Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond
Andere hielten sie für Zauberkundige, die den Elementen geboten. Wieder andere bezweifelten, dass Druiden überhaupt Menschen waren. Wie es hieß, wurden sie Tausende von Jahren alt und hatten noch die Tage Danaóns miterlebt.
Wofür auch immer man Druiden jedoch halten mochte, alles, was man sich über sie erzählte, stimmte in einem Punkt überein: dass sie launisch und unberechenbar waren. Daher nahm man ihre Dienste nur dann in Anspruch, wenn es sich auf gar keinen Fall vermeiden ließ. Der letzte Besuch eines Druiden in Iónador lag mehr als vier Generationen zurück.
Druiden hatten überhaupt keinen Respekt vor der Obrigkeit und scherten sich nicht um weltliche Belange. Darum verspürte Klaigon nicht die geringste Lust, einen von ihnen in seine Stadt zu lassen. Aber er sah ein, dass die Aussicht auf den Beistand eines zauberkundigen Beraters den Adel beschwichtigen würde.
»Wie immer hast du weise und klug gesprochen, Eolac«, sagte er deshalb ein wenig widerstrebend, »und natürlich werde ich deinen Rat befolgen. Ein Druide soll es sein, der uns in der Stunde der Gefahr zur Seite steht. Aber es gibt nur noch wenige von ihnen, und die meisten leben zurückgezogen von den Menschen. Wo also sollen wir einen finden?«
»In Damasia, Herr«, antwortete Eolac ohne Zögern.
»Damasia?« Klaigon hob die Brauen. »Von der alten Feste sind nur noch Trümmer übrig…«
»Dennoch bergen diese Trümmer noch viele Geheimnisse. Dies ist auch der Grund, weshalb der Druide Yvolar sie vor langer Zeit zu seinem Domizil erkoren hat. Den Weisen von Damasia nennt man ihn, den Propheten vom Urberg.«
»Und du denkst, wir sollten jemanden zum ihm schicken, um ihn um Rat zu fragen? Eine Abordnung unseres Volkes?«
»Das wäre weise, Herr. Aber handelt rasch, denn die Zeit drängt.«
»Nun gut.« Klaigon nickte. »Dann verfüge ich hiermit, dass Alphart Wildfänger und Leffel Furr, den sie den Gilg nennen, diese Reise für uns antreten sollen.«
»Schon wieder ich?«, entfahr es dem Gilg voller Verwunderung, während Alphart so überrascht war über diesen neuen Winkelzug des Regenten, dass es ihm die Sprache verschlug.
»Bedenkt, mächtiger Klaigon, dass der Weg nach Damasia weit und voller Gefahren ist«, wandte Eolac ein. »Die Feste ruht auf dem Urberg, inmitten der Ausläufer des Dunklen Waldes, wo es von blutrünstigen Bestien nur so wimmelt.«
»Dessen bin ich mir bewusst, mein guter Eolac«, erwiderte der Fürstregent, der sich das Grinsen kaum verkneifen konnte, »aber ich bin sicher, dass ein unerschrockener Wildfänger die Gefahren des Waldes nicht fürchtet. Habe ich recht, mein wackerer Alphart?«
»Das ist wahr, Herr«, gab der Jäger zähneknirschend zurück, wohl wissend, dass der verschlagene Fürst ihn überlistet hatte. Widersprach er jetzt, stand er vor Klaigons Hofstaat als Großmaul und Aufschneider da. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als sich Klaigons Willen zu fügen.
»Wie auch immer, Hoheit«, wandte Barand ein, »selbst wenn der Mut dieses Jägers so groß ist wie seine Dreistigkeit – diese Mission ist von zu großer Bedeutung, als dass wir sie zwei hergelaufenen Fremden überlassen sollten, die noch dazu niederer Herkunft sind. Wenn Ihr es gestattet, Herr, werde ich sie nach Damasia begleiten.«
»Das kommt nicht infrage!«, wehrte Klaigon kategorisch ab. »Du bist zu wertvoll, mein guter Barand, als dass ich dich entbehren könnte. Wenn die Gefahr tatsächlich so nah ist, wie Eolac behauptet, dann brauchen wir deine Schwerthand hier in Iónador.«
»Sehr richtig«, pflichtete einer der Fürsten bei, und entlang der Tafel wurde eifrig genickt.
»Und wenn wir uns weigern?«, fragte Alphart und verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust.
»Du willst wissen, was geschieht, wenn du dich dem Befehl deines Fürstregenten widersetzt?«, fragte Klaigon lauernd, und seine Gesichtszüge nahmen dabei einen wölfischen Ausdruck an.
»Allerdings.«
»Das will ich dir gern verraten, Alphart Wildfänger. Dann werde ich dich augenblicklich von meinen Wachen ergreifen und im Morgengrauen auf dem Turmplatz hinrichten lassen, zusammen mit deinem einfältigen Freund!«
Alphart registrierte, wie der Gilg neben ihm zusammenzuckte. »Ich verstehe«, erwiderte der Jäger leise.
»Du bürgst mir mit deinem Wort dafür, dass der Auftrag, den ich euch erteile, verlässlich ausgeführt wird«, fuhr Klaigon fort. »Jedermann weiß, dass die Wildfänger nach ihren eigenen Gesetzen leben, aber es
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