LaNague 01 - Der Heiler
fielen, würde ihre Angriffslinie auseinanderbrechen.
Als Dalt auf die Gestalt zielte, die seiner Ansicht nach der Anführer sein mußte, verschwamm plötzlich die Umgebung vor seinen Augen, und ein Schwindelgefühl überkam ihn. Der Anfall ging vorbei, um dann kurze Zeit später noch heftiger zurückzukehren. Dalt fühlte, daß da etwas war, etwas durch und durch Böses, völlig Fremdes … und doch war es irgendwie seltsam vertraut.
Dann hatte er auf einmal das Gefühl, als würde ihm etwas entrissen, und einen Augenblick lang glaubte er, auf das gesamte Universum sowohl von innen wie auch von außen zu schauen. Und dann sah er und fühlte er nichts mehr.
*
Er erwachte mit Sand in seinen Augen und in seiner Nase und dem Raunen des Meeres und menschlicher Stimmen in seinen Ohren. Er erhob sich auf die Knie, wischte sich mit unsicherer Hand den Sand aus dem Gesicht und öffnete schließlich die Augen.
Eine kleine Gruppe von Leuten umringte ihn, ständig kamen weitere hinzu. Der Kreis weitete sich, als er auf die Füße kam. Alle Augen waren auf ihn gerichtet, und aus dem flüsternden Gemurmel konnte Dalt wieder das Wort »Heiler« heraushören. Es wurde ihm plötzlich klar, daß er seine Psi-Tarnung während seiner Bewußtlosigkeit verloren haben mußte.
Dalt fühlte etwas in seiner rechten Hand: die gestohlene Waffe. Er öffnete die Hand und ließ den Blaster in den Sand fallen. Als er sich dann wieder auf den Weg zu seinem Gleiter machte, teilte sich die Menge und bildete eine breite Gasse, deren einziges Hindernis für Dalt die Körper der getöteten Badenden waren und die Überreste der Eindringlinge, die er getroffen hatte.
Während er weiterging, überblickte Dalt den Schauplatz des Geschehens. Der Angriff war offensichtlich zurückgeschlagen worden: die Angreifer waren verschwunden, ihr wirbelartiges Tor nach wer-weiß-wohin hatte sich geschlossen. Die noch immer qualmenden Aschenreste der Eindringlinge, die nicht mehr hatten fliehen können, gaben ihm ein primitives Gefühl der Befriedigung.
Das wird ihnen eine Lehre sein.
Die Menge folgte ihm in respektvoller Entfernung zu seinem Gleiter und blickte ihm noch nach, als er sein Flugzeug über den Nebel und in Richtung Berge steuerte. Langsam setzte die Nachwirkung des Kampfes ein, und seine Hände zitterten, als Dalt seinen Adlerhorst erreichte. Zurück in seinem Arbeitszimmer schenkte er sich einen großzügig bemessenen Schluck von dem dünnflüssigen, trüben Lentemianwhisky ein, für den er in den letzten hundert Jahren eine besondere Vorliebe entwickelt hatte. Gewöhnlich verdünnte er ihn, aber diesmal trank er ihn pur und spürte, wie er angenehm warm seine Kehle hinunterlief.
Als er so allein in der Dunkelheit saß, die Füße auf den Tisch gelegt, wurde sich Dalt plötzlich eines eigenartigen Gefühls bewußt. Nein, es lag nicht an dem Alkohol. Es war etwas anderes … etwas Unangenehmes. Er setzte das Glas ab und nahm die Füße vom Tisch, und auf einmal erkannte er das Gefühl.
Er war allein.
Part? rief er in Gedanken und wartete auf die vertraute Stimme. Aber er bekam keine Antwort.
Er war nun auf den Beinen und rief laut. »Part!«
Die Stille, die folgte, bedeutete mehr als nur das Fehlen einer Antwort. Er spürte eine unbeschreibliche Leere in sich.
Part war weg. Part, der Vater; Part, der Sohn; Part, Ehefrau und Mutter; Part, der Ratgeber, der Vertraute, der Begleiter, der Bewahrer, der Aufpasser; Part, der Freund; Part … war nicht mehr da.
Das plötzliche, betäubende Gefühl, zum erstenmal seit über tausend Jahren allein zu sein, wurde noch schlimmer, als es Dalt bewußt wurde, daß er ohne Part nicht länger unsterblich war. Das Gewicht der Jahrhunderte, die er gelebt hatte, schien ihn fast zu erdrücken, als er erkannte, daß seine Tage wieder gezählt sein könnten.
Sein Ruf wurde zu einem verzweifelten Schrei.
Part!
XIX
Drei Tage vergingen in dumpfem Brüten, in denen Dalts Heim von unzähligen Nachrichtenreportern belagert wurde, die auf ein Interview lauerten. Der Heiler war zurückgekehrt, und jeder wollte ein Exklusivinterview. In weiser Voraussicht hatte er eine Schutztruppe angeheuert, um sie alle zurückhalten zu können. Schließlich wurde ihm gemeldet, daß ein Beamter der Förderation und ein ortsansässiger Politiker namens Lenda darum baten, empfangen zu werden; sie hatten angegeben, daß sie Bekannte von Dalt seien. Ob man sie einlassen dürfte?
Dalt nickte dem Gesicht auf dem Bildschirm
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