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Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Titel: Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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geschehen? Auf einmal waren aus dem Inneren des Hauses Schritte zu hören, und der Riegel wurde geräuschvoll zurückgezogen. Die Tür schwang auf, und auf der Schwelle stand ein ältlich wirkender, nicht eben großer Mann, der mit einer Tunika aus Leinen und Schuhen aus Fischhaut bekleidet war. Seine Haut war wettergegerbt und von tiefen Furchen durchsetzt, und sein von grauem Haar und einem gestutzten Bart umrahmtes Gesicht blickte missmutig drein.
    »Bei den Maiden des Sees!«, wetterte er. »Wer wagt es, mich in meiner Trauer zu stören? Unverschämter Fremder, wisst Ihr nicht, mit wem Ihr…?« Er unterbrach sich, nachdem er sich den Druiden genauer angeschaut hatte. Trotz der dunklen Ränder, die um seine Augen lagen, und der tiefen Sorgenfalten auf seiner Stirn hellten sich seine Züge auf.
    »Y-Yvolar?«, fragte er ungläubig.
    »Höchstpersönlich, mein Freund«, antwortete der Druide lächelnd. »Du hast mich also nicht vergessen.«
    Für einen Augenblick stand der Bürgermeister von Seestadt wie erstarrt. Dann umarmte er Yvolar überschwänglich und wie ein Kind seinen lange vermissten Vater. In dieser Hinsicht spielte Gaétans Alter keine Rolle – im Vergleich zu dem Druiden, der schon so lange auf Erden wandelte, waren alle Menschen Kinder.
    »Yvolar!«, schluchzte der Bürgermeister, Freudentränen in den Augen. »Wenn ich gewusst hätte, dass du uns besuchen kommst…«
    »Ich wusste es selbst nicht«, erwiderte der Druide. »Bisweilen leitet uns das Schicksal auf Pfaden, die auch ich nicht vorhersehen kann. Aber sage mir, lieber Freund, was geht vor sich in Seestadt? Was hat diese gespenstische Ruhe zu bedeuten? Und wozu das Trauerzeichen an den Häusern?«
    »Ach, Yvolar!« Gaétan trat einen Schritt zurück, löste die Arme von der Gestalt des Druiden, und man konnte sehen, wie die Wiedersehensfreude einer kaum zu bändigen Traurigkeit wich. »So schön es ist, dich zu sehen – du bist zu einem ungünstigen Zeitpunkt gekommen, denn unsere Herzen sind voller Gram. Ein schreckliches Unglück ist über uns hereingebrochen, das mehrere junge Männer das Leben kostete.«
    »Ein Unglück?« Yvolar hob seine buschigen Brauen. Es war ihm anzusehen, dass er sofort an die Erle dachte. »Welcher Art?«
    »Schreckliches Unglück«, wiederholte der Bürgermeister. »Schon seit einiger Zeit bringen unsere Fischer kaum noch einen Fang nach Hause. Sie fahren am frühen Morgen aus und kehren mit leeren Netzen zurück.«
    »Das ist bedauerlich, aber nicht ungewöhnlich«, meinte der Druide. »Die frühe Kälte wird dafür gesorgt haben, dass sich die Fischgründe vorzeitig verlagerten.«
    »Das dachten auch Alored, des Tangfischers Sohn, und seine Freunde. Am Tag Toisac fahren sie aus zum Fang…«
    »… und sind nicht zurückgekehrt«, vervollständigte Yvolar bitter.
    »Woher weißt du…?«
    »Wäre es anders, hättest du wohl nicht von einem schrecklichen Unglück gesprochen«, folgerte der Druide. »Die jungen Männer wurden seither also nicht mehr gesehen?«
    »Nicht einer von ihnen.« Gaétan schüttelte den Kopf. »Der See hat sie verschluckt. Alles, was wir fanden, waren die Trümmer des Bootes, die die Wellen ans Ufer spülten. Es ist offensichtlich, dass…« Der Bürgermeister unterbrach sich. Erneut glänzte es in seinen Augen, aber diesmal waren es keine Freudentränen…
    »Wann ist das gewesen, Gaétan?«, fragte Yvolar sanft.
    »Vor zehn Tagen.«
    »Und seither haben eure Fischer nichts mehr gefangen?«
    Gaétan schüttelte den Kopf. »Nur wenige wagen es überhaupt noch hinauszufahren, und wenn sie die Netze einholen, sind sie jedes Mal leer. Es ist, als ob etwas die Fische vertrieben hätte. Wenn sich nichts ändert, wird der kommende Winter eine Hungersnot bringen.«
    »Habt ihr keine Vorräte angelegt?«, wollte Alphart wissen.
    »Wir wollten Korn aus dem Unterland kaufen«, erwiderte der Bürgermeister betrübt. »Aber die Ernte ist so schlecht, dass die Menschen dort selbst nicht genug zu essen haben.«
    »Das ist leider wahr«, bestätigte Leffel bedrückt.
    »Nun, alter Freund«, meinte Yvolar und legte beschwichtigend die Hand auf Gaétans Schulter, »mir will scheinen, ich bin zur rechten Zeit gekommen. Es war wohl ein Fehler, dass ich mich so lange zurückzog, um mich dem Studium alter Schriften zu widmen. Offenbar werde ich noch gebraucht in der Welt der Sterblichen.«
    Er wandte er sich ab und ging über die knarrenden Planken zur Seeseite des Marktplatzes. Längliche Boote lagen dort

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