Land der guten Hoffnung
sie in einem
Lederhalfter auf der Innenseite des Hosenbundes. Zufrieden über die erfolglose Durchsuchung, winkte er mich weiter.
Nach etwa einhundert Metern öffnete sich das Dickicht und gab den Blick auf eine Landschaft frei, die mit ihrer Artenvielfalt einem botanischen Garten alle Ehre gemacht hätte. Sattes Grün und Blüten in jedem erdenklichen Farbton überzogen die kleine Ebene, die wir durchquerten, und die Hügel, die sie umgaben. Ein Bach plätscherte durchs felsige Bett und lieferte neben der Meeresbrandung das einzige Geräusch.
Nur zehn Minuten später bemerkte ich einen einzelnen Holzbungalow, der sich perfekt ins Terrain einfügte. Auf der Veranda war ein Mann zu erkennen, dessen Äußeres mir Hoffnung gab, nun auf Timothy Butler zu treffen.
Kapitel 14
„Wir sind hier in einem Naturschutzgebiet“, sagte der Mann, den ich gesucht hatte.
Sein Deutsch war guttural, aber fließend. Den schmalen Schnurrbart hatte er abrasiert, wie ich bereits von Gormann wusste. Auch die Afromähne war drastisch gestutzt. Die hageren Gesichtszüge hatten sich jedoch kaum verändert. Timothy Butler trug ein weites Gewand und Sandalen.
Butler und ich saßen in bequemen Campingstühlen auf der Veranda und tranken kühles Bier, während Wishbone in der Küche herumklapperte und einen Imbiss machte. Ich war dankbar dafür, denn ich hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen. Der Hausherr hatte vom ersten Moment an einen gelassenen Eindruck vermittelt und mich empfangen, als wäre mein Aufenthalt in seiner Lodge schon lange im Voraus gebucht gewesen. Eine Brise wehte vom Meer zu uns herüber, und zum monotonen Zirpen der Zikaden ging langsam die Sonne unter und rang dem Himmel ein letztes Glühen ab. Im Bungalow leuchteten nacheinander mehrere Gaslampen auf. Wishbone brachte auch uns eine kleine Coleman-Leuchte, die leise vor sich hin zischte.
„Leben Sie schon lange hier, Mister Butler?“ fragte ich.
„Sagen Sie ruhig Tim zu mir.“
Seine strahlend weißen Zähne leuchteten für Sekundenbruchteile in die aufkommende Dämmerung.
„Ich bin erst hier, seit Jabu umgebracht wurde. Vorher habe ich mich in der ganzen Region bewegt. Vorsichtig zwar, aber problemlos. Nur Kapstadt habe ich nach den ersten Fahndungsaktionen natürlich vermieden. Aber so weit ab vom Schuss musste ich mich noch nie verstecken. Sah ja so aus, als sei der Fall erledigt. Und nun kommt wieder Unruhe auf.“
Er trank einen Schluck Bier und sagte langsam und bedächtig:
„Biyo socdaa biyo fadhiya kiciya! “
Ich sah ihn fragend an, und er übersetzte.
„Fließendes Wasser bringt stehende Gewässer in Bewegung!“
„Wer hat Jabu umgebracht?“
Er lachte leise. „Denken Sie etwa, ich war es?“
„Wenn nicht Sie - wer dann?“
„Sagen wir: Ich weiß es, und das kann mich das Leben kosten. Deshalb behalte ich es vorerst noch eine Weile für mich.“
„Wieso hat man Sie bislang nicht gefunden? Konnte man nicht? Oder wollte man nicht?“
„Diejenigen, die wollten - die Deutschen - konnten nicht, und die, die konnten - meine südafrikanischen Freunde -wollten nicht.“
„Sie haben offenbar gute Kontakte hier.“
„Kann man so sagen. Ich habe schließlich einige Verdienste. Vor allem politische. Aber die Zeiten ändern sich. Die Leute, auf die es für mich ankommt, sind entweder nicht mehr da oder werden vergesslich.“ Er lächelte müde. „Mein Bonus ist langsam aufgebraucht. Wenn überhaupt noch jemand seine Hand über mich hält, dann zittert sie schon beträchtlich.“
Der Feuerball verschmolz allmählich mit dem Horizont.
„Ich rede mit Ihnen, weil ich weder für Jabus, noch für Bettys Tod verantwortlich bin. Und weil ich mittlerweile Angst um mein eigenes Leben habe.“
„Betty.?“
Die Nachricht erwischte mich kalt. Für einen Augenblick sah ich wieder die dunklen Augen vor mir, die mich so eindringlich gemustert hatten, und die blauschwarzen Haare.
„Sie haben also auch mit ihr geredet.“ Timothy Butler zog die Stirn in Falten und musterte mich im matten Schein der Gaslampe.
„Von Jabu zu Betty zu Stany - das war die Richtung, die mir der Alte bei unserem Treffen in Kapstadt vorgab.“
Tims Lacher war gallebitter. „Gut, dass wenigstens Stany noch lebt.“
„Was ist mit Betty passiert?“
„Sie ist aus dem Fenster gefallen.“
„Einfach so?“
„Man hat ihr vorher was verabreicht, damit es aussieht, als habe sie sich im Drogenrausch Flügel wachsen lassen.“ Er schüttelte den Kopf. „Und -
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