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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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huschen und hörte auf, in ihrem Eintopf zu rühren.
    Einen langen, gespannten Augenblick sahen sie einander an.
    Verflucht. So hatte sie sich das nicht vorgestellt.
    Sie wandte sich ab und griff nach zwei Metallschüsseln, gab den Eintopf hinein und stellte sie auf den Tisch. Er nahm Platz, sie auch, wieder trafen sich ihre Blicke, und Cerise konnte nicht sagen, wer von beiden sich gerade in größerer Not befand.
    William beugte sich vor und zog seine Schüssel näher zu sich heran, als wollte Cerise sie ihm wegnehmen. Er hatte eine Rasur nötig, aber mit den Stoppeln sah er auch nicht übel aus. Ganz im Gegenteil. Er setzte eine gelassene Miene auf, aber eine gewisse angeborene weibliche Intuition verriet ihr, dass er über sie nachdachte und darüber, was er mit ihr anstellen konnte. Sie kam sich vor wie mit fünfzehn vor dem ersten Tanz mit einem Jungen: Nervös, zittrig, gab sie sich Mühe, nichts Falsches zu sagen, während sie gleichzeitig zutiefst aufgewühlt war.
    Na, toll. Sie hätte unmöglich sagen können, wer von ihnen beiden der größere Schwachkopf war.
    »Das Essen ist Mist. Tut mir leid. Aber wenigstens ist es heiß«, sagte sie betont entspannt.
    »Hab schon schlechter gegessen.« Auch seine Stimme vergab sich nichts.
    »Der Herd ist super.«
    William blickte von seiner Schüssel auf. »Womit kochen Sie denn sonst?«
    »Im Haupthaus haben wir einen riesigen Holzofen und einen kleinen Elektroherd. Aber der ist nicht mal halb so schön.« Cerise seufzte und warf einen Blick auf die Glasplatte mit dem kleinen GE -Logo. »Den würde ich am liebsten mitnehmen.«
    »Na dann viel Glück, wenn Sie dem verdammten Aal begegnen.« Er schaufelte seinen Eintopf.
    »Wenn wir den Herd mitnehmen, können wir ihm damit den Schädel zertrümmern.«
    Er hielt inne, als würde er ernsthaft darüber nachdenken, den Herd durch den Sumpf zu schleppen.
    »War nur ein Witz«, klärte sie ihn auf.
    William zuckte die Achseln und wandte sich wieder seinem Essen zu.
    Auf einer Seite seines T-Shirts wuchs ein kleiner roter Fleck.
    »Sie bluten ja.«
    Er hob den Arm und musterte seine Seite. »Muss wieder aufgegangen sein. Das Arschloch hat mich mit seinen Krallen erwischt.«
    Diese Krallen waren fünfzehn Zentimeter lang. »Wie schlimm ist es?«
    Er zuckte wieder die Achseln. Mehr Rot kam durch.
    »Hören Sie mit dem Achselzucken auf.« Sie sprang vom Stuhl auf und ging zu ihm. »Heben Sie mal das T-Shirt hoch.«
    Er schob das T-Shirt nach oben und entblößte seine Seite. Zwei tiefe Kratzer kreuzten seine Rippen. Nichts Lebensbedrohliches, aber auch nichts, das unbehandelt bleiben konnte.
    »Warum haben Sie das nicht verbunden?«
    »Nicht nötig. Ich hab gutes Heilfleisch.«
    Klar. »Nicht bewegen.« Sie griff nach ihrer Tasche und brachte einen verschließbaren Plastikbeutel mit Mull, Pflasterband und einer Tube Betaisodona zum Vorschein. »Haben Sie die Wunden wenigstens ausgewaschen?«
    Er nickte.
    »Gut, ich habe nämlich nicht vor, Sie durch den Sumpf zu tragen, wenn Sie wegen einer Infektion ausfallen.« Sie wusch sich die Hände mit Seife und drückte Betaisodona auf die Kratzer. »Medizin aus dem Broken, die verhindert, dass sich die Wunde entzündet.«
    »Ich weiß, was das ist«, sagte er.
    »Und woher weiß ein Blaublütiger so etwas?«
    »Keine Fragen.«
    Ha. Da war sie glatt über ihre eigene Regel gestolpert. Cerise verband die Wunden und klebte sie ab. »Na, da schau her, Sie haben es unbeschadet überstanden.«
    »Ihr Betaisodona stinkt.«
    »Da müssen Sie jetzt durch.«
    Er zog sein T-Shirt runter und sie sah etwas Blaues an seinem Bizeps. Cerise streckte die Hand aus und schob den Ärmel hoch. Seine Schulter war größtenteils unter einem Bluterguss verschwunden.
    »Haben Sie dafür auch eine Salbe?«, wollte William wissen.
    »Nein, aber wenn ich Ihnen eine scheuern muss, weiß ich jetzt, wo’s am meisten wehtut.« Sie ließ den Ärmel los und machte sich daran, ihre Sachen zu verstauen. Was für ein Bizeps. Auch sein Rücken war sehr muskulös, und von seinen Abduktoren hätte man einen Vierteldollar abfedern lassen können. Entweder war der Mann noch immer Soldat oder er verdiente seine Brötchen mit irgendwas Scheußlichem. Männer hielten sich nicht so in Form, wenn sie nicht unbedingt mussten.
    Sie kam an den Tisch zurück.
    »Danke«, sagte er.
    Das war ihre Chance, dachte Cerise. Sie musste so viel aus ihm rausholen wie möglich. Wer wusste schon, was morgen sein würde. »Wenn ich das richtig

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