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Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Titel: Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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mit langen, bis zum Boden wallenden Bärten. Aber nicht nur Zwerge waren an diesem Tag unter Alwys’ Hofgesellschaft – auch zwei Menschen waren zugegen. Leffel Furr, den sie den Gilg nannten, war der eine, Alphart Wildfänger der andere. Während Leffel von der Gewalt des Augenblicks ebenso erschlagen schien wie Erwyn selbst, blickte Alphart gewohnt grimmig drein. Die Gegenwart all der Zwerge, aus deren Menge er wie ein Riese hervorstach, schien ihm unangenehm.
    Entschlossenen Schrittes trat Yvolar vor, in die Säule aus blauem Licht, die schräg durch eines der hohen Fenster fiel. Erwyn schob er vor sich her, die Hand auf der Schulter des Jungen. Der Zwergenkönig erhob sich, und in einer Respekt gebietenden Geste breitete er die Arme aus, worauf es völlig still wurde im Hort der Kristalle.
    »Freunde, Zwerge, Landsleute!«, wandte sich Alwys mit erhobener Stimme an sein Volk. »Nur selten in unserer Geschichte wurde eine Versammlung aller Zwerge an diesem Ort einberufen, und stets gab es dafür gute Gründe. Ein Besucher ist zu uns gekommen, dessen Namen jeder von euch kennt. Obwohl er keiner von uns ist, hatte sein Wort stets Gewicht im Hort der Kristalle, und ich möchte, dass ihr ihm aufmerksam zuhört. Das Wort hat der Wanderer, der unter zahlreichen Gefahren zu uns gekommen ist, um uns von alarmierenden Vorgängen zu berichten: Yvolar der Druide!«
    Yvolar, der kein bisschen angespannt schien und sich unter den zahlreichen Blicken leicht und selbstsicher bewegte, bedankte sich beim Zwergenkönig für die Ansprache mit einem respektvollen Nicken. Dann breitete auch er die Arme aus und ergriff das Wort.
    »Meine Freunde!«, rief er so laut, dass es von der hohen Kuppel widerhallte. »Lange liegt mein letzter Besuch bei euch zurück, doch stets war ich ein Freund und Verbündeter des Volks von Glondwarac. In Zeiten des Friedens haben wir die Tafel geteilt und Rubinwein getrunken, im Krieg Schulter an Schulter gegen den gemeinsamen Feind gekämpft. Dies ist der Grund, meine Freunde, weshalb ich hier und heute vor euch stehe: Denn der Feind, gegen den wir einst gemeinsam stritten und den wir längst besiegt glaubten, hat sich erneut erhoben.«
    Hier und dort wurde erneut getuschelt, Bestürzung war in bärtigen Mienen auszumachen. Die Zwerge waren ein friedliebendes Volk und mochten es nicht, wenn in ihren Hallen laut und offen von Krieg gesprochen wurde – denn ein Krieg bedeutete, all das zu riskieren, was sie der Erde im Lauf von Jahrtausenden abgerungen hatten.
    »Ich bin zu euch gekommen«, fuhr Yvolar fort, »weil ich dunkle Zeichen sah. Wäre es nur der vorzeitige Frost, der Allagáin bedroht, so wäre ich nicht beunruhigt, denn frühe Winter hat es zu allen Zeiten gegeben. Aber das Wasser des Brunnen Aillagan hat sich blutrot verfärbt, und grässliche Kreaturen durchstreifen die Berge. Die Erle, unsere Feinde von alters her, haben die Klüfte von Dorgaskol verlassen, und eine Kreatur aus den Tiefen der Welt lässt die Gewässer des Grundmeers erstarren. All dies beweist, meine Freunde: Das Böse ist zurückgekehrt. Es ist nicht vernichtet, wie wir gehofft hatten, sondern wirkt noch immer. Muortis, der Herr der Finsternis und des Eises, hat die Zeit überdauert – und erneut greift er uns an.«
    Nun war es mit der Ruhe im Saal vorbei. Obwohl die Zwerge inzwischen wussten, welches Grauen der weise Druide im Spiegel des Zwergenkönigs gesehen hatte, waren sie unter Yvolars Ausführungen zusammengezuckt. Ein Rauschen wie von prasselndem Regen ging durch die Halle, als allenthalben getuschelt und gemurmelt wurde.
    »Ich weiß, ihr habt Angst«, sprach Yvolar dessen ungeachtet weiter, »und das solltet ihr auch. Als ich in des Königs Spiegel schaute, sah ich Muortis’ geheime Waffe und weiß nun, was er vorhat. Wie schon einmal will er die Welt in Kälte und Eis erstarren lassen und bedient sich dabei der tödlichsten Kreatur, die die Berge kennen – eines Eisdrachen.«
    Das Gemurmel wurde lauter. Erwyn, der bei jedem Wort des Druiden ein Stück kleiner geworden war, weil er sich aus einem unerfindlichen Grund für all die Unruhe verantwortlich fühlte, blickte betroffen in die Runde, den Kopf zwischen die Schultern gezogen.
    Während die Züge von König Alwys unbewegt blieben und keine Gefühlsregung verrieten, zeigten sich die Ältesten sichtlich besorgt. Einige schauten betroffen zu Boden, andere hatten zorngerötete Mienen unter den Bärten, und einer, ein selbst für einen Zwerg recht gedrungener

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