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Lamento

Titel: Lamento Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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der herannahenden Dunkelheit nur konnte.
    Der Jäger taumelte rückwärts den Hügel hinunter. Ich stieß ihn weiter fort.
    »Geh, sonst zerquetsche ich dich«, log ich. Ich hatte kaum mehr die Kraft, den Dolch zu halten, geschweige denn, meine Drohung wahrzumachen. Es kostete mich all meine Energie, die riesige Hand um seinen Brustkorb zu schließen und leicht zuzudrücken. Hoffentlich würde ihn das davon überzeugen, dass ich tatsächlich tun konnte, was ich behauptet hatte.
    Er musterte mich einen langen Augenblick, dann hob er die Hand. »Hunde, zu mir.«
    Sie liefen zu ihm. Ihr Fell schimmerte in der Abendsonne. Ich wartete mit zitternder ausgestreckter Hand noch zwei Minuten, nachdem sie verschwunden waren.
    »Ist er weg?«, fragte ich schließlich flüsternd.
    Tom nickte ungläubig. »Ja.«
    »Gut«, sagte ich und brach zusammen.
    In meinem Traum lag ich auf einem Hügel in einem Kreis aus Pilzen, die im Licht der Millionen Sterne schwach schimmerten. Auf der ganzen Welt gab es keinen Ort, der dem Nachthimmel näher war als der Hügel, auf dem ich lag. Die Dunkelheit schmiegte sich an mich und hielt mich umschlungen. Mit jedem Atemzug erfüllte mich die Nacht.
    In diesem Traum lag ich auf dem Rücken und starrte zu den vielen Sternen und dem kalkweißen Mond empor. Ich wusste, dass ich träumte, denn als ich den Mond betrachtete, sah ich anmutige Vögel auf seiner Oberfläche zittern, die ihre weißen Flügel zu einem surrealen Puzzle über- und untereinander ausgebreitet hatten. Sie hatten etwas so Schönes und Unermessliches, dass ich hätte weinen mögen. Hatten sie schon immer so im Mondlicht gebebt, und ich sah sie nur zum ersten Mal?
    Es dauerte erstaunlich lange, bis ich bemerkte, dass ich nicht allein war – erst, als ich ihn seufzen hörte. Ich wandte den Kopf und sah ihm ins Gesicht. »Ich dachte, du wärst tot.«
    Luke sah müde aus. Sein Gesicht war mit getrocknetem Blut verklebt, und in seiner Stimme schwang eine eigentümliche Sehnsucht mit. »Ich fürchte, nein.«
    Ich schluckte Tränen herunter, die mir im Hals stecken blieben. »Ich wünschte, du wärst wirklich hier.«
    Er setzte sich neben mich und legte die Hände um meine kalten, nackten Füße, die nach der Flucht vor den Hunden schmutzverkrustet waren. »Ich auch, meine Schöne. Aber ich bin schon froh um einen Traum. Wie klug von dir, auf diese Idee zu kommen.«
    Ich konnte mich nicht daran erinnern, an irgendetwas gedacht zu haben, ehe ich geträumt hatte. Ich erinnerte mich nur daran, wie ich ins Gras gefallen war und mir gewünscht hatte, die Dunkelheit hätte früher eingesetzt.
    Ich richtete mich auf, setzte mich dicht neben ihn undtröstete mich mit der Erinnerung an seinen Duft, während er die Arme um mich schlang. »Lass nicht zu, dass
sie
dir mein Geheimnis wegnehmen. Es ist alles, was ich dir geben kann«, sagte er leise an meinem Ohr.
    Er klang niedergeschlagen und legte den müden Kopf auf meine Schulter. »Ich will nichts von dir. Ich will nur
dich
«, erklärte ich.
    Luke stieß einen langen, abgrundtiefen Seufzer aus. »Oh, Dee, ich habe mir die Freiheit noch nie so sehr gewünscht wie jetzt. Ich hätte nicht gedacht, dass es so weh tun würde.«
    »Ich komme und rette dich.«
    Er rückte von mir ab, hielt mich an den Schultern und sah mir fest ins Gesicht. »Ganz gleich, was ich später vielleicht sage, vergiss nicht, dass ich dir niemals etwas antun werde. Ich könnte dir nie weh tun.« Ich wusste nicht recht, ob er mir etwas versprach oder sich selbst davon überzeugen wollte.
    »Sag mir, was ich tun soll«, flehte ich.
    Luke runzelte die Stirn, und ich fürchtete schon seine Antwort, er wisse es nicht. Doch er schmiegte die Hand an mein Kinn. »Vertrau auf dich.«
    Das hatte ich nicht hören wollen. Ich konnte mir nichts zutrauen. Wann immer ich das tat, tauschte ich versehentlich mit jemandem die Erinnerung, brachte einen Motor so zum Laufen, dass er sich nicht mehr abschalten ließ, oder wurde ohnmächtig. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, was ich da tat. Ich war wie ein kleines Kind, das mit einer Pistole herumfuchtelte, mit etwas spielte, das unvorstellbare Macht besaß. Ich wandte den Blick ab und sah zu den Vögeln auf der Mondoberfläche hinauf – sie waren ein gutes Symbol dafür, wie viel ich nicht wusste.
    »Hör auf«, sagte er. »Ich weiß, was du tust. Du bist ein kluges Mädchen, Dee. Das klügste, das ich je kennengelernt habe.«
    »Klugheit hat nichts damit zu tun«, fuhr ich ihn an und

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