Land der guten Hoffnung
einen Werbeprospekt für das neue Südafrika hätten zieren können: die eine weizenblond und blauäugig, die andere dunkelhäutig mit Bernsteinaugen. Sie ließen es nicht bei den üblichen Formalien bewenden. Die mit den Bernsteinaugen griff zu einem in Leder gebundenen Ordner und einem Schlüsselbund und führte mich zu meiner Unterkunft. Es ging über den Hof und über eine Treppe ins Dachgeschoss, wo mich unter wuchtigen Balken eine Wohnhalle mit Bad erwartete. Meine Begleiterin bat mich höflich, einen Augenblick in einem der schweren Ledersessel vor dem Kamin Platz zu nehmen, setzte sich zu mir und verpasste mir unaufdringlich aber nachdrücklich eine Lektion aus dem Ordner.
Nur wegen Stan Wishbone bewies ich Geduld.
Ich erfuhr unter anderem, dass sich im Hof, direkt an der Hauswand, mehr Kaminholz stapelte, falls mir die Vorräte ausgehen sollten, dass der Rasen nur am Mittwoch (und zwar zwischen elf und zwölf Uhr) gemäht, und im Übrigen (zur Bewahrung sehr knapper Ressourcen) ausschließlich mit recyceltem Wasser gesprengt wurde. Der Pool war keinesfalls schmutzig, sondern nur mit schwarzem Granit ausgekleidet, um die Sonnenwärme besser zu absorbieren und dadurch die Wassertemperatur zu erhöhen. Wärmflaschen wurden nur in den Wintermonaten routinemäßig ausgegeben, waren jedoch bei Bedarf an besonders kühlen Abenden jederzeit unter der Telefonnummer 9 abrufbar.
Jede Einzelheit war zum Wohle des Gastes auf das Feinste durchdacht. Bevor die junge Dame mich meinem behüteten Schicksal überließ, wurde deutlich: Die kleine Luxusherberge war im Grunde genommen ein bequemer Wartesaal für zahlungskräftige Feinschmecker, die zum Abendessen das Restaurant füllen sollten. Es mochte zwar keine Verpflichtung sein, im Hause zu essen und zu trinken, aber die Frage nach der Tischreservierung war im strengen Ritual eng mit der Aushändigung des rustikalen Zimmerschlüssels und eines elektronischen Chips für das Sicherungssystem an den Grundstückszugängen verbunden.
Wie ich gehofft hatte, wurde meine Reservierung für das Diner um zwanzig Uhr mit Stan Wishbones Auftritt als Oberkellner belohnt.
Jabu hatte mir den Schlagzeuger als athletischen Mittelgewichtler mit Glatze, angegrautem Bart und Professorenbrille angekündigt. Außerdem hatte der Alte mit einem Kichern unterstrichen, die Farbe Schwarz sei gar nicht dunkel genug, um das Aussehen des Mannes angemessen zu beschreiben. Jedenfalls war Stan Wishbone nicht zu übersehen. Polierter Schädel und muskulöse Figur waren eher Attribute eines Türstehers, doch tadellos geschnittene Hose, sowie Weste und ein elegantes Hemd mit Seidenbinder nahmen seinem Auftritt die Kanten, und auch die Nickelbrille und das Grau im Bart trugen zu einer seriösen Erscheinung bei.
Eine blonde Mittvierzigerin, die über das Reservierungsbuch herrschte, hakte mich energisch auf ihrer Liste ab, griff nach Speise- und Weinkarte und führte mich durch das gut besetzte Restaurant zum einzigen Platz, der für einen alleinreisenden Platzvergeuder wie mich in Frage kam. Der Katzentisch stand in der hintersten Ecke, direkt neben dem antiken Büffet, das dem Personal als Anrichte diente. Es ging ein bisschen eng zu, aber meine Position hatte ihre strategischen Vorzüge. Von hier aus bot sich ein guter Überblick über die Gäste, und die Nähe zu Oberkellner Wishbone, für den die Anrichte Dreh- und Angelpunkt seiner Arbeit war, kam mir nicht ungelegen.
Um mich herum ging es dezent und am Genuss orientiert zu. Rauchverbot und abgeschaltete Mobiltelefone gehörten zur Lebensart im Quartier, wie der Prolog zur Speisekarte klarstellte. Wishbone nahm meine Bestellung entgegen und überwachte das Personal beim Servieren mit dezenter Strenge. Um den Wein kümmerte er sich selbst. Ich entschied mich für eine Flasche Backsberg Pinotage aus Paarl zum SpringbockFilet und machte nach dem zweiten Glas eine Notiz für Docs Wunschliste.
Während ich Wishbone über Essen und Wein gar nicht aus den Augen verlieren konnte, hing ich meinen ersten Eindrücken von Franschhoek nach. Ein Spaziergang hatte mir die Überschaubarkeit des Ortes vor Augen geführt. Ruhige Wohnviertel, in denen neue und alte Häuschen im Bungalowstil, meist im Schatten üppiger Gärten, standen, wurden entlang der Hauptstraße von einer Sammlung aus Galerien, Läden mit Kunsthandwerk und Cafés ergänzt. Nicht zu vergessen die Büros der Immobilienmakler und die zahlreichen und oft stilvollen Gasthäuser und Restaurants. Aber
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