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Land der guten Hoffnung

Land der guten Hoffnung

Titel: Land der guten Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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beherrscht wurde. Ich kümmerte mich um das Feuer, und Rena öffnete eine weitere Flasche Wein. Als wir anstießen, sah sie mir fest in die Augen.
    „Sie denken wohl, ich bin nichts weiter als ein kalter Fisch, Helm.“
    „Ich gebe zu, der Gedanke ist mir durch den Kopf gegangen.“ Ich setzte mich auf das antike Ledersofa. „Er war nun mal der Vater Ihres Kindes.“
    Sie blieb vor dem Kamin stehen und starrte in die Flammen. Worüber sie auch brüten mochte, ich ließ ihr dabei Zeit. Es mussten fünf Minuten vergangen sein, als sie endlich zu einem Entschluss kam, das Glas abstellte und im Schlafzimmer verschwand. Nur wenig später kehrte sie zurück und reichte mir eine Fotografie. Sie setzte sich in einen der Ledersessel, und noch bevor ich mir das Foto anschauen konnte, sagte sie leise und mehr zu sich selbst:
    „Ihr Auftrag ist noch nicht erledigt.“
    Ich schaute sie einige Sekunden lang an - ohne Augenkontakt zu bekommen. Stumm starrte sie in das prasselnde Kaminfeuer, und ich widmete mich der Farbfotografie in meinen Händen. Es war ein Schnappschuss von einem kleinen Mädchen mit Zöpfen, das aus nächster Nähe fröhlich in die Kamera strahlte. Während ich das Foto betrachtete, ahnte ich bereits, wo das Problem lag, und bevor ich nachfragen musste, kommentierte Rena das Bild für mich.
    „Das ist Conny, meine Tochter.“
    Wenn Rena Carsten diesmal die Wahrheit sagte und es sich bei dem abgebildeten Kind tatsächlich um Cornelia Carsten handelte, dann hatte ihre Tochter eindeutig rotblonde Haare, blaue Augen und Sommersprossen auf den hellen Wangen. Der Vater hätte Ire sein können. Somali war er bestimmt nicht.
    „Es tut mir Leid, dass ich Sie angelogen habe.“
    Ihre Entschuldigung ging fast im Knistern und Knacken des Kaminholzes unter. Und da sie nach wie vor den Flammen zusah, fand auch ich Gefallen daran, die dunkle Leere in meinem Hirn einstweilen mit dem Anblick des bunten Flackerns zu betäuben.
    „Es ist nicht, wie Sie denken, Helm.“
    „Im Moment denke ich gar nicht.“
    Man mochte dem Mann, der sich Timothy Butler genannt hatte, unterstellen, was man wollte - eins war klar: Er war ein Looser, der eine Spur Mitleid verdiente.
    Tim war an der Entführung beteiligt gewesen, aber angerührt hatte er Rena Carsten wohl kaum. Nur war ihm in einem unbedachten Moment ein entscheidender Fehler unterlaufen. Er hatte sich als einziges Mitglied der Bande in Gegenwart der Geisel ohne Gesichtsmaske gezeigt.
    „Sie haben also einen aus der zweiten Reihe ans Messer geliefert, ihn ausführlich der Polizei beschrieben und ihn gegen besseres Wissen zum Boss der Bande befördert. Und das alles nur, um Ihren Lover zu decken.“ „Und um ihn zu finden! Was hätte ich denn tun sollen, ohne den Vater meines Kindes auf die Fahndungsliste zu setzen? Conny wird ihn vielleicht noch brauchen.“
    „Und Sie.? Brauchen Sie ihn auch, Rena?“
    Sie ging nicht darauf ein.
    Ich ließ ihr Zeit.
    „Es tut mir Leid - wirklich! Aber dieser Somali war der einzige, der mich zum Ziel führen konnte, Helm. Ich war auf den Mann angewiesen.“
    „Und er ist dabei draufgegangen.“
    „Er war ein Geiselnehmer!“
    „Darauf steht bei uns nicht die Todesstrafe.“
    „Seien Sie nicht so selbstgerecht.“
    Damit lag sie nicht ganz falsch. Genau genommen war ich mit Jabu und Betty nicht viel besser umgegangen als Rena mit Tim. Ich hatte Jabu und Betty als Informanten abgeschöpft und dabei ihre Gefährdung in Kauf genommen. Wenn schon nicht aus demselben, dann aus einem vergleichbaren Motiv wie Rena: Die Suche nach dem großen Unbekannten - der mir im Gegensatz zu ihr völlig gleichgültig war.
    „Sie lügen wohl nie?“ fragte sie. „Außerdem hätte ich den Anführer der Bande gar nicht beschreiben können.“
    Ich konnte meine Verblüffung nicht verbergen. „Meinen Sie damit, er hat Sie.?“
    „Ja, er hat mir das Kind gemacht, ohne seine Tarnkappe abzunehmen - um es mal poetisch zu formulieren.“
    Sie trank hastig.
    „Oder prosaischer: Er hat mich gefickt, ohne mich dabei sein Gesicht sehen zu lassen!“
    Sie teilte es mir so vehement mit, als wolle sie sich damit selbst bestrafen. Die bloße Vorstellung des Aktes hatte etwas Bizarres, und die Schärfe, mit der Rena Carsten nicht nur sich selbst, sondern auch mich anging, reizte mich zusätzlich.
    „Wie erotisch! Hat er wenigstens die Hose dabei ausgezogen?“
    „Sie sind ekelhaft!“
    Sie schluchzte und bedeckte ihre Augen mit den Händen. Wusste der Teufel, ob es

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