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Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Titel: Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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einer Höhle, die in einer grauen, moosbewachsenen Felswand klaffte. Offenbar hatten sie den Fuß des Urbergs erreicht. Waren sie ihm wirklich so nahe gewesen? Alphart hatte ihn von den Felsen aus gesehen, aber da erschien er ihm noch Stunden entfernt.
    Rionna wollte die Höhle betreten, aber Alphart hielt sie zurück. »Nicht!«, rief er warnend.
    »Was willst du stattdessen tun, Wildfänger? Warten, bis die Flammen erlöschen? Die Wölfe sind vermutlich noch immer in unserer Nähe.«
    Alphart sagte nichts darauf. Widerwillig folgte er Rionna und Leffel in den dunklen Schlund. Eisige Luft schlug ihnen entgegen, die nach Verwesung roch und Alphart nur noch mehr in Unruhe versetzte. Dennoch sah er ein, dass sie keine andere Wahl hatten, als weiterzugehen, wenn sie sich nicht der Wolfsmeute stellen wollten.
    »Wartet!«, raunte er seinen Begleitern zu und lud seinen Rucksack ab. Im spärlichen Feuerschein, der vom Eingang in die Höhle drang, holte er zwei mit Talg präparierte Fackeln hervor. Eine davon reichte er an Leffel, die andere behielt er selbst. Dann griff er nach der Zunderbüchse und setzte die Fackeln in Brand.
    In ihrem flackernden Schein sahen die drei Menschen einen Stollen, der sich vor ihnen erstreckte, offenbar bis weit ins Innere des Bergs.
    »Das ist keine Höhle«, stellte Alphart fest, »das ist ein Gang. Wer weiß, wohin er uns führt.«
    »Jedenfalls nicht zu den Wölfen«, konterte Rionna und ging mutig weiter.
    Leffel warf Alphart einen fragenden Blick zu, worauf dieser die Augen verdrehte. »Wenn man bedenkt«, murrte er, »dass sie uns retten wollte…«
    Sie folgten dem Stollen, der sich immer tiefer ins Innere des Berges bohrte und schließlich steil anstieg. Wann immer die Wanderer das Gefühl hatten, das Ende zu erreichen, tauchte eine weitere Biegung im flackernden Schein der Fackeln auf, und der Marsch durch die dunkle Ungewissheit setzte sich fort.
    Alphart, der frische Luft und freien Himmel gewohnt war, fühlte Beklemmung. Dumpfe Furcht erfasste ihn, auch wenn er das vor seinen Begleitern niemals zugegeben hätte. Auch der Gilg machte ein bekümmertes Gesicht. Einzig die Prinzessin ging furchtlos voraus, sei es aus Starrsinn oder Unwissenheit.
    Wohin mochte dieser Gang führen?, fragte sich Alphart immerzu. Hatte er überhaupt ein Ende? Oder waren sie einem weiteren Zauber aufgesessen, der sie in die Irre geleitet hatte? Möglicherweise konnten sie den Stollen bis in alle Ewigkeit folgen, ohne sein Ende je zu erreichen.
    Sie passierten ein niederes Gewölbe, in dessen Wände zu beiden Seiten steinerne Platten eingelassen waren. In den Stein waren Runenzeichen gemeißelt, die Schrift der alten Sprache.
    »Hier liegt Lefas, Krieger und Kämpe«, las Rionna im Lichtschein der Fackeln vor. »Er starb im tapferen Kampf gegen die Barbaren. – Und hier steht: Hier ruht Mayar, niedergestreckt vom vergifteten Pfeil des Feindes.«
    »Das hier ist ein verdammter Friedhof«, stellte Alphart fest.
    Die anderen beiden erwiderten nichts – offensichtlich hatte der Jäger recht. Die Platten zu beiden Seiten des Stollens bedeckten in den Fels gehauene Grabnischen. Viele davon waren unbeschriftet.
    »Es heißt, in den letzten Tagen der Festung Damasia seien die Kämpfe so blutig gewesen, dass man die Toten nicht mal mehr hat zählen können«, erklärte Rionna. »Die Verstärkung, die Iónador schicken sollte, traf zu spät ein und fand die Feste nur noch als schwelende Ruine vor. Die Waldkrieger hatten sie gestürmt und jeden Mann und jede Frau darin grausam niedergemetzelt. So wurde aus der einstmals stolzen Festung eine Blutburg.«
    »Ein verfluchter Ort«, sagte Alphart voll Überzeugung, während Leffel erneut ein Wimmern vernehmen ließ und sich einmal mehr an seiner Mütze festhielt.
    Beinahe endlos schien sich der Grabstollen tief unter dem Urberg zu erstrecken. Mehrmals verzweigte er sich und führte in kleinere Nebengänge, in denen weitere Grabnischen untergebracht waren.
    Schließlich, als die drei Wanderer schon nicht mehr damit rechneten, endete der Stollen. Flackernder Feuerschein drang ihnen entgegen, der Alphart dazu veranlasste, erneut einen Pfeil auf die Sehne seines Bogens zu legen.
    Vorsichtig schlichen die Gefährten weiter und erreichten ein kreisförmiges, in den Fels gehauenes Gewölbe.
    Und zu ihrer Überraschung waren sie dort nicht mehr allein.

 
    16
     
     
     
    Ein alter Mann in einer schmutzig grauen, zerschlissenen Robe hockte auf einem Felsblock, und vor ihm

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