Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten
und senkte sich in geschmeidiger Gleichmäßigkeit.
»Wusstet ihr schon, dass das Anwesen der Sheeriles größtenteils vernichtet wurde?«, fuhr Emel fort. »Das Haus zerfällt zu Staub, und alles verschwindet unter gelben Kiefernnadeln. Damit hat Großmutter aber nichts zu tun, oder?«
Durchtriebener Hund. »Emel, du weißt ganz genau, dass Vernichtungszauber ein Leben fordern. Und Großmutter bedeutet uns allen zu viel, um zuzulassen, dass sie sich einfach so wegwirft. Sie schläft nur. Wir haben heute eine Menge Leute verloren, das fordert seinen Tribut. Wahrscheinlich hat ihre Niederlage Kaitlin so wütend gemacht, dass sie sich geopfert und das Anwesen vernichtet hat.«
»Hab ich mir auch schon gedacht. Du weißt sicher, dass Beihilfe zu einem Vernichtungszauber nach den Gesetzen des Moors mit dem Tode bestraft werden kann.«
Und dass es ihm das Herz brechen würde, wenn die Moormiliz kam und sie mitnahm. Es sei denn, er kassierte zuvor. »Ja, weiß ich.«
Über dem Geschöpf ließ sich ein Räuspern vernehmen. »Da wäre noch die Sache mit dem Aal«, sagte Emel. »Ich war mir nicht sicher, ob dich meine Botschaft erreicht hat.«
»Worauf willst du hinaus?« Kaldar hörte auf, sich mit der Spitze seines Dolchs die Fingernägel zu säubern.
»Nichts für ungut. Ihr hattet ganz einfach alle einen sehr harten Tag, da war der Aal bestimmt das Letzte, woran ihr gedacht habt. Allerdings ist das Problem damit noch nicht vom Tisch. Das Gesetz besagt eindeutig, dass derjenige, der mutwillig fremdes Eigentum zerstört, Schadenersatz leisten muss. Wie ihr wisst, hätte der Aal dich als meine Blutsverwandte niemals einfach so angegriffen. Also hast du ihn entweder provoziert oder nichts unternommen, um eine Provokation zu verhindern. Soviel ich weiß, war eine weitere Person in die Auseinandersetzung verwickelt, was an den Tatsachen jedoch nichts ändert: Du durftest den Besitz der Sekte passieren, er jedoch nicht. Der Aal hat lediglich seine Pflicht erfüllt. Und da du vor Ort dabei warst und dich nicht auf Unkenntnis unserer Traditionen berufen kannst, macht die Sekte dich dafür verantwortlich, nicht auf –«
»Wie viel?«, wollte Cerise wissen.
»Fünftausend.«
Sie fuhr zurück. Kaldar stand der Mund offen, während Erian die Augen aufriss. Ignata ließ fast ihr Glas fallen.
Cerise beugte sich vor. »Fünftausend Dollar? Du spinnst wohl!«
»Das Tier war fünfzig Jahre alt.«
»Und hat mich mitten im Sumpf in unmarkiertem Fahrwasser angegriffen!«
»Es gab dort einen Marker. Wir wissen bloß nicht, was damit passiert ist.«
»Das ist nicht fair.«
Emel seufzte. »Cerise, uns beiden ist völlig klar, dass du in der Lage bist, Schlammaalen aus dem Weg zu gehen, vor allem, wenn sie so groß sind wie dieser. Dieser Kracher war kaum zu übersehen – immerhin war er über vier Meter lang. Trotzdem sind deine Argumente natürlich stichhaltig, und du bist meine liebe Cousine, deshalb macht es nur fünftausend und nicht siebentausend wie für jeden anderen.«
»Wir haben keine fünftausend«, erwiderte Cerise.
»Ich kann auf viertausendachthundert runtergehen, Cerise. Es tut mir leid, aber noch weniger wäre eine Beleidigung für die Sekte. Und selbst dann müsste ich die fehlenden zweihundert aus eigener Tasche drauflegen.«
Ihr Götter, wo sollte sie das Geld hernehmen? Sie mussten die Sekte bezahlen. Die war viel zu mächtig. Wenn sie sich die Sekte zum Feind machten, würde alles, was auf ihrem Besitz lebte, bald tot umfallen. Zuerst die Kühe und Rolpies, dann die Hunde und schließlich ihre Verwandtschaft.
»Wenn du die Gesamtsumme nicht hast, können wir Ratenzahlungen vereinbaren«, schlug Emel vor. »Natürlich würden dann auch Zinsen fällig …«
»Drei Raten«, sagte sie. »Keine Zinsen.«
»Binnen drei Monaten, die erste Rate auf Treu und Glauben, zahlbar bis Ende dieser Woche.«
»Du zwingst mich zu einer Entscheidung zwischen warmen Wintersachen und auf ewig in der Schuld der Sekte zu stehen. Das kann ich unmöglich hinnehmen.«
»Tut mir leid, Cerise, ich bestehe darauf.«
Das Geschöpf erwachte. »Mir liegt sehr viel an euch allen«, sagte Emel. »Die Sekte will nicht, dass ich mich in diese Sache mit der Hand einmische. Trotzdem werde ich, so gut ich kann, helfen. Ich finde schon einen Weg.«
Das Biest hob ab und verschwand in der Dunkelheit.
Kaldar schlug das Fenster zu.
»Wo sollen wir das Geld hernehmen?«, murmelte Ignata.
»Großmutters Schmuck«, antwortete Cerise. Sie
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