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Land aus Glas

Land aus Glas

Titel: Land aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alessandro Baricco
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entlang bis zur Tür … natürlich war alles voller Dreck, überall war Wasser … ich ging zur Tür und sah hinaus. Aber ich sah ihn nicht gleich, es goß wie aus Kannen und Eimern, und außerdem war es dunkel, ich sah ihn nicht gleich. Aber dann sah ich ihn doch. Ich traute meinen Augen kaum, er kniete da im Matsch, in diesem strömenden Regen, und preßte seine Hände gegen den Kopf, einfach so … ich weiß, es ist seltsam, aber … so war es … und ich sah ihn an und hatte keine Angst mehr … ja, ganz im Gegenteil eigentlich … ich warf mir meinen Mantel über und lief durch den Regen, wobei ich ›Mr. Pekisch, Mr. Pekisch!‹ rief, aber er hörte mich nicht, wie zu Stein erstarrt … die ganze Situation war sogar ein bißchen lächerlich, verstehen Sie? … er da auf den Knien und ich, wie ich durch den Matsch hüpfe in diesem Regen … tja, ich weiß nicht … schließlich nahm ich ihn bei den Händen, und er stand langsam auf, und ich brachte ihn ins Haus zurück … er ließ sich führen, er sagte keinen Ton … wissen Sie, es ist schon wahr, ich wußte fast nichts über ihn … er wohnte erst ein paar Monate bei mir … und man kann nicht sagen, daß wir je mehr als Guten Tag oder Guten Abend zueinander gesagt hätten … ich wußte nicht, wer er war … das ist schon wahr … aber ich brachte ihn in sein Zimmer, und dann … zog ich ihm das nasse Nachthemd aus, einfach so, ich könnte nicht sagen, warum, aber ich fragte mich nicht eine Sekunde, ob sich das nun gehörte oder nicht … ich weiß, daß ich es einfach tat, und ich begann ihn abzutrocknen, indem ich ihm mit dem Handtuch über Kopf und Körper fuhr, während er vor Kälte zitterte und keinen Ton sagte. Tja, ich weiß nicht … er hatte den Körper eines großen Jungen, wissen Sie, eines großen Jungen mit grauen Haaren … seltsam … und schließlich brachte ich ihn ins Bett, unter eine warme Decke … einfach so. Und vielleicht wäre gar nichts passiert, wenn ich nicht auf dem Bett sitzen geblieben wäre, um ihn anzuschauen … wer weiß … jedenfalls blieb ich da, weiß der Himmel warum, bis er mich irgendwann umarmte … einfach so, er drückte mich fest an sich, und ich umarmte ihn auch, und … so blieben wir eng umschlungen, auf diesem Bett, und dann unter dieser Decke … einfach so, und dann noch alles andere … ich glaube, Charlus hätte es verstanden … nein, wirklich, ich sage das nicht, um mich zu entschuldigen, aber so war er … er sagte immer: ›Das Leben ist ein Glas, das man bis zur Neige austrinken muß‹, das sagte er … und so war er auch … er hätte es verstanden … Dann, kurz vor Sonnenaufgang, schlüpfte ich aus dem Bett und ging in mein Zimmer zurück. Am Morgen, in der Küche … schien die Sonne zum Fenster herein, und er setzte sich an den Tisch und sagte einfach wie jeden Tag ›Guten Morgen, Mrs. Abegg‹, und ich antwortete ›Guten Morgen, Mr. Pekisch, haben Sie gut geschlafen?‹ – Ausgezeichnet … so als sei überhaupt nichts passiert, weder die Sache mit der Glocke noch alles andere … als er hinausging, kam er auf den Flur, daran erinnere ich mich noch ganz deutlich, und er blieb stehen, drehte sich um, schob den Kopf wieder zur Küche herein und sagte, ohne vom Boden aufzusehen, leise etwas zu mir … er sagte etwas wie ›Tut mir leid wegen dem Flur‹, etwas in der Art … und ich sagte ›Keine Sorge, Mr. Pekisch, das ist doch im Nu wieder weggewischt‹ … so war das … es ist schon seltsam, wenn manchmal wirklich überhaupt nichts zu sagen bleibt … tja, so war das, im großen und ganzen … wissen Sie, seitdem sind auch schon mehr als fünfzehn Jahre vergangen … so viel Zeit … Jahre … nein, ich habe nie daran gedacht, Mr. Pekisch zu heiraten, offen gestanden hat er mich auch nie gefragt, das muß ich ehrlich zugeben, er hat das alles nie auch nur mit einem Wort erwähnt, und … jedenfalls will ich Ihnen sagen … ich hätte nicht ja gesagt … verstehen Sie? … selbst wenn er mich gefragt hätte, ich hätte nein gesagt, denn ich hatte schon einen Mann in meinem Leben und … ich hatte das Glück, einen Mann zu lieben, und ich kann mir nicht vorstellen, daß das noch mal passieren könnte … denken Sie nur, die gleichen Worte, ich müßte die gleichen Worte wieder sagen, das wäre doch lachhaft … nein, ich hätte ihn nie geheiratet … den Mr. Pekisch … Wissen Sie, es gibt Nächte, da … es kommt nachts manchmal vor, daß … manchmal … kommt Mr. Pekisch leise in mein

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