Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond
große Gefahr auf euch genommen, um mich zu schützen und vor den Augen des Bösen zu verbergen. Und ihr habt es nicht vergeblich getan – denn wenn sich bewahrheitet, was Meister Yvolar sagt, so werde ich schon bald Gelegenheit erhalten, mich würdig zu erweisen für das, was ihr für mich getan habt. – Lebt wohl!«
»Lebt wohl, meine Freunde!«, rief König Alwys, um dessen Züge ein stolzes Lächeln spielte ob der tapferen Worte des Jungen, und begeisterter Jubel brandete von den Rängen. Es wurde gerufen und gewunken, während die Musikanten noch einmal in ihre Instrumente stießen und ein Kriegslied schmetterten, das – so mutete es an – den Berg erbeben ließ.
Die Gefährten machten sich auf den Weg.
Sie verließen den Hort der Kristalle, und über eine Reihe breiter Treppen und Stollen, die zu beiden Seiten von Schaulustigen gesäumt wurden, erreichten sie den Eingang zu den königlichen Minen. Dort wartete bereits ihr Gepäck auf sie, zu dem neben den Waffen und ausreichend Proviant auch wärmende Umhänge gehörten.
Yvolar schien genau zu wissen, wo der Feuerdrache zu finden war. Sein Plan sah vor, sich zunächst nach Osten zu begeben, quer durch die Minen der Zwerge, die sich von den Gestaden des Búrin Mar bis an die Grenzen Allagáins erstreckten. Weder Alphart noch Leffel hatte gewusst, dass die Zwerge ihre Stollen in all den Jahrtausenden so weit vorangetrieben hatten, und nun bekamen sie auch noch zu hören, dass all diese unterirdischen Gänge und Tunnel zum Zwergenreich gehörten und unter dem schützenden Zeitzauber Glondwaracs standen.
Wenn es stimmte, was der Druide behauptete, so würden sie unbeschadet und trockenen Fußes zurück ins Wildgebirge gelangen. Alphart war froh darüber, nicht allein in seine Heimat zurückkehren zu müssen, auch wenn er das freilich niemals zugegeben hätte.
»Nur damit keine Missverständnisse aufkommen«, raunte er dem Druiden zu, während sie an der Spitze des kleinen Zugs durch die Stollen schritten, jeder eine brennende Fackel in der Hand, »ich tue dies alles für meinen Bruder und für niemanden sonst.«
»Natürlich«, sagte Yvolar nur.
»Glaubst du mir etwa nicht?«
»Natürlich«, wiederholte der Druide.
Schweigend gingen sie weiter, drangen immer tiefer vor ins Innere des Berges. Der Fleiß und die Beharrlichkeit, mit denen die Zwerge ihre Stollen in den Fels getrieben hatten, rangen Alphart höchste Anerkennung ab – und das, obwohl er bis vor kurzem noch nicht einmal an ihre Existenz geglaubt hatte. Seit er Yvolar begegnet war, sah der Jäger fortwährend Dinge, die ihn zum Staunen brachten, und obwohl der Druide den Mund ziemlich voll zu nehmen pflegte, hatte er noch nicht ein einziges Mal zu viel versprochen. Er hatte sie nach Seestadt geführt und in die Festung der Zwerge, und nun begaben sie sich auf die Suche nach dem Letzten der Feuerdrachen. Und noch immer schien Yvolar weit mehr zu wissen, als er preisgab…
»Kannst du mir etwas verraten, Druide?«, fragte Alphart nach einer Weile. Es gab etwas, das ihn schon eine ganze Weile beschäftigte. Was konnte es schaden, den Alten danach zu fragen?
»Was möchtest du wissen, Freund?«
»Damals, in jener Nacht am Nymphensee…«
Yvolar schickte ihm einen wissenden Blick. »Du hast doch etwas gesehen, nicht wahr?«
»Ich denke schon«, gestand Alphart zögernd, »auch wenn ich es zunächst für einen Traum hielt…«
»Was genau war es? Beschreibe es mir.«
»Ich…« Alphart zögerte. Mit einem Blick über die Schulter vergewisserte er sich, dass der Abstand zu Leffel und Erwyn, die hinter ihnen gingen, groß genug war. Er mochte nicht, dass andere hörten, wenn er von solchen Dingen sprach…
»Nun?«, drängte Yvolar.
»Na schön – ich sah eine junge Frau, die über dem Wasser schwebte und mit dir sprach.« Vorsichtig schaute er den Druiden an, als befürchte er, dieser könnte in schallendes Gelächter ausbrechen und ihn einen Narren schelten.
Aber nichts dergleichen geschah. Yvolar ging einfach weiter und schwieg, eine endlos scheinende Weile lang. Der Wildfänger rechnete schon nicht mehr mit einer Antwort, als der Druide endlich sein Schweigen brach. »Jene Wesen«, sagte er, »gehören der anderen Welt an.«
»Der anderen Welt? Du meinst dem Sagenreich, von dem die Sänger berichten? Aber das sind doch nur Geschichten…«
»Ich meine das Reich, das jenseits dessen liegt, was Sterbliche begreifen können«, erklärte der Druide nachsichtig. »Was du gesehen hast,
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