigen unterschrieben, hinter denen er gerade her war.
    »Vielleicht Sie, Herr Kluftinger?«
    Wieder hatte der Kommissar nicht aufgepasst. Was war heute nur los?
    »Ob Sie sich um die Fackeln kümmern können!« Langhammer flüsterte ihm von hinten ins Ohr.
    »Wir proben zum ersten Mal mit Fackeln! Sie sind heute wirklich nicht bei der Sache«, ergänzte Frank misslaunig. »Wo Sie als Polizist doch einen besonders verantwortungsvollen Umgang mit gefährlichen Stoffen gewöhnt sind.«
    Kluftinger nickte automatisch.
    »Gut. Noch jemand? Ja? Würden Sie das übernehmen, Herr Ludger? Sie haben doch bei den pyrotechnischen Dingen schon öfter geholfen.« Frank blickte zu einem jungen Mann, den Kluftinger bereits mehrmals gesehen hatte, der ihm aber erst jetzt richtig auffiel.
    »Sehr gern«, antwortete der. Er stellte sich neben den Kommissar und nickte ihm zu. Kluftinger fiel sofort auf, wie gut er roch … und er versuchte sich sogleich, zutiefst erschrocken über diese ganz und gar unmännliche Feststellung, auf ein anderes Detail zu konzentrieren. Obwohl er ihn insgeheim zu gern gefragt hätte, was das denn für ein Rasierwasser war. Ludger schien sportlich und ansonsten eher unscheinbar, was wohl der Grund dafür war, dass er dem Kommissar bisher nicht aufgefallen war. Er konnte noch nicht allzu lange in Altusried wohnen, sonst hätte er ihn sicher bereits getroffen, bei irgendeinem Ereignis in der rührigen Dorfgemeinschaft. Der Kommissar fand es gut, dass sich der Neubürger schon im Freilichtspiel engagierte. Viele der Zugezogenen betrachteten nämlich Altusried lediglich als »Schlafzimmer« und fuhren zu jedem anderen Zweck nach Kempten. Am dörflichen Leben nahmen sie nicht teil, was dieses auf Dauer nicht gerade stärkte.
    Der Regisseur zeigte ihnen die Fackeln, erklärte ihnen ihre Aufgabe, ermahnte sie ein wenig schulmeisterlich, verantwortungsvoll mit ihrer neuen Aufgabe umzugehen, und entfernte sich dann wieder, nachdem sie ihm mehrfach versichert hatten, alles genau wie besprochen durchzuführen.
    Kluftingers Mutter, die auch bei

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