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Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Titel: Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Turms.
    »Geh schon!«, verlangte einer der Wachtposten barsch, und Leffel, vom Anblick der Bewaffneten eingeschüchtert, schlich mit weichen Knien weiter. Er durchquerte die Halle und folgte dem Gang, der sich spiralförmig emporwand.
    Obwohl er in den nackten Fels getrieben war, waren der Boden und die Wände des Stollens völlig glatt. Dies musste die Arbeit von Steinmetzen sein, deren Kunstfertigkeit jene gewöhnlicher Menschen weit überstieg. Vielleicht, dachte der Gilg, waren es ja tatsächlich Zwerge gewesen, die die Hallen und Gänge in den Túrin Mar geschlagen hatten.
    Es gab keine Fenster; nur die Fackeln, die in regelmäßigen Abständen in kunstvoll verzierten Wandhalterungen steckten, spendeten Licht. Leffel fiel auf, dass der flackernde Feuerschein von den Wänden zurückgeworfen wurde, und bei genauerem Hinsehen erkannte er, dass das Gestein von glitzernden Adern durchzogen war. Obwohl er dergleichen noch nie gesehen hatte, wusste Leffel sofort, dass es pures Gold war, das dort glänzte. In hauchdünnen Fäden durchzog es den Fels des Túrin Mar und hatte Iónador seinen Namen gegeben.
    Verblüfft ging Leffel weiter, noch mehr von Staunen erfüllt denn zuvor. Jedoch konnten ihn weder der kunstvoll behauene Stein noch das glitzernde Gold auf das vorbereiten, was ihn am Ende des Gangs erwartete…

 
    8
     
     
     
    Schließlich gelangte Leffel in die Große Halle, in welcher der Regent und die Fürsten von Iónador zu beraten pflegten und das gemeine Volk zur Audienz empfingen – und Leffel war erschlagen vom Prunk, der dort herrschte.
    Die Fürstenhalle war ein riesiges Gewölbe, das von mächtigen Säulen getragen wurde. Das blaue Banner der Stadt zierte die Wände, entlang derer sich der Hofstaat versammelt hatte – Männer und Frauen, die in Leffels Augen geradezu überirdisch schön waren, gekleidet in samtenen Gewändern. Natürlich hatte er von der sprichwörtlichen Anmut der Iónadorer gehört: Während die Bewohner Allagáins gedrungen und kräftig waren und meist wettergegerbte Gesichter hatten, waren diese Menschen von schlankem, edlem Wuchs, sie hatten blasse Haut und stolze Züge, und ihr Haar war nicht flachsblond und wirr wie Leffels, sondern fiel in dunklen Locken auf ihre Schultern. Das Erbe derer, die einst Díurans Fahrt begleitet hatten, war bei ihnen deutlich zu erkennen, und Leffel konnte nicht anders, als sich in diesem Augenblick klein und dick und hässlich vorzukommen.
    An der Stirnseite der Halle war ein riesiges Standbild errichtet, das Dóloan zeigte, den ersten Fürstregenten, der den Sieg über das Waldvolk errungen hatte. Erhobenen Hauptes stand er da, gestützt auf sein Schwert, und seine Augen starrten so unverwandt aus dem kalten Stein, als wollte er jeden Moment zum Leben erwachen.
    Am Fuß der Statue, die an die zehn, zwölf Klafter hoch sein mochte, stand ein langer Tisch, an dem der Regent und die hohen Herren saßen. Seit den Tagen Dóloans war es Sitte, dass die Fürsten einen aus ihrer Mitte wählten und ihm die Herrschaft über Iónador und Allagáin übertrugen. Seit dem Tod des weisen Fürstregenten Karrol hielt dessen Bruder Klaigon das Amt inne. Auf einem Sessel, dessen Armlehnen mit Gold verziert waren und der noch aus den Tagen der Bergkönige stammen mochte, thronte er in der Mitte der Tafel.
    Zu beiden Seiten hatte der Adel Platz genommen, Fürsten und Ritter. Sie alle waren rund und wohlgenährt, was Leffel nicht weiter wunderte, denn der lange Tisch bog sich fast unter der Last der Spezereien, die man ihnen aufgetragen hatte. Leffel sah Berge von Schweinefleisch und gegrilltem Hammel, geröstetem Geflügel und geräuchertem Fisch. Dazu wurde frisches Brot gereicht und Käse; es gab Äpfel und Trauben, aber auch Früchte, die Leffel noch nie zuvor gesehen hatte. Der Gilg atmete innerlich auf. Wenn die hohen Herren erführen, dass im Unterland eine Hungersnot drohte, weil der frühe Winter dem Vieh zusetzte und die Ernte vernichtete, würden sie sicher bereit sein, ihren Überfluss zu teilen…
    »Du!«, sagte plötzlich jemand und trat forsch auf ihn zu. »Wie ist dein Name?«
    »Le-Leffel Furr, Euer Ehren, bekannt als der Gilg«, antwortete Leffel stammelnd.
    »Und was ist dein Begehr?«
    »Was mein Begehr ist?« Ein wenig hilflos blickte Leffel an dem Iónadorer hoch, der einen blauen Überwurf mit goldenen Stickereien trug und einen langen Stab in seiner Rechten hielt.
    »Was willst du?«, drückte sich der Mann mit dem Stab barsch, dafür aber

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