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Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Titel: Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Herumgehüpfe und anderem albernen Getue.«
    »In den alten Schriften heißt es, dass es für alles eine Zeit gibt, Wildfänger. Für den Krieg, für die Trauer – und auch für albernes Getue.«
    »Dann geh und tu albern«, entgegnete Alphart. »Mir ist nicht danach. Erle haben meinen Bruder getötet – wie könnte ich da lachen und mich amüsieren?«
    »Du musst wissen, was am besten für dich ist«, gestand ihm Yvolar zu. »Aber wie du schon richtig sagtest – die Erle haben deinen Bruder getötet, nicht dich.«
    »Überlass das mir, alter Mann.«
    »Es stimmt«, gab Yvolar lächelnd zu, »alt bin ich tatsächlich. Und eine duftende Sommerblume ist bekanntlich besser dazu geeignet, Bienen zu locken, als eine alte Rübe.«
    Und noch während Alphart rätselte, was der Druide damit nun wieder meinte, trat auf einmal eine junge Frau vor ihn hin. Sie hatte langes schwarzes Haar und ein hübsches sonnengebräuntes Gesicht, aus dem ein blaues Augenpaar blickte. Ihr langes Kleid war nach Art der Seestädter genäht und entsprechend schlicht geschnitten, aber es sah sehr adrett an ihr aus.
    »Willst du tanzen?«, fragte sie rundheraus.
    Alphart war so verblüfft, dass ihm die Pfeife beinahe aus dem Mundwinkel rutschte.
    »N-n-nein«, stammelte er unbeholfen, »lieber nicht…«
    »Bitte«, beharrte sie, und das Lächeln, das sie ihm schenkte, war so betörend, dass sich selbst der mürrische Wildfänger seinem Reiz nicht entziehen konnte.
    »Nein…«, sagte er noch einmal, aber es klang alles andere als entschlossen – und noch ehe Alphart noch ein weiteres Wort sagen konnte, hatte sie schon seine Hand ergriffen und zog ihn mit sich.
    »Gut so!«, rief Yvolar ihm hinterher, und trotz der vielen Sorgen, die seine Stirn umwölkten, gönnte sich der Druide ein erleichtertes Lachen, als er Alphart tanzen sah. Die Bewegungen des Wildfängers waren plump und unbeholfen und sahen aus, als versuche er, einen ausgewachsenen Hirsch mit bloßen Händen niederzuringen. Aber Yvolar erkannte im flackernden Schein des Feuers, wie sich Alpharts sonst so finstere Züge ein wenig entspannten und hin und wieder sogar ein Lächeln darüber huschte. Und nur darauf kam es an.
    Gaétan kam und gesellte sich zu dem Druiden, und eine Weile standen sie nur da und schauten dem lustigen Treiben zu. Dabei spürte Yvolar erneut, dass der alte Bürgermeister etwas auf dem Herzen hatte, das ihn sehr bedrückte…
    »Warum bist du gekommen, Yvolar Zauberhand?«, fragte Gaétan schließlich. »Dein Weg führt dich nicht zufällig an Seestadt vorbei.«
    Yvolar nickte. »Es sind in der Tat wichtige Dinge, die meine Schritte hierher lenkten. Ich muss mit meinen Freunden nach Südwesten, über den See.«
    »Über den See?« In Gaétans Blick lag unverhohlene Furcht.
    »So ist es. Ich wollte dich bitten, uns ein Boot zur Verfügung zu stellen, damit wir ans Südufer gelangen. Verlange ich damit zu viel?«
    »Natürlich nicht«, beeilte sich Gaétan zu versichern. »Bitte deute mein Zögern nicht falsch. Es ist nur…« Der Bürgermeister blickte betreten zu Boden.
    »Es gibt ein Problem, nicht wahr?«, fragte Yvolar. »Etwas, das dir sehr zu schaffen macht…«
    »Du hast es bemerkt?« Gaétan blickte auf.
    Der Druide lächelte. »Ich mag alt geworden sein, aber meine Augen sehen noch immer gut.«
    »Verzeih«, bat der Bürgermeister, »ich wollte dich nicht beleidigen. Du hast recht. Es gibt tatsächlich eine Sorge, die mich quält und die mich nachts kein Auge zutun lässt.«
    »Was ist es?«, wollte Yvolar wissen. »Hat es etwas mit den jungen Männern zu tun, die ertrunken sind?«
    »Ich bin wie ein offenes Buch für dich, nicht wahr?«, sagte Gaétan. »Gut, dass die Bewohner von Seestadt mich nicht so leicht durchschauen wie du.«
    »Wie sind die jungen Männer ums Leben gekommen?«, fragte Yvolar und schaute den Bürgermeister direkt an.
    Gaétan seufzte. »Der See war ruhig an jenem Tag, und was wir von dem Fischerboot fanden, war nicht von Wellen zerschmettert. Doch etwas muss das Boot gepackt und mit furchtbarer Gewalt auseinandergerissen haben. Und in einem der Trümmerstücke steckte – dies hier!«
    Der Bürgermeister von Seestadt griff unter seinen Umhang und beförderte etwas zutage, das er Yvolar reichte. Auf den ersten Blick sah der Gegenstand aus wie ein Dolch; er war beinahe eine Elle lang, gekrümmt und lief in ein spitzes Ende aus. Als der Druide es jedoch genauer in Augenschein nahm, erkannte er, dass es keineswegs eine Klinge war,

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