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Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Titel: Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Himmel.
    Instinktiv verlangsamte Galfyn seinen Sturmlauf und blieb schließlich stehen – was ihm das Leben rettete. Denn dort, wohin der zornige junge Häuptling hatte rennen wollen, loderte plötzlich eine grelle Flammenwand empor!
    Entsetzt wichen die Waldkrieger zurück und hoben die Schilde, um ihre Gesichter vor der sengenden Hitze zu schützen. Der gefrorene Boden unter ihren Füßen verwandelte sich innerhalb weniger Herzschläge zu zähem Morast.
    »Dort am Himmel!«, schrie plötzlich jemand. »Schaut doch nur…!«
    Galfyn blickte hinauf – und ihm stockte der Atem. Denn was er sah, war so unglaublich, dass er darüber seinen Racheschwur, den bevorstehenden Kampf und selbst die lodernde Flammenwand vergaß: eine riesige geflügelte Kreatur, die sich auf mächtigen Fledermausschwingen durch die Luft katapultierte!
    Panzerplatten aus Horn übersäten ihren Körper; auf ihrem Rücken, der in einen langen, spitz zulaufenden Schwanz überging, ragten gefährlich aussehende Zacken auf. Nicht weniger furchterregend waren die Klauen des Untiers und seine mörderischen Fänge – und der Rachen, der Rauch und Feuer spie…
    Ein Drache!
    Weder Galfyn noch einer seiner Krieger hatte jemals zuvor eine solche Bestie erblickt. Man kannte sie aus den Erzählungen der Alten, aus den Liedern, die abends am Feuer gesungen wurden, aber keiner von ihnen hätte je geglaubt, eine solche Kreatur leibhaftig zu Gesicht zu bekommen.
    Für einen Augenblick zweifelte Galfyn an seinem Verstand. Vielleicht, so sagte er sich, hatten ihn die Last der Verantwortung und die Erregung vor der bevorstehenden Schlacht in den Wahnsinn getrieben. Aber nicht nur er sah den Drachen, sondern auch seine Leute, und das bedeutete, dass das Untier wirklich sein musste – so wirklich wie jeder Einzelne von ihnen.
    So wirklich, wie der Krieg, der ihnen bevorstand…
    »Fynrads Zorn!«, brüllte der alte Herras außer sich. »Das ist Fynrads Zorn…!«
    Einen grässlichen Schrei ausstoßend, beschrieb die Bestie in der Luft eine Kehre, um dann erneut herabzustoßen und flammendes Verderben aus ihrem Schlund zu speien. Natürlich fürchtete Galfyn, dass der Drache auf der Seite Iónadors stehen könnte, dass er eine geheime Waffe war, die der listenreiche Feind erst jetzt zum Einsatz brachte – aber trotz der Feuerwand zwischen den beiden Streitmächten konnte er sehen, dass die Krieger auf der anderen Seite des Flammenmeers nicht weniger entsetzt waren als seine eigenen Leute; auch sie schienen nicht mit dem Auftauchen eines Drachen gerechnet zu haben.
    Erneut schoss die Bestie heran, doch diesmal verzichtete sie auf einen erneuten Feuerstoß. In nur wenigen Klaftern Höhe zog sie über den Köpfen der verfeindeten Krieger dahin, sodass das Rauschen ihrer Schwingen die Luft erfüllte – und plötzlich sah Galfyn, dass jemand im Nacken des Ungetüms hockte – eine menschliche Gestalt in einem flatternden Gewand!
    Zu seiner Verblüffung erkannte Galfyn, dass es sich um einen alten Mann handelte. Ein weiter Umhang umwehte ihn, schmutzig und blutbesudelt, in seiner Rechten hielt er einen langen Holzstab, den er wie einen Speer in die Luft stieß. Dazu formten seine Lippen Worte, die zunächst nicht zu verstehen waren, im nächsten Moment aber so laut und vernehmlich erklangen, dass sie selbst das Rauschen der Drachenflügel und das Heulen des Windes übertönten.
    »Haltet ein, ihr Toren!«, rief der alte Mann den Kriegern beider Seiten zu. »Haltet ein…!«

 
    10
     
     
     
    Alphart war ohne Schmerz, zum ersten Mal seit langer Zeit.
    Keine Schmerzen. Keine Trauer. Kein Zorn.
    War er überhaupt noch? Oder hatte ihn die Ewigkeit schon aufgenommen und war er eins mit dem Schöpfergeist geworden? Der Wildfänger neigte dazu, Letzteres anzunehmen. Doch noch während ein Teil von ihm aufatmete, weil er sein sterbliches Dasein hinter sich gelassen und die Bürde abgeschüttelt hatte, die ihm von der irdischen Welt aufgelastet worden war, empfand ein anderer Teil von ihm tiefes Bedauern. Bedauern darüber, dass er nicht zu Ende hatte bringen können, wozu er bestimmt gewesen war, dass er nicht Gelegenheit gehabt hatte, sich als besserer Freund, als besserer Bruder zu erweisen…
    »Du gibst dir noch immer die Schuld, nicht wahr?«
    Alpharts Innerstes zuckte zusammen, als er die Stimme vernahm, denn sie klang zugleich fremd und vertraut, und sein Verstand sagte ihm, dass er sie eigentlich nicht hören durfte. Blinzelnd schlug er die Augen auf und fand sich

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