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Lamento

Titel: Lamento Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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kaum verhohlene Angst machte mir ganz schön zu schaffen.
    Ich nahm meinen Mut zusammen und griff nach seinen Händen am Steuer. Er erlaubte mir, eine Hand zu lösen und sie festzuhalten. So legten wir den restlichen Weg zu mir zurück, die ineinander verschlungenen Hände zwischen uns. Mein Herz hämmerte. Er nahm seine Hand nur fort, um zu schalten, dann verschränkte er die Finger wieder mit meinen.
    Allzu bald tauchte die Einfahrt vor dem Haus auf. Luke parkte am Straßenrand und strich mit dem Daumen über meinen Handrücken. Nachdenklich sah er zu, wie sich eine Silhouette im Küchenfenster bewegte. Wer es auch sein mochte, offenbar war derjenige mit der Zubereitung des Abendessens beschäftigt und bemerkte uns nicht.
    »Deine Mom kann auch fast alles tun, wenn sie es versucht, stimmt’s?«
    Das war eine seltsame Frage. Ich hatte damit gerechnet, dass er alles Mögliche sagen würde, aber das bestimmt nicht.»Kann sein. Sie glaubt nie, dass sie in dem, was sie tut, richtig gut ist, aber das ist sie.«
    »Dann ist da vielleicht gar nichts weiter dran. Bloß die Gene. Du kommst einfach aus einer Familie unglaublich begabter Menschen.«
    Ich entzog ihm meine Hand. »Das ist ja beinahe eine Beleidigung.«
    Luke wandte den Blick nicht vom Küchenfenster ab. »Nein, eine Hoffnung.«
    Pfeif auf die stillschweigende Abmachung
. »Wirst du mir jemals etwas erklären? Irgendetwas?«
    Sein Blick schweifte an mir vorbei zu den Fenstern auf der Beifahrerseite, dann zum Rückspiegel. Er streckte die Hand aus und strich mir übers Kinn – schon die zarteste Berührung ließ bei mir sämtlichen Protest verstummen. »Psst, hübsches Mädchen.« Ich schloss die Augen, und er strich mit dem Zeigefinger zu meinem Schlüsselbein.
    Mom.
Bei der Vorstellung, dass sie jeden Moment zum Küchenfenster herausschauen konnte, riss ich entsetzt die Augen auf. »Glaub bloß nicht, du könntest mich dazu verführen, dir blind zu vertrauen.«
    »Mist«, sagte Luke. »Wirklich nicht? Wie wär’s mit einer Einkaufstour? Kommst du morgen mit in die Stadt?«
    »Ich gehe nicht gern shoppen. Mit deiner bisherigen Verführungstaktik bist du besser bedient.«
    Sein Blick glitt wieder über die Fenster, dann beugte er sich zu mir herüber. »In der Stadt hat man mehr Privatsphäre. Da kann man besser – reden.« Er richtete sich wieder auf. »Du weißt schon, damit wir uns besser kennenlernen«, fügte er laut hinzu.
    Okay, jetzt konnten mich keine zehn Pferde mehr davon abhalten. »Alles klar. Wann?«
    »Kann ich dich um vier abholen?«
    Ich nickte. Luke schaute wieder aus dem Fenster, aber diesmal nach dem Himmel. »Geh lieber rein, bevor es regnet.«
    Widerstrebend stieg ich aus, und wir blieben am Ende der Einfahrt stehen. Ein einzelner kalter Regentropfen landete auf meinem Arm, und ich bekam eine Gänsehaut. In der Ferne grollte Donner.
    »Das gibt ein ziemlich heftiges Gewitter.« Mit zusammengekniffenen Augen spähte Luke zu den Wolken auf.
    Ich sah zu, wie ein weiterer Tropfen einen Grashalm auf dem Rasen traf und ihn kurz zu Boden drückte. In diesem Moment fiel mir auf, dass mit dem Rasen vor unserem Haus etwas nicht stimmte. Vielleicht lag es nur am düsteren Licht, aber das Gras erschien mir irgendwie dunkler, lebendiger, grüner, als ich es vom Morgen in Erinnerung hatte. Dann erkannte ich, dass es sich tatsächlich verändert hatte.
    »Luke«, sagte ich tonlos, während meine Hände kraftlos herabsanken.
    Er betrachtete den dichten Teppich aus Klee, der den gesamten Vorgarten bedeckte – und jede einzelne Pflanze hatte vier Blätter. Einen Augenblick lang standen wir schweigend da, während vereinzelte Regentropfen auf uns herabfielen, bis zur Kopfhaut durchdrangen oder am Hals hinabliefen.
    »Du vergeudest deine Zeit. Sie braucht sie nicht mehr«, sagte Luke zu niemandem. Er fasste mich bei der Hand und begleitete mich zum Haus. »Pass gut auf dich auf. Ein Sturm zieht herauf.«
    Er wandte sich ab, trabte die Auffahrt hinunter und blieb neben seinem Auto stehen. Ich schlüpfte um die Ecke der hinteren Veranda, als wollte ich zur Hintertür hineingehen, schlich mich jedoch wieder nach vorn und duckte mich hinter eine Azalee.
    Lukes Stimme drang schwach, aber unverkennbar zu mir. Allerdings schwang ein Unterton darin mit, den ich nicht erkannte. »Sie hat die Jagdhunde gesehen. Sie lernt schnell – den Rest von euch wird sie schon bald genug sehen. Du solltest deine Zeit nicht mit diesen albernen Kunststückchen verschwenden. Sie

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