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Land aus Glas

Land aus Glas

Titel: Land aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alessandro Baricco
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Eisenbahn nicht mehr gibt. Das ist eine lange Geschichte. Ich erzähle sie Dir ein andermal. 
     
    Hochverehrter und geschätzter Herr und Professor Pekisch, 
    wir wären Ihnen sehr verbunden, wenn Sie uns erklären könnten, was zum Teufel denn so Schwerwiegendes passiert ist, das Sie davon abhält, Ihre hochgeachtete Schreibfeder zur Hand zu nehmen und von sich hören zu lassen. Darüber hinaus ist es nicht besonders nett von Ihnen, daß Sie uns die karge Frucht unserer monatelangen Arbeit, nämlich das bescheidene Handbuch für den perfekten Versicherungsvertreter, unbedingt ungeöffnet zurückschicken, denn abgesehen davon, daß es Ihnen gewidmet ist, dürfte es keinesfalls nutzlos für Ihre Allgemeinbildung sein. Möglicherweise rostet in der Luft von Quinnipak ja gerade die Zuneigung ein, die Sie früher einmal für Ihren ergebensten Freund empfanden, der Sie niemals vergessen kann und der da heißt
    Pehnt?
     
    P.S. Grüße von Bill. 
     
    … vor allem da, wo es in Kapitel XVII um die entscheidende Bedeutung geht, die dem Gebrauch von Galoschen als Zeichen der Würde zukommt, die den wahren Versicherungsvertreter »unzweifelhaft« kennzeichnen soll. Ich versichere Ihnen, daß Seiten wie diese das Vertrauen in die Fähigkeit unserer geliebten Nation, einzigartige humoristische Schriftsteller hervorzubringen, wiederherstellen. Ich unterschätze gewiß nicht die unvergleichliche Ironie der Abschnitte über die Diät des perfekten Versicherungsvertreters und über die Adverbien, die dieser dem geschätzten Kunden gegenüber niemals verwenden darf (welcher, wie mir Ihr Text bestätigt, immer recht hat). Ebensowenig würde ich mir je erlauben, den dramatischen Gehalt der Seiten in Abrede zu stellen, auf denen Sie mit erhobenem Zeigefinger die Risiken zusammenfassen, die mit der Versicherung von Schiffen, welche Schießpulver transportieren, verbunden sind. Doch gestatten Sie mir, Ihnen nochmals zu sagen, daß nichts an die plastische Komik der Zeilen heranreicht, die den bereits erwähnten Galoschen gewidmet sind. Ihnen zu Ehren beginne ich derzeit ernsthaft die Möglichkeit zu erwägen, Ihre Dienste in Anspruch zu nehmen und der unbestreitbaren Seriosität Ihrer Versicherungsgesellschaft das anzuvertrauen, was mir im Leben das kostbarste ist und letztlich auch das einzige, das ich wirklich besitze: meine Ohren. Ob Sie mir wohl den Entwurf einer Police gegen Risiken wie Taubheit, Verstümmelungen, bleibende Schäden und unvorhergesehene Verwirrung schicken könnten? Ich würde angesichts meiner zweifelhaften Finanzlage auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, nur eines meiner beiden Ohren versichern zu lassen. Am liebsten das rechte. Schauen Sie doch mal, was sich da machen läßt. Ich schließe mit den herzlichsten Glückwünschen und verbleibe immer
    Ihr Pekisch
     
    P.S. Mir ist ein Freund namens Pehnt abhanden gekommen. Er war ein kluger Junge. Wissen Sie etwas von ihm?
     
    Du alter, verflixter Pekisch, 
    das darfst Du mir nicht antun! Das verdiene ich nicht. Ich heiße Pehnt, und ich bin immer noch derselbe, der lang ausgestreckt auf dem Boden lag, um auf die Stimme in den Rohren zu horchen, als ob sie tatsächlich hätte kommen können, aber in Wirklichkeit kam sie nie. Nie kam sie. Und jetzt bin ich hier. Ich habe eine Familie, ich habe Arbeit, und abends gehe ich früh zu Bett. Dienstags gehe ich in die Konzerte, die im Trater-Saal gegeben werden, und ich höre Musik, die es in Quinnipak nicht gibt: Mozart, Beethoven, Chopin. Sie ist normal, aber sie ist trotzdem schön. Ich habe Freunde, mit denen ich Karten spiele, zigarrerauchend über Politik rede und sonntags ins Grüne fahre. Ich liebe meine Frau, die klug und schön ist. Es gefällt mir, daß sie da ist, wenn ich nach Hause komme, egal, was an dem Tag in der Welt passiert sein mag. Es gefällt mir, dicht neben ihr einzuschlafen, und es gefällt mir, mit ihr aufzuwachen. Ich habe einen Sohn, und ich liebe ihn, auch wenn alles darauf hindeutet, daß er Versicherungsvertreter wird, wenn er groß ist. Ich hoffe, daß ich es richtig mache und er ein anständiger Mensch wird. Abends gehe ich zu Bett, und dann schlafe ich ein. Du warst es, der mir beigebracht hat, daß das bedeutet, im reinen mit sich zu sein. Mehr ist da nicht. Das ist mein Leben. Ich weiß, daß es Dir nicht gefällt, aber ich will nicht, daß Du mir das schreibst. Weil ich auch weiterhin abends zu Bett gehen und dann einschlafen will.
    Jeder hat das Leben, das er verdient. Ich habe

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