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Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Titel: Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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achtlos weg. Die Hunde, die unter dem Tisch auf weichen Kissen ruhten, stürzten sich knurrend darauf. Gierig griff der Regent nach dem nächsten Stück Fleisch.
    »Ich fürchte, dass Euer Gnaden mich nicht ganz verstanden haben«, fuhr Leffel vorsichtig fort. »Mein Dorf erbittet Eure Hilfe im Kampf gegen die bevorstehende Hungersnot, die viele Alte und Kinder das Leben kosten könnte.«
    Der Fürstregent schnaubte und wischte sich das Fett von den Lippen. »Ihr erwartet also von mir, dass ich für eure Faulheit aufkomme, nachdem ihr den Sommer über die Hände in den Schoß gelegt und dem Müßiggang gefrönt habt. Und natürlich wollt ihr, dass ich euch in diesem Jahr die Steuern erlasse, nicht wahr?«
    »Nein, Herr, das würden wir niemals erwarten. Die Bauern waren fleißig und haben wie immer ihren Teil geleistet. Sie haben die Felder bestellt und ihre Arbeit getan. Aber der frühe Frost…«
    »Unsinn!«, fiel Klaigon ihm barsch ins Wort. »Ich habe es satt! Stets trägt mir das faule Bauernpack solche Ausreden vor. Der wievielte, glaubst du wohl, bist du, der mir heute eine solche Geschichte auftischt, nur damit ich auf den Zehnten verzichte? Aber da hoffst du vergeblich, Bursche.
    Jeder Untertan Iónadors wird ohne Ausnahme seine Schuld bei mir begleichen!«
    »Herr«, versuchte Leffel es noch einmal, »Ihr müsst mir glauben, dass wir die Steuern nur zu gern entrichten. Aber wir haben in diesem Winter vermutlich nicht genug, um alle hungrigen Mäuler zu stopfen.«
    »Vielleicht solltet ihr euch dann mit weniger bescheiden«, versetzte Klaigon mit vollem Mund, »anstatt dem Fürstregenten die Zeit zu stehlen.«
    »Euch die Zeit stehlen, Herr?« Der Gilg glaubte, nicht recht zu hören. »Ihr betrachtet es als verlorene Zeit, dem Flehen Eurer Untertanen Gehör zu schenken?«
    »Wir sprechen nicht von Untertanen, Leffel Gilg, sondern von dreistem Pack, das die Großzügigkeit Iónadors ausnutzen will. Zu Lebzeiten meines Bruders mag dies möglich gewesen sein, aber unter meiner Führung haben Faulpelze und Nichtsnutze weder Hilfe noch Nachsicht zu erwarten.«
    Die hohen Herren lachten erneut, und ihr bitterer Spott ergoss sich wie stinkende Jauche über den armen Gilg. Nicht, dass Leffel es nicht gewohnt gewesen wäre, doch hatte er erwartet, in Iónador besser behandelt zu werden als in seinem heimatlichen Dorf.
    »Aber die Zeichen, Herr!«, rief er in einem letzten, verzweifelten Versuch, Klaigon umzustimmen.
    »Was für Zeichen?«
    »Es hat Zeichen gegeben«, berichtete Leffel aufgeregt. »Garstige Kreaturen wurden gesichtet, die der frühe Winter aus den Bergen getrieben hat. Sogar ein Feuerreiter wurde gesehen.«
    Schlagartig brach das Gelächter bei Tisch ab, und nicht wenige der hohen Damen und Herren bedachten den Gilg mit entsetzten Blicken. Von einem Feuerreiter hatte man also auch in Iónador schon gehört.
    Auch der Fürstregent starrte Leffel an. Das Fleisch, an dem er gerade gekaut hatte, spuckte er kurzerhand auf seinen silbernen Teller. »Was hast du gesagt?«
    »I-ich sagte, dass ei-ein Feuerreiter gesehen wurde«, wiederholte Leffel, dem unwohl wurde in seiner Haut.
    »Hast du diesen Feuerreiter mit eigenen Augen gesehen?«, fragte Klaigon lauernd.
    »Nein, Herr, aber ich…«
    »Was, bei den Erben Díurans, gibt dir dann das Recht, hierher zu kommen und meinen Hofstaat zu erschrecken?«, schrie Klaigon, und seine Stimme überschlug sich beinahe. »Das alles sind nur wilde Behauptungen! Gerüchte, von Dorftrotteln in die Welt gesetzt!« Er wandte sich den edlen Herren und Damen bei Tisch zu. »Esst und trinkt weiter, meine Freunde! Lasst euch nicht erschrecken von einem Tölpel, der nicht weiß, was er sagt! Vielleicht sollte ich ihm die Zunge herausschneiden lassen, damit sein Geschwätz keinen Schaden mehr anrichten kann.«
    »Nein, Herr!«, rief Leffel entsetzt und warf sich furchtsam zu Boden. »Bitte, tut mir nichts! Ich habe nur gesagt, was man mir aufgetragen hat.«
    »Dann geh zurück und berichte deinen Leuten, dass ich mit meiner Geduld am Ende bin. Ich habe es satt, von Bettlern und Taugenichtsen mit Lügen und närrischen Geschichten belästigt zu werden. Entweder entrichten die Bauern ihren Tribut, oder ich werde meine Armee aussenden und ihnen die Dächer über den Köpfen anzünden lassen. Das ist mein letztes Wort – und nun werft ihn hinaus!«
    Noch ehe Leffel sich’s versah, waren die Wachen der Turmgarde zur Stelle, um ihn zu ergreifen. Da erinnerte er sich plötzlich an

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