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Lamento

Titel: Lamento Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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legte inmitten des Feenrings einen irischen Stepptanz hin, sorgsam darauf bedacht, ihre Pilze nicht mit meinen schmutzigen Füßen zu zertreten. Ich muss wohl eine anständige Vorstellung geliefert haben – ich klatschte in die Hände, drehte mich im Kreis und warf die Beine so wild hoch, wie Una es getan hätte. Als der Tanz endete, war ich außer Atem.
    »Dein Glanz überstrahlt den Mond«, erklärte eine von ihnen. »Wirst du mitkommen und bei uns leben?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Aber ich singe euch noch ein Lied. Ein kurzes. Möchtet ihr das?«
    »Ja! Ja! Sie singt für uns!« Begeistert klatschten sie und nahmen wieder ihre Plätze im Kreis ein. Ich kannte kein Lied, das so wild war wie ihres, dafür sang ich ihnen »Brian Boru’s March« vor, schnell, lebhaft und in Moll. Sie jubelten, als sie die Melodie erkannten, und begannen zu tanzen. In perfekter Harmonie umkreisten sie einander mit knappen, geübten Schritten, wirbelten umher und beendeten jede Drehung damit, dass sie mit ihrem Partner abklatschten. Ich hatte noch nie jemanden gesehen, den Tanzen so glücklich machte. Als ich endete, klatschten die Feen Beifall und fielen einander vor Freude um den Hals.
    »Ich würde dir gern etwas schenken«, sagte eine von ihnen.
    »Ist es denn etwas, das ich haben möchte?«, fragte ich argwöhnisch. Die drei lachten über meine Stimme, und ich stimmte ein – ich glaube, sie mochten mich wirklich.
    »Ich will es dir ins Ohr flüstern.«
    Unsicher, ob ich ihnen über den Weg trauen konnte, runzelte ich die Stirn. Schließlich ging ich in die Hocke und ließ die Fee dicht neben mich treten. Ein süßer, blumiger Duft, so angenehmwie ein Sommertag, stieg mir in die Nase. »O’Brien«, flüsterte die Fee.
    Die beiden anderen Feen kreischten entsetzt und schlugen sich die Hand vor den Mund, als hätte die dritte etwas höchst Skandalöses gesagt. »Oh, ho, ho, dafür wirst du brennen!«
    Die flüsternde Fee kicherte über meinen verwunderten Gesichtsausdruck. »Sie weiß nicht, was das ist.«
    Ich zog eine Augenbraue hoch. »Das ist ein Name.«
    Wieder kreischten sie, schlangen die Arme umeinander und wirbelten herum. Die Fee, die mir den Namen zugeflüstert hatte, sah mich an und biss sich auf die Lippe, während ein boshaft verschmitztes Glitzern in ihre Augen trat. »Du wirst ihn nicht vergessen, oder, Mädchen?«
    »Ebenso wenig wie du, Schelm«, erwiderte ich.
    Die drei ließen sich haltlos lachend ins Gras fallen und wälzten sich glucksend im Feenkreis. Sie erinnerten mich an ein paar Kids aus der Junior Highschool, die ich hinter der Turnhalle beim Kiffen erwischt hatte. Ich lächelte milde. »Ich muss jetzt gehen. Ich muss meinen Freund retten.« Sie kicherten immer noch, trotzdem versuchte ich es noch einmal: »Wisst ihr, wo er ist?«
    »Der blutige?«, fragte eine der Feen. »Oder dein Geliebter?« Sie deutete zwischen ihre Beine, worauf ich die Augen verdrehte. Junior Highschool, definitiv.
    »Beide.«
    »Am Anfang«, erklärte diejenige, die mir »O’Brien« zugeflüstert hatte. »Es endet am Anfang.«
    »Sehr geheimnisvoll. Vielen Dank.«
    Sie lachten nur. »Wirst du wieder mit uns tanzen, Mädchen?«
    »Wenn ich diese Nacht überlebe, kann ich es mir gern vormerken«, versprach ich.
     
    Die Sommernacht war von Musik erfüllt. Auf dem Weg nach Hause drangen aus hundert verschiedenen Richtungen Fetzen von hundert verschiedenen Liedern an meine Ohren. Überall um mich herum glommen Lichter in der Dunkelheit – die Feen erhellten auf geheimnisvolle Weise die Nacht. Obwohl ich sicher war, dass ich beobachtet wurde, sprachen mich keine Feen an, bis ich die Auffahrt hinauftappte.
    Aua! Verdammt.
Meine nackten Füße brachten mich um. Die Flucht vor den Hunden hatte ihnen arg zugesetzt, und der Marsch zurück nach Hause war ihnen auch nicht gut bekommen. Im Schatten der Einfahrt erstarrte ich. Delias Wagen stand noch auf der Straße vor dem Haus, und im Schlafzimmer meiner Eltern brannte Licht. Ich fragte mich, welche bösartigen Begründungen für meine Abwesenheit sie meinen Eltern eingeflüstert haben mochte.
    Eine Sekunde lang schwankte ich zwischen dem Bedürfnis, mir Schuhe aus dem Haus zu holen, und meiner Angst vor einer Begegnung mit Delia. Ich dachte daran, was die kleine Fee gesagt hatte – dass es am Anfang enden würde. Es gab zahllose Interpretationen für diese Worte, doch ich wusste, wo für
mich
der Anfang lag. In der Highschool, wo ich Luke begegnet war. Und wenn ich heute Nacht

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