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Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Titel: Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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was mir wichtig war, existiert nicht mehr. Mein Leben, wie ich es kannte, wurde völlig ausgelöscht, es ist nichts mehr davon übrig…«
    »So wie bei meinem«, erwiderte der Junge ernst, und wieder fühlte sich ihm der raubeinige Wildfänger seltsam verbunden. Mehr noch, er verspürte plötzlich das gleichermaßen unsinnige wie dringende Bedürfnis, den Knaben zu trösten.
    »Wenn du mich fragst«, sagte er deshalb, »ist eine kleine Hoffnung besser als gar keine. Wo ich herkomme, sind ein ordentlicher Bogen und eine gute Axt die einzigen Waffen, die ein Mann braucht – gegen das Eis jedoch können keine Pfeile und kein Axtblatt etwas ausrichten. Ich habe in Alwys’ Spiegel geschaut, Junge. Ich habe die Bestie gesehen, die dort unten haust und das Grundmeer erstarren lässt – und ich fürchte, wenn keine Rettung kommt, ist’s um uns geschehen.«
    »Und diese Rettung soll ausgerechnet ich sein?«
    Alphart schaute den Jungen lange an. Zu behaupten, dass er Erwyn eine Chance eingeräumt hätte im Kampf gegen das Böse, wäre eine glatte Lüge gewesen, und als Mann der Wildnis und der Berge hasste Alphart nichts so sehr wie die Unwahrheit. Andererseits brauchte er nur in das traurige Gesicht des Jungen zu blicken, und schon schwand seine Wahrheitsliebe…
    »Ich weiß es nicht«, antwortete er deshalb ausweichend und konnte es selbst kaum glauben, dass er dem Jungen ermunternd auf die Schulter klopfte. »Letztlich sind wir alle allein in dem Kampf, der uns bevorsteht. Jeder ist verantwortlich für das, was er tut. Vergiss das niemals, Junge. Hast du verstanden?«
    »I-ich denke schon…«
    »Was immer du tust, es ist deine Entscheidung. Lass dir von niemandem etwas anderes erzählen. Auch von dem Druiden nicht.«
    »Verstanden«, gab Erwyn leise zurück.
    Dann schwiegen sie wieder und blickten hinaus auf die mondbeschienenen Berge. Keiner von ihnen wusste, was die Zukunft bringen mochte…

 
    35
     
     
     
    Kaelor, der Letzte der Eisriesen, hatte eine weitere Vision.
    Im Auftrag seines finsteren Gebieters hatte der Herrscher von Dorgaskol das Heer des Bösen neu formiert. Er hatte die Trolle zu sich gerufen und Krieger der Erle in die Täler gesandt, damit sie Furcht und Panik unter den Menschen verbreiteten, um so den Feldzug vorzubereiten.
    Kaelor sah in seiner Vision Muortis’ Horden die Täler überschwemmen und die Siedlungen und Burgen der Menschen niederbrennen. Er sah Berge von Erschlagenen und schaute zu, wie sich das Wasser der Flüsse rot färbte von Blut.
    Aber Kaelor sah auch Widerstand. Die Menschen, das verriet ihm seine Vision, würden sich nicht willenlos in ihr Schicksal fügen. So erdrückend die Übermacht des Feindes auch sein mochte und so vernichtend die Kälte des Eises – die Hoffnung und der Glaube der Sterblichen an das Gute schien ungebrochen. Doch wie war das möglich, wenn kein Sylfe mehr auf der Welt existierte?
    Kaelor schlug das eine Auge auf, das unter dem Horn auf seiner Stirn prangte. Die Vision war zu Ende, dennoch beunruhigte sie ihn. So beschloss er, seinem Herrn und Meister davon zu berichten. Indem er nach dem Amulett griff, das vor seiner Brust hing und das von dunkler Kraft durchdrungen war, nahm Kaelor in Gedanken Verbindung zu seinem Gebieter auf – und plötzlich war es, als würde der Fels seiner Höhle zu Staub zerfallen. Wabernder Nebel umgab ihn, eisige Kälte zerrte an dem Fell, das seinen Körper umhüllte.
    »Du wünschst mich zu sprechen?«, dröhnte eine abgrundtiefe Stimme, deren Klang Kaelor wohlig schaudern ließ.
    »Ja, Gebieter«, sagte er und verneigte sich tief und unterwürfig. »Erneut hatte ich eine Vision. Ich sah Bilder von Ereignissen, die noch bevorstehen.«
    »Und? Glaubst du, ich wüsste nicht, was die Zukunft bringt? Ich selbst war es, der deinesgleichen die Fähigkeit der Voraussicht gab.«
    »Verzeiht meine Vermessenheit, Erhabener.« Kaelor verneigte sich noch tiefer. »So wisst Ihr also, dass sich im Reich der Menschen Widerstand regt?«
    »Was für Widerstand?« Die abgrundtiefe Stimme, deren Klang so kalt war wie klirrendes Eis, lachte spöttisch auf. »Die Menschen haben nichts, das sie mir entgegensetzen könnten. Mein Heer wird sie überrennen und keinen von ihnen am Leben lassen, und ich selbst werde ihre Leichen unter Schichten von Eis begraben, so tief, dass sich niemand mehr ihrer entsinnen wird.«
    »Und Yvolar?«, fragte Kaelor unsicher.
    »Yvolar?«
    »Der Druide«, erklärte Kaelor unterwürfig. »Er kennt die alten

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